Noch einmal leben
mir denken, daß Sie über jede einzelne Phase der Transplantation Bescheid wissen möchten. Also werde ich Ihnen alles erklären, auch wenn ich Ihnen dabei Dinge erzähle, die Sie bereits wissen. Die erste Phase besteht zum Beispiel aus der Verabreichung einer Droge, um Ihre geistige Aufnahmefähigkeit zu vergrößern. Wir injizieren eine Art nukleonischer Verstärkungssäure. Eine mnemonische Droge …“
„Bekomme ich Picrotexin oder eines von den Peutylentetrasol-Derivaten?“, fragte Risa.
Leonards wirkte ehrlich verblüfft. „Sie haben sich aber sehr gut unterrichtet!“
„Welches bekomme ich also?!“
„Das Peutylen“, sagte er. „Bei Frauen unter dreißig erzielen wir damit die besten Ergebnisse. Picrotexin blockiert die präsynaptische Inhibition, einige andere Mittel wiederum blockieren die postsynaptische Inhibition; das Peutylentetrasol weist keine dieser Eigenschaften auf. Es regt das Nervensystem durch eine Verringerung der neuralen Erholungszeit an, ohne mit den Inhibitionswegen in Beziehung zu treten. Dadurch verhindert es das Erlöschen von Erinnerungen und steigert die Möglichkeit Responz-Latenzen zu erhalten. Können Sie mir immer noch folgen?“
„Ja“, log Risa. Sie wollte verdammt sein, wenn sie sich durch diesen flüssigen und frei vorgetragenen Erguß aus der Fassung bringen ließ. „Das Ganze zielt darauf ab, mich für die Aufnahme der neuen Persönlichkeit empfänglicher zu machen. Das ist doch in Ordnung. Ich bin bereit, wann immer Sie es sind.“
Er griff sich einen phallisch aussehenden Ultraschall-Injektor.
Während er noch verschiedene Knöpfe drückte, zog Risa, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, ihre Tunika hoch und entblößte so ihren Körper bis zum Nabel. Leonards bemerkte das nicht sofort. Aber als er ihr endlich wieder seine Aufmerksamkeit schenkte, war er so verdattert, daß er fast den Injektor fallengelassen hätte.
Er blickte starr auf ihr Kinn und sagte: „Warum haben Sie sich freigemacht?“
„Ich dachte, die Injektion sollte in den Oberschenkel gemacht werden.“
„Aber nein.“
„Dann ins Hinterteil?“ Sie grinste unschuldig und wälzte sich auf den Bauch.
„Der Arm wird reichen.“
Sie schmollte. „Also bitte.“
Er schwitzte und errötete. Sie dachte sich befriedigt, daß sie ihm die postsynaptischen Inhibitionen und Responz-Latenzen heimgezahlt hatte. Züchtig bedeckte sie sich wieder. Sie hatte kein Verlangen danach, daß er den Injektor wegen seiner Verwirrung falsch ansetzte. Leonards atmete tief ein und setzte den Injektor an ihren Arm. Ein Ultraschallschwirren ertönte.
„Wir geben der nukleonischen Verstärkungssäure eine Stunde Zeit, das Gehirn zu erreichen. Dann wird die mnemonische Droge bereits in Aktion getreten sein. Ich verlasse Sie jetzt, damit Sie sich entspannen können. Zur nächsten Phase bin ich wieder da. Vielleicht möchten Sie einen Blick in diese Informationsbroschüre werfen.“
So schnell er konnte, verließ er den Raum. Er wirkte sichtlich erleichtert.
Risa machte es sich auf der Couch bequem und betrachtete die Broschüre.
EINIGES WISSENSWERTES ÜBER DEN SCHEFFING-PROZESS
lautete der Titel. Risa blätterte sie ohne sonderliches Interesse durch. Es standen ohnehin nur Dinge drinnen, die sie bereits wußte: wie ihr Gehirn auf das neue Bewußtsein vorbereitet, und wie Aufzeichnungen gemacht und wie Transplantationen durchgeführt wurden. Erst am Ende fanden sich Tips, um den Übergang nach der ersten Transplantation zu erleichtern.
Sie erhalten uneingeschränkten Zugang zu den Erinnerungen und Erfahrungen Ihres neuen Bewußtseins, entnahm Risa der Broschüre. Wie bei Ihren eigenen Erinnerungen werden einige der neuen Erfahrungen, die Sie erhalten, verschleiert, verzerrt oder zumindest nicht sofort verfügbar sein. Während der Phase des gegenseitigen Eingewöhnens zweifeln Sie vielleicht manchmal an Ihrer Identität, besonders dann, wenn das neue Bewußtsein für eine starke Persönlichkeit im vorherigen Leben bekannt war. DIES SOLLTE KEIN GRUND ZUR BESORGNIS SEIN! Nach einigen Tagen werden Sie eine zufriedenstellende Form des Zusammenlebens mit dem neuen Bewußtsein gefunden haben. Ihr neuer Gefährte wird Ihnen hilfreich zur Seite stehen und Sie präziser auf Ihre Umwelt reagieren lassen. Sie erhalten den Vorteil neuer Perspektiven und zusätzlicher Erfahrungen, auf die Sie sich bei Ihren Urteilen und Reaktionen beziehen können. Sehen Sie das transplantierte Bewußtsein als einen
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