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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Rücken nicht zu verstehen war.
    Sein Hosenbein war angesengt und qualmte, auch sein Bart war in Mitleidenschaft gezogen, aber er schien es nicht zu bemerken. Hustend und mit allerletzter Kraftanstrengung schleppte er sich nach draußen.
    Sich – und das Mädchen.
    Sie hing huckepack auf seinem Rücken, höchstens zehn Jahre alt, mit schwarzen Haaren. Und das Wichtigste: Sie zitterte. Sie weinte. Sie lebte.
    »Julia!«, schrie die Frau in Noahs Rücken, die sich endlich aus der Umklammerung ihrer Söhne lösen durfte.
    »Mami«, antwortete die Kleine, die Oscar nun behutsam zu Boden gleiten ließ.
    Mutter und Tochter rannten aufeinander zu, fielen sich nur wenige Meter von dem brennenden Haus entfernt in die Arme, pressten sich aneinander, lachten und weinten gleichzeitig, schenkten niemandem auf der Welt außer sich selbst noch Beachtung.
    Oscar sank erschöpft auf der obersten Stufe zu Boden, schlug die Glut auf seiner Hose aus und wischte sich zufrieden lächelnd den Ruß aus dem Gesicht.
    Das war der Fehler.
    Noah, noch zwei Armeslängen von ihm entfernt, hörte ein Knarren, so laut, als würde ein Riese eine überlebensgroße Holztruhe öffnen.
    Dann sah er nach oben – und noch bevor er zu Oscar rennen, ihm die Hand reichen und ihn aus der Gefahrenzone ziehen konnte, hatte sich das schmiedeeiserne Geländer des Balkons bereits gelöst und fiel zwei Stockwerke nach unten, wo es Oscar unter sich begrub.

8. Kapitel
    In dem Moment größter Freude sind wir dem Tode am nächsten, flüsterte die imaginäre Stimme des alten Mannes, und Noah konnte sie nicht abstellen, während er vor Oscar auf die Knie sank wie Sekunden zuvor die Mutter vor ihrer geretteten Tochter.
    Denn Gelächter ist der Lockruf des Teufels.
    »Mach die Augen auf. Komm schon. Öffne sie.«
    Noah hielt Oscars Hand, drückte sie, ballte dessen Finger zur Faust und führte diese zum Mund. Hauchte sie an, als müsste er sie wärmen; als könne er damit irgendetwas bewirken, wo es doch nichts mehr zu bewirken gab.
    Oscar lag wie ein zerstörtes Spielzeug auf dem Pflaster. Eine kaputte Puppe, der ein gelangweiltes Kind versucht hatte, die Gliedmaßen vom Rumpf zu reißen. Kein Schlangenkünstler der Welt wäre in der Lage, diese wirbelsäulenberstende Haltung einzunehmen: die Hüfte einmal um die Achse verdreht.
    Und das war nicht einmal das Schlimmste.
    Das schwere Geländer hatte Oscar die Schulter samt der linken Hälfte des Oberkörpers zertrümmert, zudem einen Arm, den er in letzter Sekunde schützend vor den Kopf gerissen hatte. Mehrere pfeilförmige Zierstreben hatten sich in Brust und Magen gebohrt, hier vermutlich die Lunge durchstochen, dann war der Zaun durch die Wucht des Aufpralls von der Betonterrasse wie von einem Trampolin wieder zurückgeschleudert worden und hätte auf seiner Flugbahn die Treppe hinunter Noah um ein Haar von den Stufen gerissen.
    »Du hörst mich, ich weiß das.«
    Oscar atmete noch, der Puls ging schwach und unregelmäßig, im Unterschied zu seinem linken Fuß, der hektisch zuckte, als würde ein epileptischer Anfall sich allein auf diesen Teil des Körpers konzentrieren.
    »Hilfe!«, schrie Noah und sah sich um. »Ich brauche Hilfe.«
    Einige Gaffer hatten sich nach vorne gewagt, zwei von ihnen mit dem Handy am Ohr, hoffentlich, um einen Arzt zu rufen.
    Wo bleibt überhaupt die Feuerwehr?
    Noah tastete mit einer Hand nach seinem eigenen Telefon, da begannen Oscars Augenlider zu flackern.
    »Hey, Kleiner. Wach auf, ja. Bitte. Sieh mich an!«
    Noah wusste nicht, wieso er ihm diese Anstrengung abverlangte.
    In dieser Welt warten nur noch Schmerzen auf ihn, sagte die Altherrenstimme in seinem Kopf und wurde wider Erwarten von Oscar unterbrochen: »Noah«, krächzte er.
    »Ja, ich bin hier. Ich höre dich.«
    Er spürte, wie Oscars Finger sich bewegten. Erst öffnete er die Faust, dann die Augen.
    »Ich bin bei dir«, wiederholte Noah und strich ihm das Haar zurück. Er versuchte erst gar nicht zu lächeln. Es wäre ihm nicht gelungen.
    »Ich …« Oscar wollte etwas sagen. Blut lief ihm aus dem Mundwinkel, tränkte seinen Bart. »Ich muss …«
    Noah schüttelte den Kopf.
    »Jetzt nicht. Schone deine Kraft.«
    »Doch … Jetzt!«
    Oscars Atem klang, als versickerte er mit einem Gluckern in einem dunklen Ablauf.
    »Es … es gibt keine Manuela«, röchelte er. »Ich hab …«, er musste Anlauf nehmen, um den Satz zu vollenden, »… nie eine Frau gehabt.«
    »Ich weiß.«
    Noah beugte sich noch weiter zu ihm

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