No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
eher unwahrscheinlich. Allenfalls bei einem Wellseller kann das gelegentlich attraktiv sein.
Wie werden dann in Zukunft Übersetzungen finanziert? Die Antwort lautet: Es wird auch weiterhin Subventionen geben müssen, zumindest für unbekannte, vermutlich aber auch für bekannte Autoren. Schließlich wird bei Übersetzungen bekannter Autoren nicht völlig auszuschließen sein, dass Trittbrettfahrer eine günstige Gelegenheit zum Mitverdienen wittern. Aber die Übersetzungsförderung könnte zum Beispiel als Garantievorschuss gewährt werden, der zurückgezahlt werden muss, falls der ausländische Verleger seine Unkosten doch wieder hereinholt (was wir für wahrscheinlich halten). In Kapitel 3 haben wir bereits dargelegt, dass auch unter gerechten Rahmenbedingungen in bestimmten Konstellationen Zuschüsse nötig sein werden, nicht zuletzt, um die kulturelle Vielfalt zu erhalten. Die Förderung von Übersetzungen ist dafür ein gutes Beispiel.
Dass die Digitalisierung auch die literarische Welt verändern wird, ist jedenfalls eine ausgemachte Sache. Die Beteiligten können hier viel von der Musikindustrie lernen, wo dieser Wandel bereits vor einigen Jahren begonnen hat.
Musik
Schon heute stellen Konzerte und sonstige Auftritte für Musiker die wesentliche Einnahmequelle dar. Live-Auftritte bieten einen Mehrwert. Zwischen dem Publikum und den Akteuren auf der Bühne, die mit ihrer Stimme und ihren Instrumenten Großartiges oder Faszinierendes zustande bringen, entsteht dabei eine Beziehung. Dies gilt für Popmusik ebenso wie für andere Genres.
Die Frage, ob Musiker noch Plattenfirmen brauchen, muss wohl kaum noch beantwortet werden. Natürlich nicht. Mit den neuesten Technologien können sie ihre Aufnahmen selbst machen, und zwar genau so, wie sie sie haben wollen. Die Marketingmanager der großen Plattenfirmen (von denen es seit der Fusion von Universal mit EMI im Jahr 2011 gerade noch drei gibt) brauchen sie dafür nicht mehr. Vertrieb und Verkauf können nach den Konzerten stattfinden oder übers Internet laufen. Die Kosten für Intermediäre sinken dadurch beträchtlich. Bands oder Ensembles können natürlich trotzdem noch einen Manager engagieren. Wenn der ihnen Arbeit abnimmt, ist die Investition ihr Geld durchaus wert.
Die berühmte russische Sängerin Zemfira hat 2011 ihr Management entlassen und ihrer Plattenfirma den Rücken gekehrt. Ihr Publikum hat sie ausdrücklich dazu eingeladen, an ihrer Musik mitzuarbeiten. Dafür hat sie ihre ursprünglichen Tracks gratis zum Remixen bereitgestellt. Auf die entsprechende Webseite kann jeder eigene Versionen ihrer Songs hochladen. Konzerte und CD-Verkäufe sorgen dafür, dass Zemfira trotzdem nicht am Bettelstab gehen muss, im Gegenteil.
Für Künstler, die Startkapital benötigen, hat das 2006 gegründete Internetportal SellaBand ein Geschäftsmodell entwickelt. Es basiert ebenfalls auf der persönlichen Beziehung, die eine Band zu den Menschen aufbaut, die an sie glauben, den sogenannten Believers. Diese können für einen Betrag von mindestens 10 Euro Anteile an einem Projekt kaufen, das die Band zu realisieren verspricht. Dies kann zum Beispiel eine CD-Produktion sein oder auch eine Tournee. Wenn eine Gruppe zwischen 3 000 und 250 000 Euro zusammengesammelt hat – den Betrag legt sie selbst fest –, setzt sie das geplante Projekt um. SellaBand erhält eine Provision in Höhe von 15 % des Gesamtbudgets. In gewisser Weise übernimmt das Portal dabei die Funktion, die früher die Musikindustrie erfüllte. (Howe 2009: 256–258) Fans auf diese Weise persönlich einzubeziehen, wird auch Crowdsourcing genannt.
Der Journalist Jeff Howe hat es als »unkoordiniertes Handeln Tausender Individuen« charakterisiert, »die etwas tun wollen, was sie gerne tun, und zwar am liebsten zusammen mit anderen«. Sie wollen nicht nur konsumieren, sondern bei den Bands, die ihnen etwas bedeuten, am Produktionsprozess beteiligt sein (Howe 2009: 13). Dabei kann auch ein finanzieller Vorteil herausspringen, aber das ist nicht das Hauptmotiv. Der ursprüngliche Gründer von SellaBand hat übrigens inzwischen ein ähnliches Projekt gestartet, Africa Unsigned.
Als Beispiel für eine Band, die erfolgreich neue Wege gegangen ist, wird immer wieder Radiohead genannt. Die Gruppe stellte 2007 ihr neues Album In Rainbows zum Download ins Netz. Die Fans konnten selbst entscheiden, ob und gegebenenfalls wie viel sie dafür bezahlen wollten. Das Album wurde über eine Million Mal
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