Noble House 02 - Gai-Jin
folgenden Tag, am Freitag, dem 15. meine Anwälte alle gerichtlichen Schritte gegen Sie unternehmen, die wir für gerechtfertigt halten; als erstes werden wir Sie beschuldigen, vorsätzlich den Tod meines Sohnes herbeigeführt zu haben.
Ein Ratschlag: Mr. Skye mag von Nötigung und Drohungen gegen Ihre Person reden – dem ist nicht so. Meine Anwälte teilen mir mit, daß es sich nicht darum handelt, sondern um eine großzügige und legale Art, ein lästiges Problem aus der Welt zu schaffen, das mein Sohn, aus welchen unbedachten Gründen auch immer, verursacht hat.
Bitte fordern Sie Dr. Hoag auf, so bald wie möglich mit Ihrer eidesstattlichen Versicherung oder Ablehnung zurückzukehren.
Tess Struan, Hongkong, am 28. Dezember im Jahre des Herrn 1862.
Gornt blickte von dem Brief auf. »Das werden Sie nicht akzeptieren.«
»Dasselbe hat mir Mr. Skye auch gesagt.« Sofort war etwas von Angeliques Zorn verflogen. Sie saß in ihrem Boudoir in ihrem hohen Lehnsessel, steif und mit beherrschter Miene, Gornt ihr gegenüber. »Ich bin froh, daß Sie das auch so sehen. Ich werde dieser… dieser Frau heute nachmittag in diesem Sinne antworten!«
»Nein, das wäre falsch. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie nicht kämpfen sollen, das wäre das Schlimmste, was Sie tun könnten. Sie werden einen Kompromiß schließen!«
Wieder wurde sie aschfahl. »Sie akzeptieren diese… diese Gemeinheit?«
»Ich sage nur, daß Sie zur rechten Zeit einen Kompromiß eingehen sollen«, sagte er geduldig. »Ich bin sicher, daß Sie bessere Bedingungen erzielen können.«
»Bedingungen? Soll das heißen, daß Sie dem hier im Prinzip zustimmen? Ich dachte, Sie wären ein Kämpfer und mein Freund, aber Sie lassen zu, daß sie mein Gesicht in den Dreck zieht!«
»Ich weiß, sie hat gesagt, sie würde nicht verhandeln, aber das glaube ich nicht, man kann bessere Vereinbarungen erreichen. Ihr erstes Angebot, zwei- oder dreitausend, macht Sie bereits wohlhabend; fünf, und Sie würden reich sein.«
»Das macht ihre bösen Drohungen und ihre Beleidigungen nicht wieder gut! Ich war rechtmäßig verheiratet. Rechtmäßig!« Angélique stampfte mit dem Fuß auf. »Ich soll darauf verzichten, Mrs. Struan zu sein? Hongkong nicht mehr betreten? Wie kann sie es wagen, so mit mir umzuspringen? Als ob ich… als ob ich eine Schwerverbrecherin wäre!«
»Sie haben recht. Ich werde in Ihrem Namen neu verhandeln.«
»Merde, ich will, daß sie gedemütigt, zerschmettert wird.«
»Ich auch, aber dazu ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Was?«
»Der große Dirk Struan hat der Familie meiner Mutter, den Tillmans, übel mitgespielt, nicht so schlimm wie Morgan, aber es reicht.« Sein Lächeln war grausam. »Wenn ich Brock’s zerstören kann, warum dann nicht auch Struan’s? Für mich ist das alles eins. Die Rache ist eine Mahlzeit, die wir in aller Ruhe zusammen genießen können, Stückchen für Stückchen.«
»Können wir das?« Eine plötzliche Wärme fuhr in ihre Lenden. Er sah so zuversichtlich und stark aus. »Wie?«
»Zuerst: Was hat Skye gesagt?«
»Er hat sofort gesagt, wir sollten kämpfen, und mir Papiere gezeigt, die er vorbereitet hat, um sie in Hongkong und London und Paris zu…«
»Paris? Warum Paris?«
Sie erklärte ihm das ›Mündel des Staates‹. »Er sagt, daß ich in Paris als Mündel Frankreichs tatsächlich gewinnen werde. Die Trauung wird nach französischem Recht für legal erklärt, und dann kann ich nach Laune die Bedingungen bestimmen und nicht sie.«
»Hat er irgendwelche Gebühren erwähnt, Angélique?«
Sie errötete. »Das hat nichts mit seinem Ratschlag zu tun.«
»Unsinn«, erwiderte er grob. »Unsere einzige Sicherheit besteht darin, der Wahrheit ins Auge zu sehen und die Spiele zu begreifen, die gespielt werden. Dieser kleine Bastard – bitte entschuldigen Sie, aber ich benutze das Wort bewußt, er ist einer, das habe ich in Hongkong herausgefunden –, dieser kleine Bastard denkt nur an seine Zukunft, nicht an Ihre, und sieht sich schon vor verschiedenen Gerichten diese arme, aber schöne französische Witwe verteidigen und verschiedene Geschworene beeinflussen – und stellvertretend für Sie alles verlieren.«
»Ich verstehe nicht… Warum?«
»Malcolm hat kein Vermögen.«
»Aber… aber Mr. Skye sagt, nach französischem Recht würde…«
»Wachen Sie auf, Angélique!« Seine Stimme klang noch barscher. Es war von entscheidender Bedeutung, sie aus dieser törichten, nutzlosen Wut
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