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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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andere Möglichkeit.«
    »Welche?«
    »Dazu ist später Zeit genug.« Zuversichtlich tätschelte Raiko die Seide. »Mehr als dies wird sicher nicht nötig sein.«

28
    »Verstehen Sie, Angélique?«
    »Ja, André«, versicherte sie, das Seidenpäckchen nicht aus den Augen lassend. Hier auf dem Schreibtisch lag ihre Rettung. Obwohl die Bürotür geschlossen war, sprachen sie vorsichtshalber mit gedämpfter Stimme.
    Eine Uhr schlug zehn Uhr abends.
    Beunruhigt sah er sie an. »Die Mama-san hat mir gesagt, es wäre besser, wenn Ihre Dienerin dabei wäre.«
    »O nein, unmöglich, André. Ich traue Ah Soh nicht, und auch keinem anderen. Haben Sie ihr das nicht erklärt?«
    »Ja, aber das hat sie nun mal gesagt.« Auf der anderen Seite des Korridors hörten sie gedämpftes Männerlachen – Seratard, Vervene, Dimitri und ein paar französische Offiziere – beim Dîner, das sie gerade verlassen hatte, weil sie angeblich müde war und früh zu Bett gehen wollte. Wie verabredet, hatte sie auf dem Weg zu ihrer Suite ›zufällig‹ André in seinem Büro sitzen sehen. »Wir sollten… wir sollten lieber nachsehen, ob alles da ist.«
    Er machte keine Anstalten, das Päckchen zu öffnen, sondern spielte nervös mit einer Ecke des Seidentuchs. »Wenn Ah Soh Ihnen nicht helfen kann, wer… wer wird die… Flaschen und Kräuter beseitigen, und… Sie können das doch nicht einfach herumliegen lassen. Wer soll aufräumen?«
    Sekundenlang vermochte sie nicht zu denken, denn dieses Problem hatte sie dummerweise nicht berücksichtigt. »Ich… Ich brauche keine Hilfe, es wird kein… nichts geben, außer den Flaschen und Kräutern… und Handtüchern. Ah Soh kann ich nicht trauen, das liegt auf der Hand, und auch sonst keinem, nur Ihnen. Ich werde keine Hilfe brauchen.« Ihre Ungeduld, mit der Behandlung zu beginnen und das alles endgültig hinter sich zu bringen, dämpfte die Probleme, die in ihrem Kopf kreisten. »Keine Sorge, ich werde meine Tür verriegeln und… und ihr sagen, daß ich lange schlafen will und daß sie mich nicht stören soll. In ein paar Stunden, bis zum Morgen, müßte alles vorüber sein, ja?«
    »So Gott will, ja. Das hat die Mama-san mir jedenfalls gesagt. Ich finde immer noch, daß Sie Ah Soh riskieren sollten.«
    »Sie können nicht klar denken, nein. Sie sind der einzige, dem ich trauen kann. Klopfen Sie morgen früh an meine Tür – so.« Sie klopfte erst dreimal, dann einmal auf den Tisch. »Ich werde nur Ihnen persönlich öffnen.« Ungeduldig öffnete sie das Seidenpäckchen. Es enthielt zwei kleine, verkorkte Flaschen und ein Päckchen Kräuter. »Die eine Flasche trinke ich jetzt gleich, und dann…«
    »Mon Dieu, nein!« protestierte er, mit Nerven, die genauso gespannt waren wie die ihren. »Sie müssen alles genau in der vorgeschriebenen Reihenfolge tun, Angélique. Zunächst geben Sie die Kräuter in den Topf mit heißem Wasser, den Sie sich bestellt haben. Dann trinken Sie zunächst eine Flasche, und zwar schnell. Und keine Sorge, wenn’s widerlich schmeckt, trinken Sie den grünen Tee mit Honig hinterher, oder Sie essen etwas Süßes, das den Geschmack wegnimmt.«
    »Ich habe etwas Schweizer Schokolade, die mir M’sieur Erlicher mitgebracht hat. Wird das genügen?«
    »Aber gewiß.« Mit einem Taschentuch wischte er sich den Schweiß von den Händen, denn seine Phantasie gaukelte ihm alle möglichen gespenstischen Bilder vor. »Wenn der Kräuteraufguß lauwarm ist, sagen wir, nach einer halben Stunde, trinken Sie die Hälfte davon – auch das wird nicht besonders gut schmecken. Danach entspannen Sie sich und warten, schlafen.«
    »Wird es irgendeine Reaktion geben, werde ich schon etwas spüren?«
    »Nein, das hab ich Ihnen doch schon gesagt, nein! Wie die Mama-san sagte, wird erst einige Stunden später etwas geschehen, es sollte so etwas wie ein… ein starker Bauchkrampf sein.« Je mehr er darüber sprach, desto weniger gefiel es ihm, darin verwickelt zu sein. Wenn nun etwas schiefging? Mon Dieu, ich hoffe, es kommt nicht zu einem zweiten Mal, dachte er unangenehm berührt und versuchte, das Schlimme – und Peinliche – zu ignorieren.
    »Es sollte so etwas wie ein Bauchkrampf sein«, erklärte er und schwitzte noch stärker. »Das ist der Anfang, Angélique, ein Krampf. Ich wiederhole: Sie trinken die erste Flasche, dann trinken Sie langsam die Hälfte des Aufgusses, die Hälfte, vergessen Sie nicht, daß Sie alles in der vorgeschriebenen Reihenfolge tun müssen; dann entspannen Sie

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