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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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mit gekochtem Gemüse, Röstkartoffeln, ebenfalls aus Shanghai importiert, und Yorkshirepudding, gefolgt von Apfel- und Minzetorte mit so viel Rotwein, Pouilly Fumé, Portwein und Champagner, wie die zwanzig Gäste bewältigen konnten.
    »Und als Madam Lunkchurch ihren Mann mit einer Krabbe bewarf, dachte ich schon, ich müßte sterben«, sagte Angélique unter weiterem Gelächter, aber Tyrer entgegnete verlegen: »Ich fürchte, einige der sogenannten Händler und ihre Frauen neigen zu auffallendem Benehmen. Bitte, beurteilen Sie nicht alle Engländer oder Engländerinnen nach ihrem Verhalten.«
    »Sehr richtig.« Pallidar strahlte. Er freute sich, daß sie auch ihn zu ihrem Begleiter erwählt hatte, und war sich klar darüber, daß Tyrer in seinem schlichten Gehrock, der altmodischen, üppigen Seidenkrawatte und dem Zylinder neben seiner Galauniform mit der Feder am Helm noch trister wirkte. »Fürchterliche Menschen. Ohne Sie wäre der Abend gräßlich geworden, auf Ehre!«
    In der High Street und den Nebenstraßen wimmelte es noch von Händlern, Angestellten und anderen, die nach Hause wollten oder spazierengingen, und hier und da lag auch ein Betrunkener neben den mit Öl gespeisten Straßenlaternen, Grüppchen von japanischen Fischern mit Ruderriemen, Netzen und Papierlaternen kamen vom Wasser heraufgestapft, wo sie die Boote an Land gezogen hatten, oder aus dem Dorf, um zum Nachtfang hinauszufahren.
    An der Haustür des Struan-Gebäudes machte sie halt und reichte den beiden Herren die Hand, um sie sich galant küssen zu lassen. »Vielen Dank und gute Nacht, meine lieben Freunde. Bitte warten Sie nicht auf mich; einer der Diener kann mich in die Gesandtschaft zurückbringen.«
    »Wir denken gar nicht daran«, erklärte Pallidar sofort, der ihre Hand ergriff und einen Augenblick festhielt.
    »Es… Es wäre mir eine Freude, auf Sie zu warten«, versicherte auch Tyrer.
    »Aber es kann eine Stunde dauern – je nachdem, wie es meinem Verlobten geht.«
    Aber sie bestanden darauf. Also bedankte sie sich und rauschte, noch immer angeregt von dem Abend und der Bewunderung, mit der man sie umgeben hatte, mit wogender Krinoline und wehendem Schal an dem livrierten, bewaffneten Nachtwächter vorbei die Treppe hinauf. »Hallo, Liebling, ich wollte dir nur gute Nacht sagen.«
    Struan trug einen eleganten Schlafrock aus roter Seide über einem weiten Hemd mit Krawatte sowie eine Hose, die in weichen Stiefeln steckte. Als sie hereinkam, erhob er sich aus seinem Sessel, denn nachdem ihm Ah Tok vor einer halben Stunde ihr Elixier gegeben hatte, quälten ihn die Schmerzen nicht mehr so stark. »Es geht mir besser als seit Tagen, mein Liebling. Ein bißchen wacklig, aber gut – wie wunderschön du bist!« Im Licht der Öllampe wirkte sein hageres Gesicht hübscher und anziehender denn je. Um ein wenig Halt zu haben, legte er ihr die Hände auf die Schultern. Sein Kopf und sein Körper fühlten sich seltsam leicht; ihre Haut war warm und seidig unter seiner Berührung. Ihre Augen funkelten; liebevoll blickte er auf sie hinab und küßte sie. Sanft zuerst, dann aber, als sie reagierte, ihren Geschmack und ihre Reaktion bewußt genießend. »Ich liebe dich«, murmelte er zwischen den heißen Küssen.
    »Ich liebe dich auch«, antwortete sie und glaubte es, schwach vor Lust und glücklich darüber, daß es ihm tatsächlich besser zu gehen schien; seine Lippen waren kraftvoll und fordernd, seine Hände stark und neugierig, aber in Grenzen – Grenzen, die sie vor Wonne plötzlich am liebsten beiseite gefegt hätte.
    »Je t’aime, chéri… je t’aime…«
    Einen Augenblick standen sie umschlungen da; dann hob er sie mit einer Kraft, die er nicht in sich geahnt hatte, empor, setzte sich wieder in den großen Lehnsessel und barg sie auf seinem Schoß, seine Lippen auf den ihren, eine Hand um ihre schmale Taille, die andere still auf ihrer Brust, deren Wärme der Seidenstoff noch zu verstärken schien. Staunen erfüllte ihn. Staunen darüber, daß hier in der Nacht, wo alles an ihr bedeckt und verboten und doch alles offen und jung und zugänglich war – daß er hier nun zwar euphorischer und erregter denn je war, zugleich aber vollkommen beherrscht und nicht mehr rasend vor Lust.
    »Seltsam«, murmelte er. Und dachte, gar nicht so seltsam, die Medizin hat zwar die Schmerzen gedämpft, nicht aber das andere, nicht meine Liebe zu ihr.
    »Chéri?«
    »Seltsam, daß ich dich so sehr brauche, aber dennoch warten kann. Nicht lange, aber

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