No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Urheberpersönlichkeitsrecht ist dafür das perfekte Mittel. So werden die von den Firmen produzierten Stars unantastbar gemacht.
Aus zwei Gründen lehnen wir Urheberpersönlichkeitsrechte an Werken ab. Zum einen entwickelt künstlerische Arbeit sich im Kontext bestimmter Traditionen. Das allein schon macht den Anspruch auf ein absolutes Eigentumsrecht zu einer zweifelhaften Sache. Zum anderen, weil das Urheberpersönlichkeitsrecht von den Konzernen auch noch dazu benutzt wird, um die völlige inhaltliche Kontrolle darüber auszuüben, wie ein Werk in einer Gesellschaft funktioniert.
Vermutlich werden sich einige Künstler schwer damit tun, dass wir am Persönlichkeitsrecht herumkritteln, es im Grunde für überflüssig und in den Händen der Kultur- und Medienindustrie sogar für kontraproduktiv halten. Schließlich wird damit ein System von Stars, Blockbustern und Bestsellern aufrechterhalten. Zugleich tragen diese Stars, deren Image durch das Urheberpersönlichkeitsrecht geschützt wird, dazu bei, dass viele andere Künstler nicht mehr wahrgenommen werden, weil es eben diese Starkultur gibt. Das ist ein zumindest bitterer, wenn nicht verstörender Befund.
Kämen wir allerdings zu dem Schluss, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht ebenso überflüssig ist wie die Verwertungsrechte, von denen später noch die Rede sein wird, gäbe es durchaus ein paar Fragen zu beantworten. Die wichtigste lautet: Sollen Künstler etwa kummervollen Blickes mitansehen, wie ihre Werke von anderen adaptiert oder verändert werden? In der Tat, das müssten sie dann wohl. Für einige wäre das natürlich ein absoluter Kulturschock. Während es in den meisten Kulturen, in denen Urheberrechte und Urheberpersönlichkeitsrechte nie eine Rolle gespielt haben, vermutlich anders empfunden würde. Übrigens ist kaum zu befürchten, dass sich plötzlich die Massen auf die Kunstwerke stürzen würden – und wenn doch, gäbe es noch das Mittel der öffentlichen Debatte darüber, welche Eingriffe akzeptabel sind und welche einem Werk zu viel Gewalt antun.
Es ist hingegen nie auszuschließen, dass ein Künstler sein Werk in einem Kontext auftauchen sieht, bei dem ihm schlichtweg übel wird. Vielleicht wird das Werk zu einem Zweck benutzt, den er verwerflich findet, ja aus tiefstem Herzen verabscheut. Das Copyright hilft in dieser schrecklichen Situation verlässlich weiter: Ist der Urheber nicht gefragt worden, so kann der Richter ohne weiteres feststellen, dass das Urheberrecht verletzt wurde. Wie aber soll das gehen, wenn es, wie wir vorschlagen, gar kein Urheberrecht mehr gibt?
Um dem Künstler, der begreiflicherweise nicht vor jeden beliebigen Karren gespannt werden möchte, zu seinem Recht zu verhelfen, kennt der Gesetzgeber allerdings schon heute einige Instrumente, die sogar besser geeignet sind. Wir haben dabei den Tatbestand der üblen Nachrede, der Beleidigung, vor allem aber das Recht auf Schadenersatz für unerlaubte Handlungen im Blick. *
Ein Künstler, der findet, dass unlauter mit seinem Werk umgegangen wird, müsste dann zukünftig vor Gericht gehen und den Richter überzeugen. Zugegeben, es gäbe keinen Automatismus mehr. Andererseits hätte das auch einen Vorteil. Über Recht oder Unrecht würde maßgerecht in jedem Einzelfall entschieden, und sicher würde sich für solche unerquicklichen Situationen mit der Zeit eine einschlägige Rechtsprechung entwickeln. Ein anderer Vorteil wäre, dass das künstlerische Schaffen insgesamt frei zur Verfügung stünde, dass es verändert, adaptiert und in neue Kontexte gestellt werden dürfte. Solches Remixen wäre erlaubt, weil es ein Urheberpersönlichkeitsrecht, das dabei berührt würde, nicht mehr gäbe.
Denken wir aber noch ein wenig weiter. Schließlich gibt es auch Situationen, bei denen an sich nichts Unlauteres geschieht, aber der Künstler es eminent wichtig findet, dass sein Werk genau so zum Leben erweckt wird, wie es ihm vor Augen stand, und nicht anders. Ohne Urheberpersönlichkeitsrecht braucht sich darum theoretisch niemand mehr zu kümmern. Aber warum sollte man dem Werk und seinem Urheber eigentlich keinen Respekt zollen? Schließlich ist gegenseitiger Respekt im gesellschaftlichen Umgang von hohem Wert. Warum sollte man sich also nicht entsprechend verhalten? Man dürfte dann also das Werk eines anderen stark adaptieren und nach eigenem Gusto umformen, aber es würde zum guten Stil gehören, dabei anzugeben, dass es sich um eine neue Arbeit handelt, welche auf dem Werk
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