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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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kann kein Geld von dir annehmen«, rief sie unter Tränen. »Das gehört sich nicht!«
    »Und warum nicht? Schließlich werden wir doch bald heiraten, nicht wahr?«
    Das Weinen verstummte. »W… Werden wir das?«
    »Ja, natürlich. Wir werden es heute noch bekanntgeben.«
    »Aber Vater, er ist…« Sie schniefte wie ein kleines Kind. »André hat mir gesagt, er sei sicher, daß es gar kein Geschäft gegeben hat, weder in Macao noch anderswo. Vater ist vermutlich ein Glücksspieler und hat einfach alles verspielt. Vater hatte versprochen, hatte Henri, Henri Seratard versprochen, daß er aufhören und seine Rechnungen bezahlen würde… Alle wußten davon, nur ich nicht, ach Malcolm, ich hatte keine Ahnung, ich fühle mich so elend, am liebsten würde ich sterben, Vater hat mein Geld gestohlen, dabei hat er geschworen, es sicher anzulegen!« Wieder ein Tränenausbruch, dann lief sie zu ihm hinüber und lag neben dem Bett auf den Knien, den Kopf in seiner Bettdecke vergraben. Zärtlich strich er ihr übers Haar und kam sich dabei sehr stark und männlich vor. Die Tür ging auf, und Ah Tok kam herein.
    »Hinaus!« befahl er. »Dew neh loh moh!« Sie floh.
    Ehrlich verängstigt barg Angélique den Kopf tiefer in der Decke. Sie hatte ihn noch niemals zornig gesehen. Er streichelte ihr Haar. »Keine Sorge, mein Liebling, mach dir um deinen Vater keine Gedanken. Ich werde sehen, wie wir ihm später helfen können, aber jetzt mußt du dich nicht grämen, ich werde schon für dich sorgen.« Immer zärtlicher wurden seine Worte. Ihr Schluchzen ließ nach; ein ungeheurer Stein fiel ihr vom Herzen, nun, da sie ihm die Wahrheit gesagt und ihn von ihrem Unglück unterrichtet hatte, bevor er es von anderen hörte – und da es ihm scheinbar wirklich nichts ausmachte.
    André ist ein Genie, dachte sie, erschöpft vor Erleichterung. Er hat geschworen, daß Malcolm genauso reagieren würde: »Seien Sie einfach ehrlich, Angélique, sagen Sie Malcolm die Wahrheit, daß Sie nicht wußten, daß Ihr Vater ein Spieler ist, daß Sie erst jetzt davon gehört haben und entsetzt darüber sind, daß Ihr Vater Ihr Geld gestohlen hat – Sie müssen unbedingt die Ausdrücke gestohlen und Dieb benutzen. Sagen Sie die Wahrheit, zeigen Sie ihm seinen Brief, und mit dem entsprechenden Tränenstrom und viel Zärtlichkeit wird ihn dies auf ewig an Sie binden.«
    »Aber André«, hatte sie unglücklich eingewandt, »ich wage es nicht, ihm Vaters Brief zu zeigen. Ich wage es nicht, das Postscriptum klingt so furchtbar …«
    »Hören Sie zu! Ohne die zweite Seite heißt es im Postscriptum nur, daß ich ihm alles Gute und eine baldige Genesung wünsche. Perfekt! Die zweite Seite? Welche zweite Seite? Sehen Sie her! Sie ist zerrissen und hat niemals existiert.«
    Mit geschickten Fingern klebte André die letzten Fetzen der wieder zusammengesetzten zweiten Seite an ihren Platz. »So, Henri«, sagte er und schob sie quer über den Schreibtisch. »Lesen Sie selbst.« Es hatte ihn keine Mühe gekostet, die Seite aus den Fetzen, die er scheinbar achtlos in den Papierkorb geworfen hatte, zusammenzufügen. Sie saßen hinter verschlossenen Türen in Seratards Büro. Der Text lautete.
    … Ich hoffe, daß Du, wie besprochen, durch jedes nur mögliche Mittel eine baldige Verlobung und Heirat herbeiführen kannst. Er ist der große Fang dieser Saison und lebenswichtig für unsere Zukunft, vor allem für die Deine. Struan wird Richaud Frères endgültig sanieren. Daß er Brite, zu jung oder was immer ist, spielt keine Rolle, er ist jetzt Tai-Pan und kann uns eine sorgenlose Zukunft garantieren. Verhalte Dich wie eine Erwachsene und tu alles, was notwendig ist, um ihn an Dich zu binden, denn im Moment steht es nicht rosig um Deine Zukunft.
    »Ist doch gar nicht so schlimm«, stellte Seratard voll Unbehagen fest, »nur der angstvolle Rat eines Vaters, der nach Strohhalmen greift. Struan ist für jedes Mädchen ganz zweifellos ein großer Fang, und Angélique… Wer könnte es einem Vater verübeln.«
    »Kommt auf den Vater an. Zum richtigen Zeitpunkt und auf die richtige Art und Weise eingesetzt, ist das hier eine weitere Waffe gegen sie und darum gegen das Noble House.«
    »Dann glauben Sie, daß das arme Mädchen Erfolg haben wird?«
    »Wir müssen daran arbeiten, daß es so kommt. Wir müssen ihr schon aus taktischen Gründen helfen.« Andrés Lippen bildeten einen schmalen, kalten Strich. »Ich halte sie übrigens nicht für ein armes Mädchen. Sie ist es doch, die

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