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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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einwandfrei. »Sie haben mich gebeten, mit Ihnen einkaufen zu gehen, nicht wahr, um ein Verlobungsgeschenk für M’sieur Struan auszusuchen. Goldene Manschettenknöpfe mit Perlen, und für Sie selbst ein paar Perlenohrringe.« Sein Ton wurde traurig. »Aber leider, leider haben Sie das eine Paar auf dem Heimweg vom Juwelier verloren – wir haben überall gesucht, doch ohne Erfolg. Schrecklich!«
    Der Blick seiner blaßbraunen Augen hielt sie fest. »Inzwischen bekommt die Mama-san ihre heimliche Bezahlung, ich werde dafür sorgen, daß das Paar die Medizin und alle anderen Unkosten mehr als deckt.«
    »Sie sind wundervoll!« stieß sie hervor und umarmte ihn. »Wundervoll! Was würde ich bloß ohne Sie anfangen?« Abermals umarmte sie ihn, dankte ihm; dann tänzelte sie zum Zimmer hinaus.
    Er starrte lange auf die geschlossene Tür. Jawohl, es wird die Kosten der Medizin decken, dazu meine zwanzig Louis sowie andere Unkosten, falls ich das beschließe, dachte er, sonderbar unruhig. Arme Kleine, so leicht zu manipulieren. Immer tiefer verstrickst du dich in dieses Netz. Ist dir nicht klar, daß du jetzt auch zur Diebin und zu noch Schlimmerem geworden bist? Du bist eine Kriminelle, die vorsätzlich ein Verbrechen plant.
    Und du, André, bist ihr Helfershelfer.
    Er lachte laut auf, aber es war ein böses Lachen. Beweist es doch! Wird sie vor Gericht von ihrer Abtreibung sprechen? Wird die Mama-san gegen mich aussagen? Wird das Gericht der Tochter eines Verbrechers glauben oder mir?
    Nein, aber Gott wird alles wissen, und bald wirst du vor IHM stehen.
    Ja, und ER wird wissen, daß ich viel Schlimmeres getan habe. Und sogar noch Schlimmeres plane.
    Tränen rannen ihm übers Gesicht.
    »Ayeeyah, Miss’ee«, sagte Ah Soh, während sie versuchte, Angélique auszukleiden, die aber nicht stillhalten wollte, denn nachdem ihre unmittelbaren Probleme gelöst waren, hatte sich ihre Stimmung wieder gehoben. »Miss’ee!«
    »Ach, na schön. Aber beeil dich!« Während sie weiterhin eine fröhliche Polka summte, blieb Angélique vor ihrem Bett stehen. Beim Licht der Öllampe wirkte das Zimmer femininer und freundlicher als bei Tag; die Glasfenster standen, bei geschlossenen Läden, leicht angelehnt.
    »Miss’ee gutt amüsier heya?« Geschickt begann Ah Soh die Taillenschnüre der Krinoline zu lösen.
    »Gut, ja. Danke«, antwortete Angélique höflich, obwohl sie die Dienerin nicht besonders mochte. Ah Soh war eine breithüftige Frau mittleren Alters, eine schlichte Dienerin und keine Amah. »Aber sie ist so alt, Malcolm. Könntest du mir nicht eine jüngere, hübschere suchen, eine, die vielleicht auch mal lacht?«
    »Gordon Chen, unser Comprador, hat sie ausgesucht, Angel. Er garantiert, daß sie absolut vertrauenswürdig ist; sie kann dir die Haare bürsten, dich baden, sich um deine europäischen Kleider kümmern, und außerdem ist sie mein Geschenk für dich, solange sie in Japan bei dir ist…«
    Die Schnüre waren gelöst, die Krinoline fiel zu Boden; anschließend tat Ah Soh das gleiche mit dem Unterrock und schließlich mit dem ausladenden Gestell aus Fischbeinreifen und Metall, das der Krinoline die Fülle verlieh. Lange Pantalons, Seidenstrümpfe, ein kurzes Unterhemd und der fischbeinversteifte Schnürleib, der ihre zwanzig Zoll breite Taille auf achtzehn Zoll zusammenzwängte und ihre Brüste modisch hervorhob. Als die Dienerin den Schnürleib löste, stieß Angélique einen tiefen, erleichterten Seufzer aus, trat aus dem Haufen Stoff heraus und warf sich aufs Bett, wo sie sich wie ein Kind weiter ausziehen ließ. Gehorsam hob sie beide Arme, damit Ah Soh ihr das geblümte Nachthemd überziehen konnte.
    »Setzen, Miss’ee.«
    »Nein, nicht heute. Mein Haar kann warten.«
    »Ayeeyah, mo’gen nicht gutt!« Ah Soh schwang die Bürste.
    »Na schön.« Seufzend kletterte Angélique aus dem Bett, setzte sich vor die Frisiertoilette und ließ sich die Nadeln aus den Haaren ziehen, damit Ah Soh mit dem Bürsten beginnen konnte. Es tat ihr gut. Wie klug der gute André doch ist! Er macht alles immer so einfach. Jetzt bekomme ich so viel Geld, wie ich will – oh, wie fabelhaft klug er doch ist!
    Von Zeit zu Zeit ließ eine wohltuende Brise von See her die Läden knarren. Einhundert Meter entfernt, hinter der Promenade, liefen Wellen an den kiesigen Strand, flossen ab und kamen mit einem leichten Geräusch zurück, das wieder einmal eine angenehme Nacht verhieß. Die Flotte war bei Einbruch der Abenddämmerung ausgelaufen.

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