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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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wurde das Fenster wieder geschlossen. Er packte sein Schwert fester, dann öffnete er ihre Tür, um sich zu vergewissern, daß sie es wirklich war und daß sie allein war. In seiner Kinderzeit schon hatte ihm der Vater das wichtigste Überlebensgesetz eingehämmert, Wort für Wort: »Wenn du hinterrücks überrascht, hinterrücks verraten, hinterrücks getötet wirst, hast du deine Pflicht mir und dir selber gegenüber vernachlässigt. Und es ist ganz allein deine Schuld, weil du vergessen hast, dich persönlich zu überzeugen und allen Eventualitäten vorzubeugen. Für Versagen gibt es keine Entschuldigung außer dem Karma – und die Götter existieren nicht!«
    Ein flüchtiges, beruhigendes Lächeln für sie. Dann schloß er die Tür und vergewisserte sich, daß die zweite Sänfte leer war und ihm zur Verfügung stand, falls er sie brauchte. Zufrieden gab er das Zeichen zum Aufsitzen. Das alles geschah in einer fast perfekten Stille, die ihn wiederum erfreute, denn er hatte befohlen, Waffen und Pferdegeschirre ebenfalls zu umwickeln. Eine letzte, lautlose Kontrolle, aber er spürte keine Gefahr. Das neue Gewehr steckte in einem Sattelholster, die Patronentasche war gefüllt, die anderen vier Gewehre hingen auf dem Rücken seiner zuverlässigsten Schützen. Geräuschlos schwang er sich in den Sattel. Ein weiteres Zeichen. Die Vorhut und der Bannerträger mit seiner persönlichen Standarte setzten sich in Bewegung. Er folgte, dann kamen die beiden Sänften, und die übrigen nahmen ihren Platz als Nachhut ein.
    Sie kamen schnell und fast lautlos vorwärts. Durch eine Passage in die nächste Befestigung, abseits des Haupttors und der Hauptdurchgänge. An jedem Kontrollpunkt wurden sie ohne Anruf durchgewinkt. Statt in das Labyrinth der eigentlichen Burg abzubiegen, hielten sie auf ein großes Gebäude auf der Nordseite zu, das an einer der größten Befestigungen lag. Von außen wurde es schwer bewacht. Kaum jedoch war Yoshi erkannt worden, schwangen die hohen Tore auf, um den Zug durchreiten zu lassen. Drinnen gab es einen großen, umschlossenen Reitring aus gestampfter Erde mit einer hochgewölbten Decke und oben einen zweiten Ring von Balkonen zum Zuschauen. Hier und da ein paar Fackeln. Das Tor fiel hinter ihnen ins Schloß.
    Yoshi ritt in leichtem Galopp nach vorn und führte sie entschlossen durch den Torbogen auf der anderen Seite. Alle Ställe und Sattelkammern, an denen sie vorbeikamen, waren leer. Der Boden war mit Kopfsteinen gepflastert, die Luft war dick vom Geruch nach Dung, Urin und Schweiß. Hinter dem Torbogen begann wieder die gestampfte Erde, und ein weiterer Torbogen führte zu einem inneren, kleineren Ring. Auf der anderen Seite lag ein matt beleuchteter Torbogen. Yoshi gab seinem Pferd die Sporen; dann zügelte er es unvermittelt.
    Der obere Ring war angefüllt mit stummen Bogenschützen. Keiner hatte einen Pfeil eingelegt, aber alle im unteren Ring wußten, daß sie tot waren – sobald der entsprechende Befehl gegeben wurde.
    »Ah, Yoshi-sama«, kam Nori Anjos rauhe Stimme aus dem Halbdunkel oben, und es dauerte einen Moment, bis Yoshi ihn ausmachen konnte. Dann sah er ihn. Unbewaffnet saß er ganz hinten auf dem Balkon neben der Treppe. »Bei der Sitzung heute nachmittag haben Sie uns gar nichts davon erzählt, daß Sie die Burg mit Bewaffneten verlassen wollen wie… ja, wie? Wie Ninja?«
    Ein ärgerliches Raunen lief durch die Reihen von Yoshis Männern, aber er lachte und löste damit die Spannung unten und oben. »Nicht Ninja, Anjo-sama, obwohl wir natürlich so lautlos wie möglich sind. Es zahlt sich aus, die Verteidigungsanlagen ohne Vorwarnung zu kontrollieren. Ich bin nicht nur Vormund des Shōgun, sondern auch Hüter der Burg. Und Sie? Welchem Umstand verdanke ich dieses Vergnügen?«
    »Sie kontrollieren die Verteidigungsanlagen?«
    »Ich töte drei Tauben mit einem Pfeil, jawohl.« Yoshis Stimme war so ernst geworden, daß es alle kalt überlief und sie sich fragten, warum drei, und was er denn meine. »Und Sie? Warum so viele Bogenschützen? Für einen Hinterhalt vielleicht?«
    Das rauhe Gelächter, das durch die Dachbalken hallte, machte alle noch nervöser. Alle packten ihre Waffen fester, doch keiner machte eine wahrnehmbare Bewegung. »Hinterhalt? O nein, kein Hinterhalt, sondern eine Ehrengarde. Als ich hörte, daß Sie eine Patrouille mit umwickelten Hufen planten … Diese Männer sind nur hier, um Sie zu ehren und Ihnen zu zeigen, daß wir nicht alle schlafen, daß die

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