Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
sein Bruder, keine Sorge. Sie dagegen sind nicht mal mit ihm verwandt.«
Als sie noch immer keine Anstalten machte, ihn mir zu reichen, sagte ich: »Ich habe ein Recht auf diese Stunde mit ihm.«
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Tyler, mein Schatz, es ist Zeit, Noah zu treffen und mit Jacob zu spielen. Ich glaube, Noah hat ein Geschenk für dich mitgebracht.«
Bei diesen Worten hob Tyler den Kopf und starrte mich an. Ich wäre beinahe in die Knie gegangen, als ich sein Gesicht sah. Nicht, weil er meine und Moms Gesichtszüge hatte, sondern weil seine ganze rechte Gesichtshälfte grün und blau war. Mein Herz fing an zu rasen, als ich sah, dass sein braunes Haar an einer Stelle kahl rasiert und die Kopfhaut mit fünf Stichen genäht worden war.
Mein Kopf fuhr zu dem verspiegelten Fenster herum, ein unmissverständlicher Hinweis für Keesha, dass sie ihren Arsch so schnell wie möglich hier reinbewegen sollte, wenn sie verhindern wollte, dass ich dieser Frau an die Kehle ging.
Ich holte betont langsam Luft, um mich zu beruhigen. Tyler war erst vier, und meine Wut würde ihn nur erschrecken. Ich streckte die Arme aus und nahm ihn an mich. Carrie stand mit einem Ausdruck da, als hätte ich ihr Baby gestohlen. »Es war ein Unfall«, flüsterte sie.
»Hey, kleiner Bruder. Willst du dein Geschenk aufmachen?«, fragte ich Tyler.
Er nickte. Ich setzte ihn neben Jacob und reichte ihm das Geschenk. Keesha kam herein, während Carrie hinausging. Keesha hob die Hände. »Er hatte einen Unfall. Ich hätte es vorher erwähnen sollen, aber ich hab einfach nicht daran gedacht.«
Ich kniff die Augen zusammen und fixierte sie. »Wir reden nachher darüber.« Dann wandte ich mich meinen Brüdern zu und betete inbrünstig, dass Tyler wenigstens ein Wort zu mir sagen würde, bevor die Stunde um war.
Wieder saß ich auf dem Klappstuhl, aber diesmal war ich nicht nervös, sondern stinksauer.
Keesha saß mir gegenüber. »Carrie und Joe haben Tyler zu Weihnachten ein Fahrrad gekauft. Vor ein paar Tagen ist er ohne Helm gefahren und gestürzt. Sie haben ihn sofort in die Notaufnahme gebracht und mich informiert. Sie fühlen sich furchtbar deswegen.«
»Sollten sie auch«, sagte ich scharf. »Woher wollen Sie wissen, dass sie ihn nicht geschlagen haben?«
Keesha spielte mit dem blauen Band von Tylers Geschenkverpackung. »Das sind gute Leute. Ich bin überzeugt, dass sie deinen Brüdern nicht absichtlich wehtun würden.«
Ja, klar. Richtige Heilige. »Wenn sie so tolle Menschen sind, wieso versuchen sie dann, mich von meinen Brüdern fernzuhalten?«
»Sie haben deine Brüder erst nach dem Vorfall mit deinem ersten Pflegevater bekommen, Noah. Ihnen wurde gesagt, dass du psychisch labil bist. Das allein beweist schon, wie sehr sie sich um deine Brüder sorgen. Carrie und Joe wollen nicht, dass man den beiden wehtut.«
Meine Hand ballte sich unterm Tisch, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht mit der Faust gegen die Wand zu schlagen. Keesha hätte sich gefreut, noch einen Beweis für meine Unberechenbarkeit geliefert zu bekommen. »Ich würde ihnen niemals etwas zuleide tun.«
»Ich weiß«, sagte Keesha, und es klang fast einlenkend. »Was glaubst du, warum ich Mrs Collins gebeten habe, sich deiner anzunehmen?«
Ich hätte es wissen müssen. »Das habe ich also Ihnen zu verdanken?«
Sie beugte sich vor und legte die Unterarme auf den Tisch. »Du bist ein prima Junge, Noah. Du hast eine Menge Möglichkeiten, wenn du bloß deine feindselige Einstellung gegen alle ablegen könntest.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich dachte eigentlich, ich hätte meine Bewährung schon bestanden. Immerhin hat man mich zusammen mit einem anderen Jugendlichen untergebracht.«
»Ich habe dir gesagt, dass das eine Weile dauern kann. Komm einfach zu den Besuchen, benimm dich ordentlich und arbeite mit Mrs Collins. Und wenn du deinen Abschluss gemacht machst, können wir dir bestimmt ein unbeaufsichtigtes Besuchsrecht gewähren.«
Unbeaufsichtigtes Besuchsrecht? Ein Muskel an meinem Kinn zuckte. So ein Blödsinn. »Wenn ich meinen Abschluss gemacht habe, werde ich achtzehn. Bis dahin werde ich das Sorgerecht haben.«
Keesha konnte sich kaum das Lachen verkneifen, doch dann wurde sie wieder ernst. »Du glaubst also, du könntest deine Brüder aufziehen, während du in einem Fast-Food-Restaurant arbeitest? Glaubst du allen Ernstes, dass ein Richter dir das Sorgerecht eher zusprechen würde als Carrie und Joe?«
Mir wurde
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