Noch ein Kuss
Heiraten?«
Pete seufzte. »Sie wünscht sich Geborgenheit und ein ruhiges Leben mit einem Haus, Kindern und ihrer Karriere. Und ich kann ihr all diese Dinge bieten.«
Mike sah, dass sein kleiner Bruder genauso nervös herumzappelte wie damals, als er aus Versehen mit seinem Baseball die Haustürlampe zerbrochen hatte. Um ihn vor dem Zorn ihres Onkels zu schützen, hatte Mike die Schuld und die Strafe auf sich genommen. Und Peter hatte es geschehen lassen. Mike hegte den Verdacht, dass sein Bruder, wenn er die Gelegenheit bekam, immer noch den leichteren Weg wählen würde. »Und was hast du von diesem … Arrangement?«
»Sie ist sehr liebenswert, Mike.«
. »Könnte die Tatsache, dass ihr Vater Seniorchef ist, vielleicht etwas mit deinem plötzlichen Drang, sie zum Altar zu führen, zu tun haben?«
»Das schreckt mich jedenfalls nicht ab«, gestand Pete. »In letzter Zeit werden nur sehr selten neue Partner angenommen. Selbst die besten Mitarbeiter sind übergangen worden. Aber bei einem wirtschaftlichen Aufschwung, wie ihn unsere Kanzlei im letzten Jahr erlebt hat, sollte die Lage sich wieder normalisieren.«
»Carly ist also so eine Art Rückversicherung.« Mike konnte ein Schnauben nicht unterdrücken.
»Nein, ganz so ist es nicht.« Pete deutete auf die Tür und Mike folgte ihm nach draußen. Die Sommerhitze strahlte vom Bürgersteig ab, und noch ehe sie die nächste Straßenecke erreicht hatten, war er in Schweiß gebadet.
»Liebst du sie eigentlich?«
»Nein«, antwortete Pete wie aus der Pistole geschossen. »Jedenfalls nicht so, wie du es meinst. Aber sie liebt mich auch nicht.« Er zuckte die Achseln. »Allerdings respektieren wir uns gegenseitig, und das ist mehr, als viele verheiratete Paare von sich behaupten können. Ich habe sie wirklich sehr gern, Mike.«
Unangenehm berührt von der sachlichen Art, mit der Pete von Dingen sprach, die ihn eigentlich tiefer berühren sollten, ballte Mike im Gehen die Fäuste. »Du bist ein Glücksritter, Pete.«
»Wir sind beide erwachsen und verstehen einander.«
Das hatte Carly auch behauptet. Trotzdem gefiel Mike der Eindruck nicht, den er von dieser Beziehung bekommen hatte. Doch was die beiden mit ihrem Leben anfingen, war nicht seine Sache. Solange er dieses Mantra ständig wiederholte und es auch glaubte, war alles in Ordnung. »Also gut, lassen wir das Thema.«
»Ich werde wohl länger im Büro bleiben, um die gerade verlorene Zeit wieder wettzumachen.« Pete grinste. »Also bist du allein mit deiner kalten Pizza. Es sei denn … «
»Die habe ich schon heute Morgen vertilgt.«
Peter stöhnte laut. Mike zuckte nur mit den Schultern; er hatte schon wesentlich Schlimmeres gegessen in wesentlich schlimmeren Situationen. Schnell schob er die aufsteigenden Erinnerungen beiseite und richtete den Blick wieder auf seinen jüngeren Bruder. »He, lass mich bitte wissen, wie Carlys Treffen mit dem Verleger ausgegangen ist.«
Überrascht hob Pete eine Augenbraue. »Was für ein Treffen?«
»Ach, vergiss es. Anscheinend hab ich da was falsch verstanden«, sagte Mike wohl wissend, dass das Gegenteil der Fall war. Carly und Pete waren diejenigen, die von falschen Annahmen ausgingen.
»Kommst du zu dem Essen morgen?«, fragte sein Bruder.
»Um deinen Chef samt Gattin kennenzulernen?« Die zukünftigen Schwiegereltern seines Bruders, Carlys Eltern. »Aber sicher.«
»Großartig. Das ist sehr wichtig für mich.« Peter trat an den Straßenrand, drehte sich dann aber noch einmal zu seinem Bruder um. »Eine Bitte hätte ich noch.«
»Und die wäre?«
»Ich arbeite gerade eine neue Mitarbeiterin ein, daher ist meine Zeit noch knapper als sonst. Falls Carly beim Planen oder bei anderen Dingen etwas Hilfe benötigt … könntest du dich darum kümmern?«
Mike zögerte, denn er wusste, dass es für sie beide gefährlich war, wenn er mehr Zeit mit Carly verbrachte. Andererseits bat sein Bruder ihn um den Gefallen, und er selbst konnte die Ablenkung vom Grübeln über sein ungeordnetes Leben gut gebrauchen. Seit seiner Rückkehr hatte er viel zu viel Zeit zum Nachdenken gehabt. »Kein Problem.«
»Danke.« Pete lächelte, und Mike war der Ansicht, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Dass sich ihm so auch die Möglichkeit bot herauszufinden, ob diese beiden Menschen tatsächlich dabei waren, sich ins Unglück zu stürzen, hatte mit seiner spontanen Zusage weniger zu tun.
Peter winkte ein leeres Taxi heran. »Ich bin froh, dass du wieder da
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