Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
gerade denkt, dass seine Rache an Infinite Darlene perfekt funktioniert.
» Tut mir leid, dass ich dich belästigt habe«, sage ich, um ihr mit dieser Spitze wenigstens den Hauch eines schlechten Gewissens zu machen. Dann drehe ich mich schnell um und gehe weg, weil ich Angst habe, mit ansehen zu müssen, dass sie nicht so reagiert, wie ich es mir erhofft habe.
Ich kann Noah nirgendwo in der Cafeteria finden. Aber ich will ihn unbedingt jetzt treffen. Ich frage nach ihm herum, und Eight erzählt mir, dass sie ihn draußen beim Fußballplatz mit seiner Kamera gesehen hat. Ich mache mich sofort dorthin auf.
Und da ist er auch, genau wie Eight gesagt hat. Er steht am Rand des Spielfelds, hinter der Torlinie. Den Fotoapparat hält er vors Gesicht, ein stummer Beobachter. Ich nähere mich ihm von hinten, aber ich habe keine Ahnung, was er da fotografieren will. Alles, was ich sehe, sind die leeren Zuschauerbänke und daneben ein halbvoller Abfalleimer, sonst nichts.
Ein leises Klicken, dann noch eines. Ich stelle mich neben Noah, sodass ich ihn von der Seite ansehen kann. Ich betrachte seine unordentlichen Haare und sein blaues Kapuzenshirt und merke, wie sehr ich ihn vermisst habe. Mehr als ihn berühren oder küssen will ich einfach mit ihm reden.
Ich fühle, dass Paul, der Kyle geküsst hat, eine vollkommen andere Person ist als Paul, der Noah mag. Und in diesem Augenblick bin ich ganz und gar Paul, der Noah sehr, sehr gern mag. Der andere Paul lebt in einem anderen Land.
» Hey«, sage ich. Er wendet sich mir zu, die Kamera immer noch vor seinem Auge. Er lächelt nicht und erwidert auch nichts. Er bleibt ganz konzentriert, blickt mich durch den Sucher an.
Ich komme näher und näher, bis ich mein Spiegelbild in der Linse sehen kann.
» Überall herrscht Chaos«, rede ich weiter. » In mir ist das totale Chaos. So viel passiert gleichzeitig. Ich hab dich so vermisst. Tut mir leid, dass wir uns heute früh verpasst haben.«
Ich höre wieder ein Klicken. Als er das Foto gemacht hat, lächle ich ihn an.
» Schon in Ordnung«, sagt er. Dann lässt er den Fotoapparat sinken und ich bemerke seinen fremden, wilden Gesichtsausdruck.
» Wie war dein Wochenende?«, frage ich.
» Gut. Ich hab über ein paar Dinge nachgedacht.« Wie er das sagt, ahne ich bereits, dass diese Dinge ausschließlich mich betreffen und dass mir nicht gefallen wird, was ich gleich hören werde.
» Zum Beispiel?«
» Zum Beispiel… dass wir vielleicht etwas langsamer machen sollten. Eine kleine Pause einlegen.«
Ich nicke, als hätte ich verstanden, was er meint. Aber dann frage ich: » Warum?«
» Weil ich das brauche.«
» Warum?«
» Weil… weil ich… weil ich nicht weiß, was ich fühle. Ich mag dich wirklich sehr gern, aber ich bin mir nicht klar, was das alles zu bedeuten hat. Ich weiß nicht, was du eigentlich von mir willst. Und ich weiß nicht, ob ich es dir geben kann. Ich bin am Wochenende in meine alte Stadt gefahren und habe über all das nachgedacht. Ich habe mit meinen Freundinnen dort über dich geredet und über mich, und als ich das alles laut ausgesprochen hatte, habe ich gemerkt, dass ich mich da in etwas verwickelt habe, für das ich vielleicht noch nicht bereit bin. Ich meine– also, ich weiß, dass du bestimmt nicht vorhast, mich zu verletzen, aber gleichzeitig möchte ich mich auch gar nicht in eine Position bringen lassen, in der ich verletzt werden kann. Chloë, Angela und Jen haben mir das deutlich gemacht, und ich verstehe, was sie meinen.«
Die Aussage scheint mir klar. » Du bist auch verwirrt«, sage ich. » In dir herrscht genau so viel Chaos wie in mir.«
Er lächelt ein klein wenig. » Vielleicht. Aber ich muss herausfinden, was das alles zu bedeuten hat. Und ich kann nicht mit dir zusammen sein, während ich das tue.«
» Du analysierst zu viel herum«, wende ich ein. Im Hinterkopf denke ich: Es gibt so viele andere Gründe, warum du mit mir Schluss machen könntest. Warum ausgerechnet dieser eine?
Er hält die Kamera wieder vors Auge.
» Bitte mach jetzt kein Foto von mir«, sage ich.
» Okay.« Er lässt die Kamera sinken.
» Willst du heute Nachmittag was mit mir unternehmen?«
Er schüttelt den Kopf. » Vielleicht Donnerstag?«, lautet sein Angebot.
» Donnerstag«, wiederhole ich.
Gibt es da irgendeine Formel, nach der es ihm erlaubt ist, sich mit mir am Donnerstag zu treffen, aber nicht heute Nachmittag?
Ich will zwar nicht, aber ich verstehe trotzdem, was er damit meint. Sei
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