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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sich, versuchen zu schlafen, je entspannter Sie sind, desto einfacher ist es. Wenn die… die Krämpfe einsetzen, trinken Sie die zweite und letzte Flasche, essen etwas Honig oder Schokolade, dann trinken Sie langsam den Rest des Aufgusses – langsam trinken, nicht runterkippen. Die Krämpfe werden stärker werden, und dann…, dann sollte es anfangen zu… Die Mama-san sagt, es würde wie eine starke Monatsblutung sein, also… also halten Sie ein… ein Handtuch bereit.« Wieder benutzte er sein Taschentuch. »Stickig hier drin, nicht wahr?«
    »Es ist kalt, und Sie brauchen nicht nervös zu sein.« Sie entkorkte eine der beiden Flaschen, roch daran und krauste die Nase. »Schlimmer als ein Pariser Pissoir im August.«
    »Werden Sie auch die Reihenfolge nicht vergessen?«
    »Nein, nein. Keine Sorge, ich…«
    Es klopfte; hastig raffte sie die beiden Flaschen und das Kräuterpäckchen zusammen und stopfte sie in ihren Retikül. »Herein«, sagte André.
    Dr. Babcott füllte die Türöffnung aus. »Ah, Angélique, der Diener sagte mir, daß Sie hier sind. Ich bin nur hergekommen, um zu sehen, ob ich Sie kurz sprechen kann. Guten Abend, André.«
    »Guten Abend, M’sieur.«
    »Äh, Doktor, es geht mir wirklich gut«, beteuerte sie, während sie sich unter seinem durchdringenden Blick innerlich wand. »Kein Grund zur…«
    »Wollte nur Ihre Temperatur kontrollieren, Ihren Puls zählen und nachsehen, ob Sie ein Schlafmittel brauchen. Immer gut, wenn man sich vergewissert.« Und als sie protestieren wollte, setzte er energisch, doch freundlich hinzu: »Es ist besser, wenn ich mich vergewissere, es ist sicherer und dauert nur eine Minute.«
    »Dann kommen Sie.« Sie verabschiedete sich von André und ging durch den Korridor zu ihrer Suite voraus. Ah Soh wartete im Boudoir. »Ah Soh«, sagte Babcott höflich auf kantonesisch, »bitte, kommen Sie zurück, wenn ich Sie rufe.«
    »Gewiß, Ehrenwerter Doktor.« Gehorsam ging sie hinaus.
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie Chinesisch sprechen, George«, sagte Angélique, als er sich zu ihr setzte und ihren Puls zu zählen begann.
    »Das war Kantonesisch, die Chinesen sprechen nicht alle dieselbe Sprache, Angélique, sondern Hunderte von verschiedenen, obwohl sie nur eine einzige Schrift haben, die sie alle verstehen. Merkwürdig, nicht?«
    Wie dumm von ihm, mir zu erklären, was ich längst weiß, dachte sie ungeduldig und hätte ihm am liebsten zugeschrien: Beeilen Sie sich! Als wäre ich nicht in Hongkong gewesen, als hätten Malcolm und alle anderen mir das nicht schon hundertmal gepredigt – als hätte ich vergessen, daß Sie die Ursache meines Unglücks sind!
    »Hab ich gelernt, als ich in Hongkong war«, fuhr er zerstreut fort, fühlte ihre Stirn, ertastete den Puls an ihrem Handgelenk und stellte fest, daß ihr Herz raste und ihre Stirn von einem leichten Schweißfilm bedeckt war – kein Grund zur Besorgnis, in Anbetracht dessen, was sie durchgemacht hatte. »Ein paar Worte hier und da. Ich war zwei Jahre lang am General Hospital – so ein Krankenhaus könnten wir hier wahrhaftig auch gebrauchen.« Seine Fingerspitzen ruhten leicht auf ihrem Puls. »Die chinesischen Ärzte glauben, daß es sieben Ebenen des Herz- oder Pulsschlags gibt. Wie sie behaupten, können sie sie ertasten, indem sie immer tiefer sondieren. Das ist ihre wichtigste Diagnosemethode.«
    »Und was hören Sie von meinen sieben Herzen?« fragte sie impulsiv, genoß die Wärme seiner heilenden Hände und wünschte, sie könnte ihm vertrauen. Noch nie hatte sie solche Hände, noch nie ein so gutes Gefühl gespürt, das von ihnen auszustrahlen schien und sie beruhigte.
    »Ich höre nichts als gute Gesundheit«, entgegnete er und fragte sich, ob etwas dran war an der Theorie von den sieben Pulsen. Während seiner Jahre in Asien hatte er bemerkenswerte Erkenntnisse und Heilungen durch chinesische Ärzte erlebt. Zusammen mit einer Fülle abergläubischem Unsinn, dachte er. Die Welt ist seltsam, aber die Menschen sind noch seltsamer. Wieder musterte er sie eingehend. Seine Augen waren grau, sein Blick offen und freundlich. Aber es lagen Schatten darin, die ihr nicht entgingen.
    »Was beunruhigt Sie dann?« fragte sie, unvermittelt fürchtend, daß er ihren wahren Zustand erkannt hatte.
    Er zögerte; dann zog er ein Stück Seidenpapier aus der Tasche. Darin eingewickelt war ihr kleines Goldkreuz. »Das hier gehört Ihnen, glaube ich.«
    Zutiefst erschrocken starrte sie es an. Ihre Lippen waren trocken und

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