Noch ein Kuss
völlig aus dem Gleichgewicht und dazu, Gott sei Dank, noch einmal über deine Heirat mit Peter nachzudenken, hat aber nichts mit dieser folgenschweren Entscheidung zu tun?«
»Du sagst es.« Die Notlüge klang sogar in Carlys eigenen Ohren lahm. Doch egal, wie sehr sie Mike Novack mochte, er würde nie bei ihr bleiben. »Der Mann ist sehr sexy und nett, aber nur eine vorübergehende Bekanntschaft.«
»Und wenn nicht? Für jeden Menschen gibt es irgendwo da draußen den perfekten Partner, Carly. Was ist, wenn er der Richtige für dich ist?«
Carly schloss die Augen und wünschte sich, dass es so wäre. Doch anstelle eines langen und glücklichen Lebens sah sie nur die Bilder vor sich, die Mike ihr so deutlich beschrieben hatte. Kriegsschauplätze und Reisen, Gefahr und Aufregung – das war es, was Mike gefiel. Er war nicht der Typ Mann, der Frau und Kinder haben wollte oder anderen Menschen gern Rechenschaft schuldete.
Und sie war nicht die Art von Frau, die sich mit weniger zufriedengab. Wenn er erst fort war, würde sie ihn nie wiedersehen. Das wussten sie beide. »Selbst wenn er der Richtige wäre, Jules, er gehört einfach nicht zu den Menschen, die sesshaft werden.«
Nachdem sie endlich zu einem Entschluss gelangt war, musste Carly die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen. Sie holte tief Luft und stieß mit zitternder Hand die Tür zu Peters Büro auf.
»Hi.« Um seinetwillen zwang sie sich zu einem Lächeln.
»Hallo.« Peter erhob sich und rückte seine Krawatte gerade. Dann musterte er sie von Kopf bis Fuß und zog besorgt die Brauen zusammen. »Du siehst erschöpft aus.«
»Bin ich auch. Darf ich mich setzen?«, fragte Carly und ignorierte den Drang, die Hände zu ringen. In ihr hatte sich zu viel nervöse Energie aufgestaut. Sie war sich nicht sicher, ob sie es schaffte, es Peter zu sagen. Sie wusste nicht einmal, sie es ihm sagen sollte, ohne ihn zu kränken – was sie nicht wollte.
»Sicher.« Peter deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, und Carly nahm Platz. Sie fühlte sich eher wie eine Mandantin als wie seine Braut. So war es schon immer gewesen. Sie hatte nur beschlossen, es zu ignorieren.
»Ich habe noch ein paar Minuten, ehe die Ressortbesprechung anfängt, also … «
Carly biss die Zähne zusammen, was nur dazu führte, dass die Kopfschmerzen, die sie in den letzten Tagen gequält hatten, noch schlimmer wurden. Denn schon vor ihrem Gespräch mit Juliette hatte sie sich über Mikes offene Worte im Brautmodengeschäft den Kopf zerbrochen. Dass ihre innersten Ängste von jemand anderem in Worte gefasst worden waren, hatte sie in helle Panik versetzt. Kampf oder Flucht, eine andere Wahl war ihr bisher nicht geblieben, wie sie schließlich erkannte. Und sie hatte sich dazu entschlossen, sich zuerst mit Mike zu streiten, und dann vor der Wahrheit davonzulaufen. Nach zwei Tagen, in denen sie mit sich gerungen hatte, konnte sie nun den Tatsachen ins Auge blicken.
Sie nestelte am Riemen ihrer Handtasche herum und überlegte, wie um alles in der Welt sie beginnen sollte. »Ich weiß, dass du unerwartete Besuche nicht magst, aber es ist wichtig.« Und das war nur eins der Probleme. Jedes Mal, wenn Peter sie wegen seiner Arbeit ignoriert oder als unvermeidliche Unterbrechung schnell eingeschoben hatte, hatte er nicht nur ihrer Beziehung, sondern auch Carlys Selbstachtung einen deutlichen Schlag versetzt.
Sie hatte etwas Besseres verdient.
»Wie ich schon sagte, ich habe noch einige Minuten Zeit. Was ist denn schiefgegangen?«, fragte er.
»Was ist nicht schiefgegangen?«, fragte Carly und beugte sich vor. »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, außer es einfach … zu sagen. Ich möchte … Ich muss … Also, ich glaube nicht, dass diese Ehe funktionieren wird.« Sie zwang sich, es auszusprechen, danach atmete sie erleichtert auf.
Dann riskierte sie einen Blick auf Peter, der ein schockiertes und ungläubiges Gesicht machte. »Wie bitte?«
Carly schluckte, doch der dicke Kloß in ihrem Hals blieb. »Wir sind sehr verschieden. Es ist so offensichtlich, dass man es eigentlich nicht übersehen kann – es sei denn natürlich, man will es.« Oder es ist einem egal, dachte sie traurig. »Nimm zum Beispiel die Hochzeit: Ich habe bei jeder größeren Entscheidung Kompromisse gemacht. Beim Partyservice, der Farbauswahl, den Ringen … «
»Wenn es um diese schlichten Trauringe gehen sollte, stornieren wir die ursprüngliche Bestellung, gehen wieder hin und kaufen
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