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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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oder Vasastan, herrschte hier eine ganz andere Stimmung. Alles war ein wenig nüchterner, wohlhabender und ein bisschen langweilig.
    Eigentlich passt das nicht besonders gut zu Anne, dachte sie schuldbewusst.
    Sie
hatte die Wohnung gefunden. Sie hatte Anne dazu überredet, die Wohnung zu kaufen. Annika tröstete sich damit, dass
sie
auch die Rechnung bezahlt hatte, also brauchte Anne Snapphane einem nicht wirklich leidzutun.
    Sie bog in die Kommendörsgatan ein und merkte, dass der Bleiklumpen auf ihrer Schulter viel zu schwer war für den Weg, den sie noch vor sich hatte. Vielleicht würde sie doch kapitulieren und einen Rucksack kaufen müssen, wie Thomas vorgeschlagen hatte, als sie sich einmal über die Tasche beschwert hatte.
    Nur über meine Leiche, dachte sie und wechselte die Schulter.
    Da fiel ihr Blick auf eine Frau, die vielleicht zehn Meter vor ihr ging. Sie war schmal und hatte einen blonden Pagenkopf, der bei jedem Schritt schwang. Die Frau trug ein Kleid, das ihre Schultern rund und weich erscheinen ließ, darunter schauten ein paar überraschend starke Waden hervor. Über der einen Schulter baumelte eine helle Handtasche, in der anderen Hand hielt sie eine Aktentasche aus hellbraunem Leder. Sie ging fröhlich und unbeschwert in hohen Straßenschuhen und schien die Nachmittagssonne zu genießen.
    Annika drosselte das Tempo und starrte den Rücken der Frau an, sie wusste nicht, woher sie die Gestalt kannte.
    Dann blieb die Frau vor einem Schaufenster stehen und zeigte sich im Profil.
    Es dauerte eine weitere Sekunde, bis Annika begriff, wer sie war.
    Sie hörte ihr eigenes Keuchen und spürte, wie der Boden ins Wanken geriet.
    Es war Sophia Grenborg.
    Sie war es tatsächlich.
    Annika blieb stehen, konnte sich nicht mehr rühren. Die Geräusche verstummten,
es ist nicht wahr, es ist nicht wahr.
    Sie sah genauso aus, wie Annika sie in Erinnerung hatte. Sie sah aus wie in den Träumen, sie sah aus wie an jenem Winterabend, als sie Thomas vor dem NK geküsst hatte, sie sah aus wie auf dem Passbild, das Annika in kleine, winzig kleine Teile zerrissen und im Klo hinuntergespült hatte.
    Jetzt stand sie da und sah sich das Schaufenster eines Antiquitätenhandels an, neugierig und interessiert, stellte sich auf die Zehen, um etwas weiter hinten im Laden besser sehen zu können.
    Ohne zu wissen, wie es geschah, ging Annika plötzlich auf die Frau zu. Sie schwebte über den Bürgersteig, bis sie sich unmittelbar neben ihr befand. Auf einmal stand Annika vor dem Schaufenster und starrte ins Gesicht der blonden Frau.
    Sophia Grenborg streckte den Rücken und bemerkte Annika überrascht.
    »Sophia Grenborg?«, sagte Annika mit einer Stimme, die von weit her kam.
    »Ja?«, sagte die Frau und lächelte erstaunt.
    »Mein Name ist Annika Bengtzon. Ich bin die Ehefrau von Thomas Samuelsson. Ich wollte nur wissen, ob Sie finden, dass mein Mann gut im Bett ist.«
    Die Frau lächelte noch eine Sekunde, dann rang sie nach Luft und erbleichte. Ihr Gesicht verzog sich wie nach einer Ohrfeige, sie machte einen Schritt rückwärts und stieß sich den Fuß an der Hauswand. Ihr Blick flackerte, es sah so aus, als würde sie ohnmächtig werden.
    Annika stand neben ihr und starrte, starrte die bleiche Frau an, bis sie an ihrer eigenen Verachtung zu ersticken drohte.
    »Wie ekelhaft«, sagte Annika, »wie ekelhaft. Wie konnte er nur?«
    Dann merkte sie, dass sie keine Sekunde länger stehen bleiben konnte, nicht einen Augenblick, keinen weiteren Atemzug konnte sie in Gegenwart dieser Person, dieser
Schlampe
tun.
    Sie wandte sich ab, eilte davon und schwebte direkt ins gleißende Sonnenlicht. Sie ging und ging und spürte den Blick der Frau im Rücken, die Häuserfronten schaukelten, und sie dachte, sie müsste kotzen. Als sie am Ende der Straße angekommen war und sich umdrehte, bildete sie sich ein, dass diese Person dastand und grinste.
    In der einen Hand das Mascarabürstchen, in der anderen die Wimpernzange, so öffnete Anne Snapphane die Wohnungstür. Sie war notdürftig in einen Morgenmantel gehüllt und trug Nylonstrümpfe mit Strumpfhalter.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, fragte sie. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Annika hielt sich am Türrahmen fest und schwankte. Ihr Puls dröhnte noch immer im Kopf, und ihr Mund war staubtrocken.
    »Kann ich was zu trinken haben?«, fragte sie und versuchte sich die Lippen zu befeuchten.
    Anne Snapphane trat zurück und ließ Annika in die Wohnung. Im Flur

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