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Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen

Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen

Titel: Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie McGarry
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abgegeben, weil er ahnte, dass ich es mal brauchen könnte.« Mit der gleichen Ehrfurcht, mit der meine Mutter immer die Familienbibel zur Hand genommen hatte, holte sie ein altes, zerfleddertes Mathebuch aus ihrem Rucksack und blätterte darin herum. Die Seitenränder waren mit Kommentaren in blauer und schwarzer Tinte vollgekritzelt. »Das heißt wohl, dass ich schummel, oder?«
    »Nein, es heißt nur, dass du einen netten Bruder hattest.« Ob die Pflegemutter meiner Brüder ihnen auch bei den Hausaufgaben half? Oder war sie so eine wie Geralds Frau? Die sich im Schlafzimmer einsperrte und so tat, als gäbe es uns gar nicht und als würde Gerald uns nicht schlagen?
    Sie strich zärtlich über die handgeschriebenen Wörter. »Er fehlt mir. Er ist vor zwei Jahren in Afghanistan gestorben.« Echo hielt das Buch fest, als klammere sie sich an ein rettendes Stück Treibholz im Wasser. »Improvisierter Sprengsatz.«
    »Das tut mir leid.« Diesen Satz hatte ich heute öfter zu ihr gesagt als in den ganzen letzten zwei Jahren. »Das mit deinem Bruder.«
    »Danke«, sagte sie mit tonloser Stimme.
    »Es wird nicht besser«, sagte ich auf einmal. »Mit dem Schmerz. Die Wunden verheilen oberflächlich, und du fühlst dich nicht mehr ständig, als würde dich jemand mit einem Messer aufschlitzen. Aber wenn du es am allerwenigsten erwartest, flammt der Schmerz wieder auf und erinnert dich daran, dass nichts je wieder wie früher sein wird.«
    Warum erzählte ich ihr das? Keine Ahnung. Vielleicht weil sie seit dem Tod meiner Eltern der erste Mensch war, der mich verstehen könnte. Ich starrte zu der flackernden Neonlampe hinauf. An. Aus. An. Aus. Könnte ich doch nur den Aus-Schalter für meinen Schmerz finden.
    Eine warme, kitzelnde Berührung brachte mich wieder zurück auf die Erde. Oder geradewegs in den Himmel. Jedenfalls erlöste sie mich aus meiner Hölle. Echos Finger mit den pink lackierten Nägeln strichen über meinen Handrücken. »Wen hast du verloren?«
    »Meine Eltern.« Keine Spur von Mitleid auf ihrem Gesicht, nur nacktes Verständnis. »Glaubst du, Mrs Collins hat absichtlich die beiden deprimiertesten Menschen der Schule zusammengebracht?« Ich lächelte sie flüchtig an, um angesichts der Wahrheit, die in dieser Frage steckte, nicht gänzlich in meinem Elend zu versinken.
    Sie zog die Hand zurück. »Wow. Ich hätte gedacht, ich bin die Einzige an dieser Schule, die jeden Augenblick Theater spielen muss.«
    Ich sehnte mich nach mehr von dieser Berührung und setzte mich so, dass meine Schulter ihren Arm berührte. Echos Lippen waren geschlossen, aber ich hörte trotzdem ihren Sirenengesang. Er versengte meine Haut, und meine Nase prickelte von ihrem Zucker-und-Zimt-Duft.
    Ein Vibrieren in ihrer Hosentasche katapultierte mich wieder zurück in die Hölle … sorry, Highschool. Jetzt hätte ich eine von Beths Zigaretten gebrauchen können, dabei rauchte ich nicht mal.
    Sie überflog eine SMS auf ihrem iPhone. Wahrscheinlich dieser Affe von ihrem Freund. Das Sirenenlächeln, das ich ihr entlockt hatte, verschwand. Das allein war schon eine verfluchte Tragödie.
    »Alles okay?«, fragte ich.
    »Ja. Nur meine Stiefmutter, die mich auf Schritt und Tritt kontrolliert«, sagte sie mit bemühter Lockerheit.
    Ich atmete erleichtert auf. Lieber ihre Stiefmutter als der Affe. »Zumindest macht sich jemand Sorgen um dich.« Shirley und Dale wussten vermutlich nicht einmal, dass ich ein Handy besaß. »Es tut mir leid, dass ich dich vorhin zum Weinen gebracht habe. Ich gebe mir in Zukunft Mühe, nett zu sein, versprochen.«
    »Heißt das, dass ich dir jetzt offiziell Nachhilfe geben darf?«
    »Ich schätze schon.«
    Echo zog sich die Ärmel bis zu den Fingern herunter. »Ich habe nicht deinetwegen geweint. Eine Unterstützung warst du zwar auch nicht, aber du warst nicht der Grund.«
    Sie hatte ihre Handschuhe ausgezogen, als sie mir den Mathestoff erklärt hatte – und als sie mich berührte. Verdammt, ich hatte ihre Narben ganz vergessen. Ach was, sie selbst hatte ihre Narben vergessen. Bis gerade eben. Ich wünschte mir diesen Augenblick zurück und ihr Lächeln. »Wer dann? Ich hab mich schon lange nicht mehr geprügelt. Muss mir allmählich Sorgen um meinen Ruf machen.«
    Sie kämpfte dagegen an, aber ich gewann: Das Lächeln kam für einen flüchtigen Augenblick zurück. »Wenn du dich auf eine Schlägerei mit Mrs Collins einlässt, fliegst du von der Schule. Insofern danke, aber lieber nicht.«
    Ich schlug mit

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