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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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steckte er sein Gewehr wieder ins Holster.
    Ohne dich, Gewehr-san, dachte er liebevoll, wäre ich jetzt ein toter Mann oder zumindest ein Gefangener. Manchmal sehe ich ein, daß ein Gewehr wirklich besser ist als ein Schwert. Du hast dir einen Namen verdient: Es war uralter Shinto-Brauch, bestimmten Schwertern oder Waffen, ja sogar Steinen oder Bäumen Namen zu geben. Ich werde dich ›Nori‹ nennen, das kann auch ›Seetang‹ bedeuten und ist ein Scherz über Nori Anjo, um mich daran zu erinnern, daß du mich vor ihm gerettet hast und daß eine deiner Kugeln für ihn bestimmt ist, in sein Herz oder in seinen Kopf.
    »Eeee, Herr«, sagte sein Hauptmann, der neben ihm ritt. »Ihr Schuß war ein wundervoller Anblick.«
    »Danke, aber da Sie und alle Männer Befehl haben zu schweigen, bis ich Ihnen die Erlaubnis zum Sprechen erteile, sind Sie degradiert. Begeben Sie sich nach hinten.« Zutiefst zerknirscht ritt der Mann davon. »Sie«, wandte sich Yoshi an den stellvertretenden Kommandeur, »sind hiermit zum Hauptmann befördert.« Damit wandte er sich im Sattel um und ritt wieder voran.
    Die Luft im Tunnel war abgestanden. Dies war eine der vielen Fluchtrouten, von denen die Burg durchzogen war. Der Bau der Burg hatte nur vier Jahre gedauert: Auf Shōgun Toranagas Anweisung hatten fünfhunderttausend Mann Tag und Nacht daran gearbeitet.
    Der Boden des Tunnels, der sich nach unten neigte, wand sich immer wieder hierhin und dahin; die Seitenwände waren teils aus dem Fels gehauen, teils grob mit Ziegeln verblendet, die Decke war gelegentlich abgestützt, aber in gutem Zustand. Immer weiter ging es hinab, doch ohne Gefahr. Als dann Wasser von den Wänden tropfte und die Luft kühler wurde, wußte Yoshi, daß sie unter dem Burggraben waren. Er zog seinen Umhang enger um sich. Er haßte den Tunnel, weil er stark unter Klaustrophobie litt, ein Andenken an die Zeit, da er mit seiner Frau und seinen Söhnen vor gar nicht so langer Zeit fast ein halbes Jahr lang von taikō Ii in kerkerähnlichen Räumlichkeiten festgehalten worden war. Nie wieder werde ich mich einsperren lassen, hatte er sich damals geschworen. Niemals wieder!
    Mit der Zeit führte der Tunnel wieder aufwärts, und sie hatten das Ende erreicht, das sie in ein Haus führte. Es war das sichere Haus eines loyalen Toranaga-Vasallen, der sie – rechtzeitig benachrichtigt – bereits erwartete. Zutiefst erleichtert darüber, daß es nicht abermals Ärger gab, wies Yoshi die Vorhut an vorauszureiten.
    Die Nacht war angenehm, während sie auf kaum bekannten Pfaden durch die Stadt trabten, bis sie in die Außenbezirke kamen und die erste Tokaidō-Sperre erreichten. Als die feindselig eingestellten Posten die Toranaga-Standarte sahen, wurden sie sofort unterwürfig. Hastig öffneten sie die Sperre, verneigten sich tief und schlossen sie wieder, allesamt neugierig, aber keiner dumm genug, Fragen zu stellen.
    Nicht weit hinter der Barrikade gabelte sich die Straße. Ein Nebenweg schlängelte sich landeinwärts auf die Berge zu, der ihn nach einem normalen Drei-bis-vier-Tage-Ritt zum Drachenzahn, seiner heimatlichen Burg, bringen würde. Freudig bog die Vorhut in diesen Weg ein: Es ging nach Hause, in sowohl seine als auch ihre Heimat, die meisten von ihnen hatten Familie, Verlobte oder Freunde seit mehr als einem halben Jahr nicht gesehen. Als sie sich nach einer halben League einem Dorf näherten, wo es eine gute Tränke und eine heiße Quelle gab, rief er laut: »Wache!« und winkte sie zu sich zurück.
    Der neue Hauptmann der Eskorte zügelte sein Pferd neben ihm und hätte beinah »Sire?« gesagt, hielt sich aber rechtzeitig zurück. Er wartete.
    Yoshi deutete auf das Haus. »Hier machen wir halt.« Es hieß die Herberge ›Zu den sieben Jahreszeiten des Glücks‹. »Kein Grund zum Schweigen mehr.«
    Der Hof war ordentlich und sauber und mit Kopfsteinen gepflastert. Der Wirt, geehrt durch die hohe Stellung des bereits erwarteten Gastes, kam mit einigen Dienerinnen und Dienern herausgeeilt und verneigte sich zuvorkommend. Die Dienerinnen umringten die Sänfte, um sich um Koiko zu kümmern, während der Wirt, ein kahlköpfiger, schlanker alter Mann, der ein wenig hinkte, Yoshi in die beste und abgelegenste Gästehütte führte. Er war ein Samurai im Ruhestand, der sich dafür entschieden hatte, den Haarknoten abzuschneiden und Wirt zu werden. Insgeheim war er noch immer ein hata-moto – privilegierter Samurai –, einer von Yoshis zahlreichen Spionen, die auf die

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