No more heartbreak
reißt sie Zach mit sich und duckt sich hinter ein violettes Samtsofa. Geschockt schauen beide auf das Loch, das ihr Fingernagel in seinen Anzug gerissen hat. Max zwingt sich dazu, aufzustehen und sich umzuschauen. Der Blondschopf läuft vorbei. Es ist nicht Hugo. Schlechter Move. Ganz, ganz schlechter Move. Zach richtet sich ebenfalls auf und schaut sie an. »Ich brauche ein bisschen Luft.« Max dreht sich um, ohne auf eine Reaktion zu warten, drängt sich bis ans andere Ende des Raums durch und schiebt sich an der Wand entlang, bis sie einen Türknauf spürt. Die Tür führt in ein Treppenhaus, und sie geht schnell ein Stockwerk tiefer zu einer Tür, auf der BIBLIOTHEK steht. Das klingt ruhig , denkt sie.
Dann steht sie in einem großen, ironischerweise bücherfreien Raum, in dem gesteppte Ledersofas vor einer langen metallenen Bar gruppiert sind. Aus den Fenstern der Nachbarhäuser dringt Licht ins Zimmer, also schaltet Max das Licht nicht an. Sie lässt sich auf eine Couch fallen, die Schultern sacken, das Bustier verrutschen und ihre verschwitzte Haut trocknen.
Dann macht sie ihre Stiefel auf und zieht sie aus. Ihre Krone drückt, also reißt sie sie sich vom Kopf. Zu guter Letzt greift sie unter ihre perfekte Lockenpracht, findet ihre durch Haarspray gereizte, juckende Kopfhaut und kratzt sich genüsslich. Ah. Jetzt fühlt sie sich besser.
Ben beobachtet Max von der anderen Seite des Raumes aus und fragt sich, ob er sich bemerkbar machen soll, bevor sie sich vollends auszieht. Er hat sich schon immer gefragt, ob die Kostüme, die Mädchen an Halloween tragen, eigentlich bequem sind. Ben weiß, dass ihn die Beine und Brüste eigentlich blenden sollten, aber bei jeder neckischen Schäferin, an der er vorbeigeht, denkt er nur: Das muss doch wehtun .
»Ich habe gerade meine SMS gecheckt«, sagt er schließlich und rückt seine Fliege zurecht. Max zuckt zusammen. Ben, der in einem Ohrensessel versunken ist, streckt die Hand aus und winkt. Plötzlich ist er froh darüber, dass Taylor so lange auf ihn eingeredet hat, bis er doch auf die Party gegangen ist.
»Oh mein Gott, hast du mich gerade dabei beobachtet, wie ich mir wie ein wahnsinniger Schimpanse den Kopf kratze?«
»Hast du meine SMS bekommen? Bei mir ist es später geworden – was scheiße ist, weil ich morgen in aller Herrgottsfrühe aufstehen und meine Zukunft sichern muss.« Er steht auf und geht zu ihr. Max überprüft ihr Telefon.
»Oh. Sorry, habe die Vibrationen nicht gespürt. Wäre da oben wahrscheinlich auch unmöglich gewesen. Wie doof, dass du morgen lernen musst. Darf ich dir Espresso als Muntermacher empfehlen? Diese Energydrinks fressen dir irgendwann ein Loch in den Magen. Und mein Kopf hat nur wegen des Haarsprays gejuckt.«
»Habe ich schon mal gehört«, sagt er und setzt sich neben sie hinter den gigantischen Couchtisch.
»Echt?«
»Die kleine Schwester meines Freundes tanzt Ballett. Jedes Mal wenn sie nach Hause kommt, kratzt sie so lange an ihrem Knoten herum, bis sie aussieht wie Einstein.«
Max lächelt und fühlt sich zum ersten Mal am heutigen Abend wohl.
»Und wie läuft dein Halloween so?«
Ben greift in die Tasche seines Smokings, zieht eine Schachtel Pralinen, zwei Snickers und einen eingeschweißten Muffin heraus. »Bestes Kostüm aller Zeiten. Ab jetzt trage ich nur noch welche mit Taschen.«
»Und wer genau sollst du sein?«, fragt Max und wickelt ein Snickers aus.
Ben zieht pantomimisch eine Pistole aus dem Jackett und legt an. »Bond.«
»Originell.«
»Die Idee meines Freundes. Er trägt ein Butler-Kostüm. Zusammen sind wir James Bond.«
Max lächelt. »Du hast den besseren Teil erwischt.«
»Hab den Smoking von meinem Dad geborgt. In den Taschen ist immer noch Reis von seiner Hochzeit.« Er holt ein paar Körner heraus.
»Mit deiner Mom?«, fragt Max. »Macht es dir etwas aus, wenn ich …« Sie zeigt auf ihren Seitenreißverschluss.
»Tu dir keinen Zwang an. Ja, sie haben sich letztes Jahr scheiden lassen.«
»Aaaaah.« Max atmet tief ein, als ihr Brustkorb endlich wieder seine naturgegebene Form einnehmen darf. Sie hält ihr Bustier mit dem Arm fest. »Wenigstens waren deine verheiratet. Meine Eltern hatten eine Affäre an der Uni.«
»Wow.«
»Ja. Sie vertragen sich eigentlich ganz gut, wenn man bedenkt, dass sie als Fremde plötzlich gemeinsam ein menschliches Wesen großziehen mussten.«
»Wo lebt dein Dad?«, fragt Ben und packt den Muffin aus.
»Florida.«
»Besuchst du ihn oft?«
Max
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