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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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besaßen.
    Seine Gedanken schweiften ab. Der dritte Älteste war rundlich mit einem Puttengesicht und femininen Händen, und nur der letzte war wirklich alt und grau, mit hagerem Gesicht und einer schlimmen Narbe auf der linken Wange. Alle waren knapp über einssechzig groß, und nur die flügelähnlichen Übermäntel, die weiten Hosen und die hohen, unter dem Kinn gebundenen Lackhüte sowie ihre regungslose Würde bewirkten, daß sie Eindruck machten.
    Jetzt sagte der japanische Dolmetscher auf holländisch: »Die roju, der Ältestenrat des Shōgunats, heißt die ausländischen Repräsentanten willkommen und wünscht, daß sie, wie vereinbart, ihre Dokumente vorlegen.«
    Sir William seufzte; er war von dem leeren Stuhl fasziniert. »Na schön, Johann, fangen wir an. Fragen Sie, ob wir nicht warten sollten, bis uns der Shōgun mit seiner Anwesenheit beehrt.«
    Dies wurde ins Holländische und ins Japanische übersetzt, dann folgten Diskussionen, dann gab wieder Yoshi, der junge Älteste, eine Erklärung ab, die langsam und gewissenhaft ins Holländische und ins Englische übersetzt wurde. »Im wesentlichen und ohne das übliche Palaver, Sir William, hat der Sprecher gesagt, der Shogun werde nicht zu dieser Sitzung erwartet, sie werde nur mit den roju stattfinden. Der Shōgun werde später erscheinen.«
    »Das war nicht verabredet, und ich weise abermals daraufhin, daß regierungsamtliche Akkreditierungen ausschließlich dem Staatsoberhaupt präsentiert werden, in diesem Fall dem Shōgun, und daß wir daher nicht fortfahren können.«
    Hin und her ging es, doch dann hieß es zum Mißvergnügen des Gesandten: »Der Älteste sagt, der Shōgun habe dringend nach Kyōto reisen müssen und bedauere, nicht das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft haben zu können etc. aber Sie könnten den roju Ihre Beglaubigungsschreiben überreichen, da diese berechtigt sind, sie entgegenzunehmen.«
    Hin und her, während Sir Williams Ärger sich zu unübersehbarem Zorn vertiefte und immer mehr Zeit verging; dann wurde Sir William von einem knienden Beamten eine Schriftrolle präsentiert, dicht bedeckt mit Schriftzeichen und schweren Siegeln und behandelt, als sei es der Heilige Gral. »Phillip, können Sie das hier lesen?«
    »Ich… Nein, tut mir leid, Sir.«
    »Kein Grund zur Beunruhigung.« Seufzend wandte sich Sir William an die anderen. »Dies ist äußerst ungehörig.«
    »Ja«, bestätigte von Heimrich kalt.
    »Inakzeptabel«, stimmte Graf Alexej Sergejew zu.
    »Ein gefährlicher Präzedenzfall«, sagte Adamson.
    »Es ist allerdings höchst ungewöhnlich«, stellte Seratard auf französisch fest, »und sie haben uns den Shōgun versprochen. Aber könnten wir nicht, nur dieses eine Mal, ihrer Bitte stattgeben, eh, meine Freunde?« Er hütete sich, die eigene Verärgerung durchblicken zu lassen, sondern sprach in kühlem, gelassenem Ton, wie es ihm André Poncin, als sie den Raum betraten, vorsichtig flüsternd geraten hatte, um dann noch hinzuzusetzen: »Seien Sie vorsichtig, Henri, der roju- Sprecher ist derselbe Bakufu-Beamte, dem ich… wir nach den letzten Verhandlungen das Angebot gemacht haben, ein Kriegsschiff zu besichtigen – erinnern Sie sich? Mon Dieu, ich hab mir zwar gedacht, daß er wichtig ist, aber ein Ältester! Wenn wir ihn auf Frankreichs Seite ziehen könnten, wäre das ein wundervoller Coup…«
    Graf Sergejew sagte: »Ein Einverständnis würde ein bedauerliches Präzedens schaffen.«
    »Es wäre ja nur für diese eine Besprechung. Ja?«
    »Es spielt keine Rolle, das ist Wind über den Arsch der Kuh«, sagte Erlicher, der Schweizer. »Machen wir weiter.«
    Sie diskutierten. Tyrer lauschte, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch unauffällig auf die Ältesten, denn er war von ihnen fasziniert und wollte diese seltene Gelegenheit nutzen, um in einem Minimum an Zeit ein Maximum an Informationen über sie zu sammeln. Sein Vater hatte ihm von Kindesbeinen an gepredigt: »Bei jeder Besprechung mußt du die Hände und Füße deines Gegners beobachten, die sind verräterisch; Augen und Gesichter auch, doch die sind leichter unter Kontrolle zu halten. Konzentriere dich! Beobachte, aber verstohlen, sonst werden die Hinweise auf das, was er oder sie wirklich denkt, verschleiert werden. Vergiß nicht, mein Sohn, daß jeder Mensch übertreibt, daß jeder Mensch mehr oder weniger lügt.«
    Die Hände und Füße des dunklen Ältesten mit dem unsteten Blick zuckten ständig, kleine, nervöse Bewegungen; die des jungen Ältesten

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