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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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bereit ist, ihn durch jedes nur mögliche Mittel einzufangen. Eh?«
    Seratard lehnte sich in den roten Ledersessel zurück. Sein Büro war, bis auf ein paar Ölbilder von modernen, wenig bekannten französischen Malern, eher schäbig. »Was tut sie denn anderes, als auf die Liebe eines jungen Mannes reagieren?« Er schob das Papier wieder zurück. »Ich mag diese Methode nicht, André. In dem Sie ihr raten, ihm den halben Brief zu geben, treiben Sie das Mädchen in einen Sumpf von Halbwahrheiten.«
    »Machiavelli hat geschrieben: ›Der Staat muß mit Lügen und Halbwahrheiten arbeiten, weil die Menschen aus Lügen und Halbwahrheiten zusammengesetzt sind. Sogar die Fürsten.‹ Und mit Sicherheit auch alle Gesandten und Politiker.« André zuckte die Achseln. Sorgfältig faltete er den Brief zusammen. »Vielleicht müssen wir ihn gar nicht benutzen.«
    »Benutzen – wie?«
    »Die Tatsache, daß sie ihn zerrissen hat und…«
    »Hat sie nicht«, widersprach Seratard schockiert.
    »Selbstverständlich«, gab André eiskalt zurück. »Aber da steht ihr Wort gegen das meine, und wer gewinnt dabei? Die Tatsache, daß sie die zweite Seite zerrissen und Struan nur die erste gezeigt hat, müßte genügen, um sie in seinen Augen schuldig zu machen. Das gibt ihm einen perfekten Vorwand, jedes Eheversprechen zu annullieren, ›weil er getäuscht wurde‹. Seine Mutter? Wenn die von dieser Seite wüßte, würde sie uns alle nur möglichen Konzessionen machen, um sie in ihren Besitz zu bringen – für den Fall, daß er darauf besteht, sie gegen ihren Rat zu heiraten.«
    »Ich halte nichts von Erpressung.«
    André errötete. »Ich halte von vielen Methoden nichts, die ich für unsere, ich wiederhole, unsere Zwecke anwenden muß.« Er steckte die Seite in seine Tasche. »In der guten Gesellschaft herumgereicht oder mit allen Details veröffentlicht, würde dieses Dokument Angélique vernichten. Vor Gericht würde es sie schuldig aussehen lassen. Vielleicht zeigt es ja auch nur die Wahrheit: daß sie nichts weiter als eine Abenteurerin ist, verschworen mit ihrem Vater, der im günstigsten Fall ein Glücksspieler ist und bald so bankrott wie ihr Onkel. Und was das Ermutigen betrifft: Ich sage ihr nur, was sie wissen und sagen will. Um ihr zu helfen. Das Ganze ist ihr Problem, nicht das meine oder das unsere.«
    Seratard seufzte. »Traurig. Traurig, daß sie in so was verwickelt ist.«
    »Ja, aber das ist sie nun mal – zu unserem Vorteil, nicht wahr?« André lächelte mit den Lippen, nicht aber mit den Augen. »Und dem Ihren ganz persönlich, M’sieur. Klug eingesetzt, würde dieses Papier sie in Ihr Bett befördern, nicht wahr, falls Ihr unbezweifelbarer Charme versagen sollte, was ich nicht glaube.«
    Seratard lächelte nicht. »Und Sie, André? Was machen wir mit Hana, der Blume?«
    André sah ihn unvermittelt an. »Die Blume ist tot.«
    »Ja. Und unter sehr seltsamen Umständen gestorben.«
    »Keineswegs seltsam.« Andrés Augen waren plötzlich so ausdruckslos wie die eines Reptils. »Sie hat Selbstmord begangen.«
    »Sie wurde mit durchschnittener Kehle gefunden, mit Ihrem Messer. Die Mama-san sagt, Sie hätten wie üblich die Nacht mit ihr verbracht.«
    André versuchte zu ergründen, worum es Seratard eigentlich ging. »Hab ich, aber das geht Sie nichts an.«
    »Leider doch. Der örtliche Bakufu-Beamte hat mir gestern eine offizielle Bitte um Auskunft zustellen lassen.«
    »Sagen Sie ihm, er soll sich umbringen. Hana, die Blume, war etwas Besonderes, o ja, sie hat mir gehört, ja. Ich habe den höchsten Kopfkissenpreis für sie bezahlt, aber sie war trotzdem nur ein Mitglied der Weidenwelt.«
    »Wie Sie so zutreffend sagten, sind die Menschen aus Lügen und Halbwahrheiten zusammengesetzt. In der Beschwerde heißt es, daß Sie einen heftigen Streit mit ihr hatten. Weil sie sich einen Liebhaber genommen hatte.«
    »Wir hatten einen Streit, ja, und ich wollte sie umbringen, ja, aber nicht aus diesem Grund«, entgegnete André mit erstickter Stimme. »In Wirklichkeit… In Wirklichkeit hatte sie mehrere Klienten. Drei… im anderen Haus, aber das war, bevor sie mein Eigentum wurde. Einer von ihnen… einer von ihnen hat sie mit Syph angesteckt, und sie dann mich.«
    Seratard war entsetzt. »Großer Gott, Syphilis?«
    »Ja.«
    »Mon Dieu, sind Sie sicher?«
    »Ja.« André stand auf, ging zum Sideboard, schenkte sich einen Cognac ein und trank. »Babcott hat’s mir vor einem Monat bestätigt. Kein Irrtum möglich. Es kann

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