Noble House 02 - Gai-Jin
wunderbare Ehefrau sein, was auch immer das Problem mit ihrem Vater ist.«
Malcolm errötete. »Von ihm wissen Sie auch?«
Die Falten in Sir Williams Gesicht vertieften sich. »Die französischen Beamten in Siam sind höchst besorgt«, sagte er zartfühlend. »Natürlich haben sie Henri informiert, der mir rechtmäßig Mitteilung machte, um uns um unsere Unterstützung zu bitten. Tut mir leid, aber das ist eine Angelegenheit von offiziellem Interesse. Sie müssen wissen, daß alles, was mit Noble House zu tun hat, von Interesse ist«, fügte er traurig hinzu, denn er mochte Malcolm. »Der Preis des Ruhms, nicht?«
»Falls… falls Sie irgend etwas hören, würde ich es gern vertraulich und als erster erfahren.«
»Ja, ich kann Sie auf dem laufenden halten. Vertraulich.«
Malcolm griff nach der Brandyflasche. »Möchten Sie bestimmt nichts?«
»Nein, danke.«
»Gibt es eine Antwort auf mein Problem?«
»Ich habe sie Ihnen gegeben.« Sir William sprach förmlich und unterdrückte eine plötzliche Gereiztheit. Als ob ein paar Monate wirklich eine Rolle spielten, das Mädchen ist nicht tot wie Wertinskaya oder auch nur annähernd so wundervoll! »Bald haben Sie Geburtstag, und Hongkong ist nur acht oder neun Tage entfernt. Natürlich sind Sie morgen um elf oder zu jeder anderen Zeit willkommen, aber das ist alles, worüber ich sprechen wollte. Gute Nacht, Malcolm, und nochmals danke für die Einladung.«
Es war nach Mitternacht. Malcolm und Angélique standen auf dem Flur vor ihren benachbarten Suiten und küßten sich leidenschaftlich. Sie versuchte, sich zurückzuhalten, aber seine Glut wärmte sie heute mehr als gestern, und in dieser Nacht war das Verlangen fast unerträglich. »Je t’aime«, murmelte sie und meinte es ernst.
»Je t’aime aussi, Angel.«
Sie küßte ihn wieder, suchend, und taumelte dann vom Rand des Abgrunds zurück. Sie hielt ihn fest, bis sie wieder zu Atem gekommen war. »Je t’aime, und es war ein herrlicher Abend.«
»Du warst wie Champagner.«
Sie küßte sein Ohr, umarmte ihn. Vor der Tokaidō hätte sie sich dazu auf die Zehenspitzen stellen müssen. Sie merkte das nicht, doch er merkte es. »Es tut mir so leid, daß jeder allein schlafen muß.«
»Mir auch. Aber nicht mehr lange«, sagte er. Abrupt wallte sein Schmerz wieder auf, aber er ertrug ihn noch einen Augenblick länger. »Also«, sagte er und schaute ihr tief in die Augen, »schlaf gut, mein Liebling.«
Ihre Lippen berührten sich und murmelten viele Male gute Nacht, dann war sie fort. Der Riegel an ihrer Tür wurde zugeschoben. Er nahm seine Krücken und schleppte sich in die eigenen Räume, glücklich und traurig, sorgenvoll und sorglos zugleich. Der Abend war ein Erfolg gewesen, Angélique zufrieden, seine Gäste hatten sich amüsiert, er hatte seine Enttäuschung über die Zerstörung seines Plans für sich behalten, hatte bei der Post sein Gesicht gewahrt und Jamie nicht gestattet, für ihn zu entscheiden.
Dieser Entschluß war richtig, dachte er, obwohl Dirk es besser gemacht hätte. Macht nichts, ich kann niemals wie er sein, aber er ist tot, und ich lebe, und Skye hat versprochen, eine Lösung für die neue Wendung meines Joss zu entwickeln. »Es muß eine Antwort geben, Tai-Pan«, hatte der Anwalt gesagt, »es muß eine Antwort geben. Ich werde mir etwas einfallen lassen, bevor ich nach Hongkong abreise, Sie werden diesen Beweis brauchen, was immer passiert.«
Seine Augen wanderten zur Verbindungstür, die in beiderseitigem Einvernehmen nachts ständig verriegelt war. Ich werde nicht an Angélique oder den Riegel oder daran denken, daß sie allein ist. Und auch nicht an meinen Mißerfolg bezüglich unserer Trauung. Das habe ich schon früh versprochen, und ich werde mich daran halten. Morgen ist auch noch ein Tag.
Die übliche halbe Karaffe Wein stand auf dem Nachttisch, zusammen mit einigen Früchten – Lychees und Mangos aus Nagasaki –, englischem Käse, kaltem Tee, einem Glas und der kleinen Flasche. Das Bett war aufgeschlagen, sein Nachthemd lag bereit. Die Tür öffnete sich. »Guten Abend, Tai-Pan.«
Es war Chen, sein Boy Nummer Eins mit dem breiten, strahlenden Lächeln, das er immer gemocht hatte – Chen hatte sich um ihn gekümmert, solange er denken konnte, schon als Ah Tok seine Amah gewesen war; beide waren absolut loyal, höchst besitzergreifend und lagen ewig miteinander in Streit. Chen war untersetzt und sehr stark, sein Zopf war üppig, und sein rundes Gesicht zeigte ein ständiges
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