no_way_out (German Edition)
Zumindest ein bisschen. Der Brei schleuderte keine Riesenblasen mehr gegen meine Schädelwände. Trotzdem fühlte sich mein Kopf immer noch an wie im Kriegszustand. Das war okay. Ich war ja auch im Krieg. Gegen Jake, gegen die Bullen und gegen die Hölle. Ziemlich viele und ziemlich mächtige Gegner für einen allein.
Levi Xander @LeviTheVoice
Kostbare Dinge, die man nicht kaufen kann: Freundschaft. #kostbareDinge
Nachdem ich eine Weile mit mir und meinen unsichtbaren Feinden im Auto gesessen hatte, entschied ich, dass ich etwas tun musste. Die Dämmerung setzte langsam ein. Noch befand ich mich mehr im Dunkel als im Hellen, aber mit jeder Minute, die ich verstreichen ließ, wurde ich für die Bullen sichtbarer. Viele Möglichkeiten hatte ich nicht.
Aussteigen, den Kofferraum öffnen, Smiley suchen. Oder aussteigen, Smiley suchen, den Kofferraum öffnen. Vielleicht auch einfach nur aussteigen und Smiley suchen. Dabei wusste ich nicht einmal, ob ich überhaupt nur das Aussteigen schaffte.
Immer schön eins nach dem andern , hörte ich Smiley eine seiner Weisheiten absondern.
Ich tastete nach dem Türgriff, zog daran und stieß die Tür auf. Kühle, frische Luft strömte herein. Sie roch nach Wald, regenfeuchter Erde, dem Wasser des nahen Flusses. Der Fluss! Ich hörte das Plätschern und das leise Gurgeln und bekam ungeheuren Durst. Erst jetzt merkte ich, wie trocken meine Kehle und mein Mund waren. Wenn ich eins von Smileys Bieren wollte, musste ich aussteigen.
Das war gar nicht so einfach. Mein Körper machte schlapp. Ich musste mich ungeheuer anstrengen, damit ich das verletzte Bein aus dem Wagen kriegte. Ächzend wie ein alter Mann nahm ich es in die Hände und drückte es nach draußen. Dann klammerte ich mich an die offene Wagentür und zog mich hoch.
»Himmel, Mick, gehört der Schlitten dir?«
Hätte ich mich nicht festgehalten, wäre ich vor Schreck umgefallen.
»Smiley?«, krächzte ich.
»Wer denn sonst?«
Jake? Die Bullen? Der Teufel?
Ich starrte auf die hagere Gestalt mit dem igeligen Strubbelhaar. »Wo … Wo kommst … Wieso …?«
»Scheiße, Mann, du siehst aus wie ein Geist.« Smiley blieb ein paar Schritte von mir entfernt stehen. »Alles in Ordnung?«
Aus meiner trockenen Kehle drang ein irres Lachen, während mir gleichzeitig Tränen in die Augen stiegen. Ich war so was von hinüber.
Smiley kam näher. »Willst du die Tür da für immer festhalten oder kannst du sie loslassen?«
»Halten«, flüsterte ich. »Knall sonst hin.«
Er grinste nicht. Wenn ich es mir recht überlegte, hatte er noch nicht ein einziges Mal gegrinst.
Ich sagte das, was er mir bei der ersten Begegnung auf der Brücke gesagt hatte. »Mit meinem Kopf ist was nicht in Ordnung.«
Smiley grinste immer noch nicht. »Das sehe ich«, murmelte er und kam noch näher. »Loslassen«, befahl er. »Erst die rechte Hand, dann die linke.« Als er merkte, dass ich mich immer noch an die Tür klammerte wie einer, dessen Leben davon abhängt, sich an eine Autotür zu klammern, sagte er leise: »Vertrau mir.«
Er wusste, dass ich das nicht konnte. Ich vertraute niemandem. Nicht einmal ihm.
»Vertrau mir«, sagte er noch einmal.
Ich musste Smiley ja nicht für immer und ewig vertrauen, nur die nächsten paar Sekunden, bis ich die Tür losgelassen hatte. Meine verkrampften Finger entspannten sich. Ich ließ los.
Smiley griff mir unter den Arm, umschlang mich und hielt mich fest. Vorsichtig führte er mich zu einem Holzstapel und half mir, mich hinzusetzen.
»Bist du verletzt?«, fragte er.
Ich schüttelte langsam den Kopf.
»Bist du sicher?« Er zeigte auf meine Hände. »Da ist Blut dran. Und an deinem Kopf fehlen Haare.«
Mein ganzer Körper begann zu schlottern.
»Nicht verletzt«, versicherte ich Smiley. »Nur ein bisschen. Nicht von heute.«
»Warte hier!«, befahl er mir. »Bin gleich zurück.« Lautlos wie ein Geist verschwand er zwischen den Bäumen. Ich wartete und war irgendwann nicht mehr sicher, ob ich Smiley nur geträumt hatte. Aus meiner Nase lief Rotz. Ich zog ihn hoch, wischte mir über das Gesicht und wartete. Die ganze Zeit drang kein Laut aus dem Kofferraum.
Ich wollte nicht darüber nachdenken. Ich wollte nie mehr über etwas nachdenken. Ich wollte auch keine Bilder und keine Stimmen mehr in meinem Kopf. Es hätte etwas gegeben, das alles ausgelöscht hätte. Die Gedanken, die Bilder, die Stimmen, mich. Ich hätte nur ein Stück zurückgehen müssen. Bis zur Brücke. Achtzehn
Weitere Kostenlose Bücher