Noble House 02 - Gai-Jin
ihrem Pferd die Sporen und ritt voran, beendete die Runde, ohne die anderen zu beachten – alle beobachteten sie. Einer plötzlichen Laune folgend, machte sie kehrt, um mit einem kurzen Galopp die Angst aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sporen und Knie und Hände, und das Pferd flog dahin.
Vor ihr lagen zwei Kirchturmspitzen und der Zaun, außerhalb die Yoshiwara, aber selbst von Mauern umgeben, die Brücke und das Wachhaus. Einen Moment lang fühlte sie sich in der Zeit zurückversetzt, es war, als galoppiere sie in panischer Angst darauf zu, die blutige Tokaidō hinter ihr, ohne Hut, mit zerrissenen Kleidern und zu Tode erschreckt. Die Vision verging, als sie ihr Pferd zügelte – wie lange das alles her zu sein schien. Eine andere Art von Furcht blieb. Der Würfel war gefallen.
Tess’ Brief lautete:
Ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen, daß es zwischen uns keiner geheuchelten Liebenswürdigkeiten bedarf.
Ich bin froh, daß Sie kein Kind von meinem Sohn tragen. Das macht die Zukunft einfacher und weniger verworren. Ich akzeptiere und anerkenne weder die ›Trauung‹ noch irgendwelche gesetzlichen Ansprüche ihm gegenüber – ganz im Gegenteil.
Wenn Sie dies lesen, wird für das Noble House eine neue Ära begonnen haben, oder es wird am Rande des Bankrotts stehen. Wenn das erste eintrifft, wird es teilweise daran liegen, daß Sie die erwähnte Person zu mir geschickt haben.
Als Entgelt dafür werde ich der Bank von England treuhänderisch ein Kapital übergeben, das ausreicht, ihnen ein Einkommen von zweitausend Guineas im Jahr zu sichern – falls Sie mir dafür binnen dreißig Tagen vom heutigen Datum an (wenn Ihre Periode sicher festgestellt ist) eine eidesstattliche Erklärung mit folgenden Abmachungen übersenden:
Erstens, daß Sie für immer auf sämtliche Ansprüche verzichten, die Sie oder Ihre Vertreter möglicherweise auf das nicht existierende Vermögen meines Sohnes erheben zu können glauben – Ihnen ist klar, daß er als Minderjähriger und niemals legal eingesetzter Tai-Pan keinerlei Vermögen besaß, das er hätte hinterlassen können.
Zweitens, daß Sie sich einverstanden erklären, niemals mehr den Titel ›Mrs. Malcolm Struan‹ oder jede andere Version davon zu benutzen oder darauf Anspruch zu erheben. (Damit Sie Ihr Gesicht wahren können, schlage ich vor, Sie lassen verbreiten, daß Sie sich mit großem Bedauern dazu entschlossen haben, weil Sie als Katholikin akzeptieren, daß Sie Ihrem Glauben und Ihrer Kirche zufolge nicht gesetzmäßig verheiratet waren – wobei ich die Zeremonie in keiner Weise als gültig anerkenne.)
Drittens, daß Sie Hongkong nie wieder betreten werden, es sei denn, um das Schiff zu wechseln, und nicht versuchen werden, mich zu treffen, mir zu schreiben oder in der Zukunft irgendeinen Kontakt mit mir oder meiner Familie aufzunehmen.
Viertens, daß Ihre eidesstattliche Erklärung von Sir William Aylesbury, dem Gesandten Ihrer Majestät in Japan, offiziell bestätigt und mir durch Dr. Hoag als Bürgen bis zum 14. Februar hier nach Hongkong überbracht wird, etwas über annähernd dreißig Tage von heute an (dem Datum der Festsetzung Ihrer Periode).
Fünftens, daß, falls Sie binnen eines Jahres heiraten, das Kapital aufgestockt werden wird, um Ihr jährliches Einkommen auf dreitausend Guineas für die ersten zehn Jahre zu erhöhen. Bei Ihrem Tode fällt das Kapital an mich oder meine Erben zurück.
Binnen drei Wochen nach Lektüre des vorliegenden Briefes bitte ich Sie, aus dem Struan-Building auszuziehen. Mit heutigem Datum habe ich Mr. Albert MacStruan diesbezüglich Anweisungen gegeben und auch bestimmt, daß von heute an Ihr Kredit bei Struan’s endet und irgendwelche von meinem Sohn ausgestellte oder angeblich ausgestellte Chits, bestätigt durch seinen Chop, nicht mehr einzulösen sind – mit Ausnahme derer, die von ihm persönlich unterschrieben und datiert und daher über jeden Zweifel erhaben sind.
Falls binnen drei Wochen Ihre eidesstattliche Versicherung unterzeichnet und für Dr. Hoag bereit ist, ist Mr. MacStruan autorisiert, Ihnen unverzüglich fünfhundert Guineas als Anzahlung auf Ihr Treuhandeinkommen auszuhändigen, das binnen dreißig Tagen eingerichtet werden wird; der Betrag wird Ihnen vierteljährlich ausbezahlt.
Sollten Sie die obigen Bedingungen ablehnen (ich versichere Ihnen feierlich, daß ich darüber nicht verhandeln werde) oder sollte ich Dr. Hoag bis zum genannten Datum, dem 14. Februar, nicht sehen, werden am
Weitere Kostenlose Bücher