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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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o-beinig zu gehen, die Füße nach außen gerichtet. Seine Augen waren winzig und tiefliegend, seine Gesichtsfarbe ging ins Rötliche.
    »Fahren Sie die Karre weg!«, schrie er. »Hier ist Parkverbot! Soll ich noch deutlicher werden? Parkverbot!«
    »Verzeihung«, sagte Annika und blinzelte, »ich habe kein Schild gesehen …«
    »Das Auto kommt weg, und es kommt
augenblicklich
weg. So ist das hier immer gewesen. Es ist so Sitte.«
    Er ballte die Fäuste, ließ die Finger unruhig pumpen.
    »Ja, ja, gütiger Himmel.«
    Sie sprang ins Auto, startete und ließ es in die Einfahrt zu ihrem Haus rollen.
    »Gut so?«, fragte sie, als sie wieder ausstieg.
    Zu ihrem Erstaunen sah sie, dass der Mann ihren Rasen betreten hatte. Er folgte den Reifenspuren, trat Erde los und verschwand schließlich auf dem Nachbargrundstück.
    Der Typ mit dem Mercedes, dachte Annika. Der Vorsitzende des Villenbesitzervereins.
    Ebba Romanova hatte schwarze Jeans und eine weiße Bluse angezogen. Sie hatte sich die Wimpern getuscht und die Lippen rosa geschminkt.
    »Komm rein«, sagte sie und machte die Tür weit auf. »Hast du Bekanntschaft mit Wilhelm gemacht?«
    »Hast du gesehen, was er getan hat?«, fragte Annika. »Er ist über meinen Rasen zu seinem Grundstück gegangen.«
    »Ich habe ihn gehört«, sagte Ebba. »Er regt sich immer wahnsinnig auf, wenn man auf seinem Straßenstück parkt. Er ist in diesem Haus geboren und glaubt, ihm gehöre das ganze Viertel. Außerdem ist er ein Vollblutrassist gegen alle, die nicht seit sieben Generationen in Djursholm leben.«
    Annika rang sich ein Lachen ab.
    »Dann hasst er dich auch?«
    »Mich akzeptiert er, weil er glaubt, dass ich mit der Zarenfamilie verwandt bin. Bin ich aber nicht. Du wolltest Kaffee, richtig? Geh schon mal rein und mach es dir bequem, ich bin sofort da.«
    Sie deutete auf eine hohe Flügeltür und verschwand in der Küche. Annika blieb in der Eingangshalle stehen und blickte sich um, sprachlos. Das Haus war enorm, die Decken über drei Meter hoch. Soweit sie es beurteilen konnte, war der Stil der Einrichtung nicht sehr von dem des Winterpalasts entfernt. Alle Möbel waren antik und edel, an den Wänden hing Kunst in schweren Rahmen.
    Die Flügeltür führte in eine große Bibliothek. Annika betrat andächtig den dicken Teppich. An der rechten Wand thronte ein mannshoher offener Kamin, wie ihn Annika nur aus englischen Spielfilmen kannte. Die Sofas waren braun und dunkelrot, darauf viele Kissen mit verschiedenen Mustern und aus unterschiedlichen Materialien. Bücherregale aus exotischem, inzwischen vermutlich verbotenem Edelholz bedeckten die Wände. Die Bücher waren zahlreich und modern. Sie entdeckte »Wer bestimmt über dein Leben?« von Åsa Nilsonne. Das war gut, sie hatte es ebenfalls gelesen.
    Ebba hatte Romane und Krimis und auch eine Menge Fachliteratur auf Englisch, ein ganzes Regal war mit russischen Büchern im Original gefüllt. Viele davon waren in Leder gebunden. Annika ließ die Finger über die kyrillischen Buchstaben auf den Rücken gleiten.
    »Milch oder Zucker?«, rief Ebba aus der Küche.
    »Gern ein bisschen Milch«, rief Annika zurück.
    In diesem Raum hing nur ein einziges Gemälde, eine ziemlich kleine und dunkle Malerei. Sie befand sich unter einem Glasgehäuse an der Längswand. Annika stellte sich davor und kniff ein wenig die Augen zusammen.
    Die Ölfarbe schien alt zu sein, ein kaum erkennbares Muster aus feinen Rissen lief über die Leinwand. Das Motiv zeigte eine ernsthafte junge Frau mit unendlich traurigem Blick. Sie sah über die Schulter, dem Betrachter direkt in die Augen. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Sie war nicht mehr als ein Kind.
    »Wer ist sie?«, fragte Annika, als Ebba hinter ihr hereinkam und in jeder Hand einen Kaffeebecher hielt.
    »Beatrice Cenci«, antwortete Ebba und sah zu dem Gemälde auf. »Sie wurde am 11. September 1599 in Rom hingerichtet. Geköpft.«
    Sie reichte Annika einen der Becher.
    »Ein bisschen Milch, kein Zucker …«
    Annika nahm den Kaffee entgegen, ohne den Blick vom Gesicht der Kindfrau abzuwenden.
    »Danke. Was hat sie verbrochen?«
    Ebba setzte sich aufs Sofa und zog die Füße hoch.
    »Sie hat ihren Vater ermordet. Papst Clemens VIII. hat sie zum Tode verurteilt. Das Kunstwerk ist antik, die Umgebung hier bietet natürlich nicht die idealen Bedingungen, aber wenn du genau hinschaust, siehst du, dass der Kasten Sensoren und Thermostate für Temperatur und Luftfeuchtigkeit hat.«
    »Du hast ein

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