Nobels Testament
fantastisches Haus«, sagte Annika und setzte sich auf das Sofa Ebba gegenüber. »Lebst du allein hier?«
Ebba blies auf ihren Kaffee und nahm vorsichtig einen Schluck.
»Mit Francesco«, sagte sie. »Findest du es vulgär?«
Beinahe hätte Annika sich an ihrem Kaffee verschluckt.
»Überhaupt nicht, nur … anders. Ich kenne solche Räume nur aus Filmen.«
Ebba lächelte.
»Viele der Möbel habe ich geerbt«, sagte sie. »Sie gehörten meiner Mutter. Sie ist gestorben. Alzheimer.«
»Das tut mir leid«, murmelte Annika. »Wie lang ist das her?«
»Fünf Jahre, kurz bevor ich das Haus gekauft habe. Es hätte ihr gefallen. Ich wurde reich, und sie starb.«
Annika trank ihren Kaffee und wusste nicht, was sie sagen sollte. Ach ja, du bist reich geworden, ich bin auch reich geworden. Redete man so beim Kaffeeklatsch in der Vorstadt?
»Ich habe einen Betrieb verkauft«, fuhr Ebba fort. »Genauer gesagt, bin ich aus einem Unternehmen rausgeworfen worden, das ich mit aufgebaut habe. Deshalb habe ich plötzlich eine Menge Geld bekommen, mit dem ich nicht gerechnet hatte, jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt … Aber erzähl mal, was machst du denn? Du hast doch Kinder, oder?«
Annika stellte ihren Kaffeebecher auf einem verzierten Tisch mit weißer Marmorplatte ab. Wie merkwürdig es war, hier zu sitzen. Wie anders man sich als Nachbar an unterschiedlichen Orten fühlen konnte.
»Zwei«, sagte sie, »Kalle und Ellen. Sechs und vier Jahre alt. Wir haben lange in der Stadt gewohnt, fanden es aber am besten, jetzt umzuziehen, bevor die Kinder in die Schule kommen. Ich bin Journalistin, mein Mann arbeitet im Justizministerium …«
Sie brach ab und schwieg, sie fand, dass sie aufgeblasen klang. Es reichte, dass Thomas herumlief und vor aller Welt mit seinem tollen Job angab.
»Was für ein Unternehmen hattest du?«, beeilte sie sich stattdessen zu fragen.
»Eine Firma für Biotechnologie«, antwortete Ebba. »Ich bin eigentlich Medizinerin, und nachdem ich meine praktische Ausbildung zur Ärztin abgeschlossen hatte, bin ich in die Forschung gegangen. Während meiner Promotion habe ich einen neuen Typus Adjuvanzien entdeckt, also einen Stoff, der die Wirkung von Impfstoffen unterstützt. Und als ich das mit sogenannten Vakzinüberträgern kombinierte, habe ich sensationelle Ergebnisse erzielt. Ich hatte ein fertiges Patent in der Tasche, als ich disputiert habe.«
»Wow«, sagte Annika, der nichts Intelligenteres einfiel.
»Mein damaliger Verlobter war auf der Wirtschaftsuni, es war seine Idee, dieses Unternehmen zu gründen. Es hieß ADVA-Bio, schon mal davon gehört?«
Annika schüttelte den Kopf.
»Das war, als SARS ausbrach und die ersten Menschen in Südostasien sich mit der Vogelgrippe infizierten. Alles, was mit Impfstoffen zu tun hatte, war heiß umkämpft«, fuhr Ebba fort. »Mein Verlobter und sein Kumpel schmissen ihr BWL-Studium und fingen an, mit den verschiedensten multinationalen Konzernen über die Rechte am Patent zu verhandeln. Das erste Angebot lag bei 10 Millionen Dollar, das zweite bei 50. Irgendwann fiel den Jungs plötzlich auf, dass ich nicht länger gebraucht wurde. Ich hatte nichts Substanzielles mehr beizutragen, wie sie sich ausdrückten. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Unternehmen auf einen Wert von 75 Millionen Dollar geschätzt, also über eine halbe Milliarde Kronen. Sie haben mich mit 185 Millionen Kronen ausbezahlt.«
Annika musste sich auf dem Sofa zurücklehnen. Und sie hatte gedacht, dass sie reich war!
»Wolltest du ausbezahlt werden?«, fragte sie.
Ebba musste lächeln.
»Ich konnte es mir nicht wirklich aussuchen«, sagte sie, »aber im Nachhinein bin ich nicht besonders traurig darüber. Eine Woche nachdem ich mein Geld bekommen hatte, fuhren meine ehemaligen Kollegen in die USA, um den Vertrag mit einem multinationalen Pharmakonzern unter Dach und Fach zu bringen. Xarna hieß der. Am ersten Abend haben sie so viel Champagner getrunken, dass mein Verlobter, oder besser gesagt, mein Ex-Verlobter, auf dem Sofa in der Chefetage einschlief, und daran war ja eigentlich auch nichts Schlimmes. Das Problem war nur, dass der andere Typ nicht eingeschlafen war, sondern sich mit den Forschern und der Konzernleitung unterhielt und mit dem Patent brillierte. Er erzählte, wie meine Entdeckung funktionierte, und schließlich plauderte er praktisch aus, wie man es anstellen könnte, sie auszuhebeln. Am nächsten Tag wurden sie, ohne eine Öre zu bekommen, rausgeworfen.«
»Das
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