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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Rücken zu mir, und macht die Augen zu – alle! Bindet euch Tücher um die Augen!«
    Sie gehorchten. Sofort.
    Saigo war neunzehn, hochgewachsen und kräftig gebaut, mit einem derben, hübschen Gesicht; er trug, ganz ähnlich wie die Samurai in der Herberge, eine kurze, dunkle Tunika, eine Kniehose, zwei Schwerter, Strohsandalen und keine Rüstung. Als er sicher war, daß die Bauern blind gehorchten, setzte er sich neben die Tür, spähte durch Risse im Fensterpapier hinaus und begann zu warten.
    Deutlich erkannte er die Straßensperre und die Wachhäuser. Da die Sonne noch nicht unterging, war die Sperre für Nachzügler noch offen. Er und seine Männer hatten viele Tage gebraucht, um dieses Haus zu finden, das sich vorzüglich für ihre Zwecke eignete. Die Hintertür führte in ein Labyrinth von Gassen und Pfaden, perfekt für einen schnellen Rückzug. An diesem Nachmittag, sobald der Shōgun mit seiner Begleitung die Sperre passiert hatte, war er überraschend hier eingedrungen.
    Schritte. Er lockerte das Schwert; dann entspannte er sich. Ein zweiter junger Mann kam lautlos herein, unmittelbar gefolgt von einem dritten aus einer anderen Richtung. Bald befanden sich sieben weitere im Raum. Vor der Tür stand ein Mann Wache, ein anderer an der Ecke der Gasse, die in die Tokaidō mündete, während ein elfter, der sich im Dorf versteckte, als Kurier dienen sollte, der die frohe Erfolgsbotschaft sogleich zu Katsumata nach Kyōto bringen und dadurch den Überfall auf Ogama und die Tore auslösen sollte. Alle waren sie zähe junge Männer, gekleidet wie er, ohne Rüstung und Identifizierungsmöglichkeit, ehemalige Goshi – der niedrigste Samurai-Rang –, jetzt Ronin, alle mehr oder weniger im selben Alter, zwanzig bis zweiundzwanzig. Nur Saigo, neunzehn, und Tora, siebzehn, sein Satsuma-Stellvertreter, waren jünger. Der Luftzug, der durch die Risse im Fenster kam, ließ sie erschauern – das und die eigene Nervenspannung.
    Durch Zeichen forderte er sie auf, ihre Schwerter, Shuriken und anderen tödlichen Waffen zu überprüfen – während des gesamten Unternehmens waren Worte überflüssig. Alles, was vorausgeplant werden konnte, war schon vor Tagen beschlossen worden. Ein kurzer Blick zum Fenster hinaus. Die Sonne berührte den Horizont, der Himmel war klar. Es wurde Zeit.
    Feierlich verneigte er sich vor ihnen und sie sich vor ihm.
    Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Bauern zu. »Draußen werden drei Mann Wache halten«, erklärte er barsch. »Ein einziges Geräusch von euch, bis ich zurück bin, und sie werden euer Haus niederbrennen.«
    Wieder wimmerte der alte Mann.
    Saigo winkte den anderen, und sie folgten ihm. Ebenso der Wachtposten draußen und der andere an der Ecke. Nun gab es kein Zurück mehr. Die Buddhisten hatten vor einem Schrein ein letztes Gebet gesprochen, die Shinto einen letzten Räucherstab entzündet, um ihren Geist mit dem dünnen Rauchfaden zu vereinen, der die Zerbrechlichkeit des Lebens symbolisierte. Alle hatten ihre Todesgedichte geschrieben und sie sich auf die Vorderseite ihrer Tuniken genäht. Stolz hatten sie ihre richtigen Lehen angegeben, nur die Namen waren immer noch falsch.
    Draußen teilten sie sich zu Paaren, die jeweils eine andere Route einschlugen. Sobald sie in ihrer Position waren, kauerten sie sich in Sichtweite voneinander in die wuchernde Vegetation an der Einzäunung hinter der Herberge. Saigo befand sich an der Südostecke. Der Zaun war drei Meter hoch und sehr stabil aus Riesenbambusstangen mit scharfen Spitzen konstruiert worden. Inzwischen verloren die Schatten im nachlassenden Licht ihre Form. Warten. Herzklopfen, feuchte Handflächen, das kleinste Geräusch eine feindliche Patrouille. Ein merkwürdiger, starker Geschmack im Mund. Stechende Schmerzen in den Lenden. Irgendwo in der Nähe begann eine Grille mit ihrem durchdringenden Paarungsruf, der Saigo an sein Todesgedicht erinnerte:
    Eine Grille mit ihrem freudigen Lied
Stirbt dennoch rasch.
Besser von Freude erfüllt als traurig.
    Er spürte, wie sich ein Schleier vor seinen Augen bildete, als würde sich der Himmel mit Dunst bedecken. Es war schön, so glücklich zu sein und dennoch so traurig.
    Drinnen, hinter dem Zaun, hörte er die Stimmen von Dienstboten, Dienerinnen, gelegentlich einem Samurai, das Klappern des Metallgeschirrs im nahen Küchentrakt. In der Ferne ertönte ein Samisen, von Gesang begleitet. Warten. Schweiß trat auf Saigos Gesicht. Dann hörte er, kaum wahrnehmbar, das sich

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