Noble House 02 - Gai-Jin
besser. Diesmal müssen wir so tun, als seien wir hundertprozentig auf Seiten der Briten. Sie haben die Kriegsschiffe, wir haben keine. Diesmal müssen wir sie ermutigen, Krieg zu führen.«
»Warum?«
»Das habe ich von Tyrer, und der hat es von seinem hauseigenen Samurai Nakama. Henri, Tyrer hat in der kurzen Zeit, seit er hier ist, erstaunlich gut Japanisch gelernt. Er hat ein bemerkenswertes Talent dafür, also sollten wir ihn im Auge behalten und uns mit ihm anfreunden. Tyrer hat herausgefunden, daß dieser Anjo und Toranaga Yoshi sich nicht leiden können. Yoshi ist ein Adeliger wie Sie, während Anjo von einfacherer Herkunft ist.«
Es hatte ihn amüsiert zu sehen, wie Seratard sich bei der Schmeichelei aufblähte. »Wir ermutigen die Briten insgeheim, Anjo zu zerschmettern, distanzieren uns aber im letzten Moment von dem eigentlichen Konflikt, machen Yoshi zum Verbündeten, das müssen wir, und durch ihn wischen wir den Briten eins aus und werden hier zur wichtigsten ausländischen Vertretung.«
»Und wie machen wir das, André? Wie pflegen wir diesen Yoshi?«
»Überlassen Sie das nur mir«, hatte er gesagt und wieder darauf gesetzt, daß er durch Raiko, indem er sie mit erstklassigen Informationen und Geld versorgte, die richtigen Kontakte herstellen konnte, um an Yoshi heranzukommen. »Yoshi wird unser Schlüssel sein, um Japan aufzusperren. Wir werden etwas Geld investieren müssen, nicht viel. Aber in die richtige Tasche…« Und ein wenig davon in meine, hatte er innerlich gegluckst. »Dann garantiere ich für den Erfolg. Er wird unser Ritter in Schimmernder Rüstung sein. Wir werden ihm helfen, Sir Galahad zu werden, um Wee Willies König Artus zu ruinieren.«
Warum nicht, sagte er sich wieder, während er mit Tyrer, einer weiteren wichtigen Figur auf dem Schachbrett der französischen Diplomatie in Asien, auf der Promenade stand. Phillip wird…
Mein Gott! Fast hätte er laut losgelacht, als die Idee ihm durch den Kopf schoß: Falls Struan bei diesem Duell umkommt und Angélique frei wird, könnte sie dann nicht die Ginevra für diesen Jappo Yoshi werden? Warum nicht? Vielleicht würde ihm eine Abwechslung Spaß machen. Mit Raikos Hilfe würde Angélique vielleicht – denn sie wäre mittellos und daher verwundbar…
Schnell schob er den Gedanken als zu verstiegen beiseite, um ihn heute nacht noch ernstlich in Erwägung zu ziehen. »Phillip«, sagte er und wünschte sich, dieser möge ihn als seinen besten Freund betrachten. »Wenn wir unseren Vorgesetzten helfen könnten, zu einer entschlossenen Lösung zu kommen, und diese durchführten… eh?«
»Das wäre großartig, André.«
»Eines Tages wirst du hier Botschafter sein.«
Tyrer lachte. »Sei nicht albern.«
»Bin ich nicht.« Trotz der Tatsache, daß sie immer auf entgegengesetzten Seiten stehen würden, mochte er Tyrer wirklich. »In einem Jahr wirst du fließend Japanisch sprechen und schreiben, Wee Willie vertraut dir, und du hast die Trumpfkarte Nakama, die dir hilft. Warum also nicht?«
»Warum nicht?« sagte Tyrer mit einfältigem Grinsen. »Eine nette Idee zum Abschluß des Abends. Träum schön, André.«
Angélique war die einzige in der Niederlassung, die in dieser Nacht tief und fest schlief – Struans Bombe, gepaart mit Angst vor dem kommenden Krieg hier und in Europa und den daraus sich ergebenden Gefahren für die Geschäfte, hielt die meisten wach. »Als ob wir mit unserem eigenen Bürgerkrieg nicht schon genug Sorgen hätten«, murmelte Dimitri in seinem Zimmer im Cooper-Tillman-Haus in seine Kissen. Die Nachrichten von zu Hause wurden immer schlimmer, welche Seite man auch unterstützte, und er hatte Verwandte auf beiden Seiten.
Schreckliche Verlustzahlen auf beiden Seiten, Plünderungen und Brände und Greueltaten und Meutereien und Brutalitäten und Korruption und grauenhafte Tragödien. Ein Onkel hatte aus Maryland geschrieben, ganze Städte würden von Quantrells Raiders aus dem Süden und von Jayhawkers Raiders aus dem Norden in Brand gesteckt und geplündert, und inzwischen hätten die wichtigsten Leute im Norden sich selbst und ihre Söhne legal aus der Armee freigekauft: Der Krieg wird von den Armen, den Unterernährten, den Schlechtausgerüsteten und Halbverhungerten ausgekochten. Dies ist das Ende unseres Landes, Dimitri…
Sein Vater schrieb dasselbe aus Richmond: Wenn das noch ein Jahr dauert, wird nichts mehr übrig sein. Nichts. Schrecklich, es Dir zu sagen, mein geliebter Sohn, Dein Bruder Janny
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