No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Die meisten Kompositionen erregen gar nicht erst so viel Aufmerksamkeit, was übrigens nichts über ihre Qualität aussagt. Wenn das Werk doch ohne Bezahlung von anderen Künstlern gecovert wird, macht das den Komponisten zumindest bekannter. Dies verbessert wiederum seine Marktposition, was sich für ihn auch finanziell günstig auswirkt.
Viele Unternehmen, deren originäres Geschäft mit Musik gar nichts zu tun hat, setzen Musik dennoch kommerziell ein. Man könnte meinen, dass es sehr billig für sie werden müsste, wenn es kein Urheberrecht mehr gibt. Aber so einfach ist das nicht. Durch eine Erkennungsmelodie möchte eine Firma sich zum Beispiel deutlich von anderen unterscheiden. Da macht es wenig Sinn, eine Musik zu verwenden, die schon von anderen genutzt wird.
Manchmal wird ein Orchester oder Ensemble nicht genug Geld haben, um Komponisten anständig zu bezahlen. Deshalb haben wir in Kapitel 3 dafür plädiert, dass in einem solchen Fall der Staat mit Subventionen einspringt. Damit Kunst und Kultur sich qualitativ weiterentwickeln können, ist es wichtig, immer wieder neue und frische Kompositionen zu bekommen. So werden zeitgenössische Komponisten motiviert, neue Werke zu schaffen, was einen enorm stimulierenden Effekt auf die musikalische Landschaft haben wird, und zwar genreübergreifend.
Filme
In manchen Ländern, vor allem europäischen, kann noch immer eine große Bandbreite von Filmen produziert werden. Oft ist dies nur aufgrund von Subventionen und struktureller Unterstützung etwa durch Festivals möglich, die ihrerseits öffentlich gefördert werden. Leider erreichen die meisten dieser Filme nur ein bescheidenes Publikum, überwiegend aus dem eigenen Herkunftsland. Europäische Filme reisen nicht mehr, könnte man sagen. Nur selten überqueren sie noch Grenzen.
In vielen Teilen der Welt werden die Märkte von Hollywood bestimmt, nicht zuletzt wegen der vertikalen Integration, die mittlerweile den gesamten Ablauf von der Produktion bis zur Rezeption bestimmt. Sie kann faktischer Natur sein – verschiedene Firmen mit demselben Eigentümer –, aber auch indirekt zustandekommen, durch Liefer- und Abnahmeverträge, die es bisweilen ziemlich in sich haben. Ein wichtiger Faktor ist natürlich auch das exzessive Marketing, dem die ganze Welt, wie wir bereits erwähnten, ständig ausgesetzt ist.
Was für eine spektakuläre Entwicklung würde sich vollziehen, wenn unsere Vorschläge in die Wirklichkeit umgesetzt würden? Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach keine Blockbuster mehr gedreht würden. Ohne das Urheberrecht als Schutzschild, ohne Kontrolle über den Markt und ohne die Möglichkeit eines übertriebenen Marketings werden potenzielle Investoren kaum noch auf diese Karte setzen wollen. Da das mit der Produktion eines Films verbundene Risiko beträchtlich gesunken sein wird, ergibt auch die extreme Konzentration der Produktionsmittel keinen Sinn mehr. Die großen Studios können durch bescheidener aufgestellte Produktionsfirmen ersetzt werden, mittelgroße oder kleinere Betriebe – wofür auch die kulturelle Antikartellgesetzgebung sorgen wird. Ökonomisch ist das natürlich eine formidable Entwicklung – wenn auch nicht für alle, denn zum Beispiel in Hollywood wird die glorreiche Zeit der großen Studios dann zu Ende gehen.
In der Praxis werden zukünftig zwei Arten von Filmen gedreht werden: einerseits solche, die ein paar Millionen kosten, vielleicht auch ein bisschen mehr, und andererseits Produktionen mit einem kleineren Budget, das zwischen 20 000 und 70 000 Dollar oder Euro liegen wird. Wie holen diese beiden Arten von Filmen dann in Zukunft ihr Geld wieder herein?
Wenn man der Realität ins Auge sieht, werden die Produzenten von Filmen, die ein paar Millionen Dollar kosten, ihre Investitionen wohl nicht von einem Tag auf den nächsten wieder hereinholen. Unter den neuen Marktverhältnissen ist das zwar an sich möglich – für einen Markt, der von keinem seiner Teilnehmer beherrscht wird, sind das schließlich keine besonders hohen Beträge. Aber vorsichtshalber gehen wir zunächst nicht davon aus. Obwohl es zum Beispiel auf dem europäischen Markt hundert Millionen Menschen und damit ebenso viele potenzielle Zuschauer gibt. Man bräuchte nur den Vertrieb auf diesem Kontinent besser zu organisieren. Die Europäische Kommission könnte hier wertvolle Unterstützung leisten. Aufgrund der Verträge von Amsterdam und Lissabon ist die Regierung
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