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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ich kann warten.«
    »Bitte nicht mehr lange, bitte!« Wieder suchten ihre Lippen die seinen, konnte sie an nichts denken als an ihn, schloß ihre Hitze die Erinnerung und die Sorgen aus, und es gab keine Probleme mehr. Für sie beide. Dann fiel draußen plötzlich ein Schuß, ganz in der Nähe.
    Ihre Traumstimmung zerplatzte; immer noch auf seinem Schoß richtete sie sich auf; dann eilte sie zum Fenster. Unten sah sie Pallidar und Tyrer – verdammt, die habe ich ganz vergessen, dachte sie. Die beiden Männer blickten landeinwärts; dann wandten sie sich um und richteten ihre Aufmerksamkeit auf Drunk Town.
    Sie lehnte sich zum Fenster hinaus, sah aber am Ende der Straße nur eine unbestimmte Gruppe Männer, deren Rufe der Wind herbeitrug. »Scheint nichts Wichtiges zu sein, nur Drunk Town…«, berichtete sie, denn in jenem Viertel von Yokohama waren Pistolen, Prügeleien und sogar Duelle nichts Besonderes. Mit einem seltsamen Gefühl, fröstelnd und gleichzeitig erhitzt, kehrte sie zu ihm zurück und sah ihn an. Mit einem kleinen Seufzer kniete sie nieder, ergriff seine Hand, die sie an ihre Wange drückte, und legte den Kopf auf seinen Schoß; doch seine Finger, die ihr Haar und ihren Nacken streichelten, vermochten die Teufel nicht mehr fernzuhalten. »Ich muß nach Hause, mein Liebster.«
    »Ja.« Seine Finger fuhren fort, sie zu liebkosen.
    »Ich möchte bleiben.«
    »Ich weiß.« Struan beobachtete sich selbst, als stehe er neben sich, den perfekten Gentleman, wie er ihr ruhig aufstehen half und wartete, bis sie ihr Kleid und ihre Haare geordnet und den Schal wieder umgelegt hatte. Dann ging er Hand in Hand mit ihr langsam zur Treppe und ließ sich von ihr überreden, dort zurückzubleiben, während ein Diener sie hinunterbegleitete. An der Haustür drehte sie sich noch einmal um, winkte zum Abschied, er winkte zurück, dann war sie fort.
    Es schien ihn keine Mühe zu kosten, allein zurückzukehren, sich auszukleiden und von einem Diener die Stiefel ausziehen zu lassen. Dann stieg er ganz ohne Hilfe ins Bett, wo er sich zufrieden ausstreckte. Sein Kopf war in Ordnung, der Körper auch, er war entspannt.
    »Wie geht’s meinem Sohn?« fragte Ah Tok von der Tür her flüsternd.
    »Im Land des Mohns.«
    »Gut, gut. Keine Schmerzen dort, für meinen Sohn.« Die Dienerin blies die Öllampe aus und ging hinaus.
    Ein Stück weiter die High Street hinunter öffnete ihr der französische Wachtposten, dessen Uniform ebenso schlampig war wie seine Manieren, die Haustür der Gesandtschaft. »Bonsoir, M’selle.«
    »Bonsoir, M’sieur. Gute Nacht, Phillip, gute Nacht, Settry.« Als sich die Tür geschlossen hatte, lehnte sie sich einen Moment dagegen, um zur Besinnung zu kommen. Das Glück dieses Abends hatte sich in nichts aufgelöst. Statt dessen quälten sie wieder Gespenster. Als sie tief in Gedanken zu ihrer Suite ging, sah sie unter Seratards Tür noch Licht. In dem unvermittelten Gefühl, dies könnte eine perfekte Gelegenheit sein, ihn um ein kleines Darlehen zu bitten, blieb sie stehen, klopfte an und ging hinein. »Ach, André! Entschuldigen Sie, ich hatte M’sieur Henri erwartet.«
    »Der ist noch bei Sir William. Ich beende gerade eine Depesche für ihn.« André saß an Seratards Schreibtisch. Bei der Depesche ging es um Struan’s, deren eventuellen Waffenhandel mit den Choshu und die eventuelle Hilfestellung, die eine eventuelle französische Ehefrau ihrer im Entstehen begriffenen Rüstungsindustrie zu leisten vermochte. »Haben Sie sich gut amüsiert? Wie geht’s Ihrem Verlobten?«
    »Sehr viel besser, danke. Das Dinner war enorm, wenn man gern so etwas Schweres ißt. Ach, wären wir jetzt doch in Paris, nicht wahr?«
    »Ja.« Mein Gott, sie ist bettfähig, dachte er, und das erinnerte ihn an die schlimme, ansteckende Krankheit, die an ihm fraß.
    »Was ist?« erkundigte sie sich, erschrocken über seine plötzliche Blässe.
    »Nichts.« Er räusperte sich und rang um Selbstbeherrschung. »Ich fühle mich nicht ganz wohl – mehr nicht.«
    Er wirkte so verletzlich, so hilflos, daß sie beschloß, ihm noch einmal zu vertrauen. Also schloß sie die Tür, setzte sich zu ihm und erzählte ihm ihre Geschichte. »Was soll ich nur tun, lieber André? Ich kann kein Bargeld auftreiben … Was soll ich tun?«
    »Trocknen Sie Ihre Tränen, Angélique, die Antwort ist leicht. Morgen oder übermorgen werde ich mit Ihnen einkaufen gehen«, erklärte er, denn bei praktischen Dingen funktionierte sein Verstand stets

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