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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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mehr hatten. »Himmel, es tut mir leid…«
    »Es muß dir nicht leid tun, mein Liebling.« Als sie – erleichtert – wieder zu Atem gekommen war, erhob sie sich und schenkte etwas von dem kalten Tee ein, der immer neben seinem Bett bereitstand. Noch immer raste ihr Herz, noch immer wollte auch sie nicht einhalten, obwohl sie es mußte, ein paar Minuten noch, und sie hätte es nicht mehr gekonnt, hörte die Stimme ihrer Mutter, deren ewige Litanei: »Kein Mann heiratet seine Mätresse, nicht vor der Hochzeit, danach ist alles erlaubt«, sich ihr eingeprägt hatte, noch ehe sie alles verstehen konnte.
    »Bitte«, sagte sie leise und reichte ihm die Tasse.
    Sie kniete sich neben ihn, beobachtete ihn, wie er mit geschlossenen Augen dalag, während der Schweiß ihm über das Gesicht strömte. Und all ihre Unruhe und ihr Unbehagen lösten sich in nichts auf. Sie legte ihm die Hand aufs Knie, und er legte die seine darüber. »So… So nahe zusammen zu sein ist nicht gut für uns, Malcolm«, sagte sie leise, überzeugt, ihn zu lieben, obwohl sie nicht sehr viel von der Liebe wußte. »Es ist schwierig für uns beide, chéri, ich will dich auch und liebe dich auch.«
    Nach einer langen Pause antwortete er mühsam, mit leiser, schmerzerfüllter Stimme: »Ja, aber du könntest helfen.«
    »Aber es geht nicht – nicht vor der Hochzeit. Noch nicht, mein Liebster, jetzt noch nicht.«
    Unvermittelt kamen all seine Qual und Frustration darüber zum Ausbruch, daß er den ganzen Abend dasitzen und zusehen mußte, wie andere Männer mit ihr tanzten, sie begehrten, während er kaum gehen konnte, obwohl er doch vor einem Monat noch ein weit besserer Tänzer gewesen war.
    Warum nicht jetzt, wollte er aufschreien, was bedeuten schon ein oder zwei Monate? Um Gottes willen… Aber nun gut, ich akzeptiere, daß ein anständiges Mädchen bei der Hochzeit Jungfrau sein muß, ich akzeptiere, daß ein Gentleman ihr vor der Hochzeit nicht zu nahe treten darf, ich akzeptiere das alles! Aber es gibt, um Gottes willen, andere Möglichkeiten!
    »Ich weiß, daß wir das jetzt nicht dürfen«, sagte er kehlig, »aber, Angélique… bitte, hilf mir – bitte!«
    »Aber wie?«
    Abermals erstickte er fast an seinen Worten: Du lieber Gott, wie es die Mädchen in den Häusern machen, mich küssen, liebkosen, zum Höhepunkt bringen. Glaubst du vielleicht, miteinander schlafen bedeutet, einfach die Beine breit zu machen und dazuliegen wie ein Stück totes Fleisch? Die simplen Sachen, die diese Mädchen ohne großes Theater machen, und dann freuen sie sich auch noch für mich: »He, du jetzt wider gut – ah, heya?«
    Aber er wußte, daß er ihr das nicht sagen konnte. Es verstieß gegen seine Erziehung. Wie erklärt man so etwas der Frau, die man liebt, wenn sie so jung und arglos oder so selbstsüchtig, oder ganz einfach unerfahren ist? Plötzlich wurde die Wahrheit unangenehm. Irgend etwas in ihm veränderte sich.
    In einem ganz anderen Ton sagte er: »Du hast recht, Angélique, es ist für uns beide schwierig. Tut mir leid. Vielleicht ist es besser, wenn du, bis wir nach Hongkong reisen, wieder in die französische Gesandtschaft ziehst. Jetzt, da es mir allmählich besser geht, sollten wir auf deinen Ruf achten.«
    Niedergeschmettert von der Veränderung starrte sie ihn an. »Aber Malcolm, ich fühle mich hier wohl und bin, für den Fall, daß du mich brauchst, in deiner Nähe.«
    »O ja, ich brauche dich.« Sein Mund verzog sich zu einem angedeuteten ironischen Lächeln. »Ich werde Jamie bitten, alles Nötige zu veranlassen.«
    Sie zögerte, wußte nicht recht, was sie sagen sollte. »Wenn das dein Wunsch ist, chéri.«
    »Ja, es ist besser. Wie du schon sagtest, es ist schwierig für uns beide, wenn wir einander so nahe sind. Gute Nacht, mein Liebling, es freut mich, daß dir dein Fest so gut gefallen hat.«
    Ein kalter Schauer überlief sie, aber sie wußte nicht, ob er von außen oder von innen kam. Sie küßte ihn, bereit, seine Leidenschaft zu erwidern, aber da war nichts. Wieso hatte er sich verändert? »Schlaf gut, Malcolm. Ich liebe dich.« Noch immer nichts.
    Macht nichts, dachte sie, Männer sind so launisch und schwierig. Lächelnd, als sei nichts geschehen, entriegelte sie die Tür, warf ihm eine Kußhand zu und verschwand in ihrer eigenen Suite.
    Er beobachtete die gemeinsame Tür. Sie stand angelehnt. Wie üblich. Doch alles andere in ihrer Welt war nicht mehr so wie üblich. Die Tür und ihre Nähe verlockten ihn nicht mehr. Er

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