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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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begangen hast, aus deinem Gedächtnis löschen. Wir ersetzen sie durch andere Erinnerungen, verschaffen dir ein Alibi, dem niemand etwas anhaben kann. Und bei einer polizeilichen Geistesuntersuchung kann man dir nichts anhängen. Glaubst du denn wirklich, ich würde meinen ältesten und besten Freund bedenkenlos in sein Verderben rennen lassen?“
    „Trotzdem, du könntest auch einen Killer mieten – oder einen Roboter programmieren …“
    „Ich brauche jemanden, auf den ich mich verlassen kann. Und auf der ganzen Welt gibt es nur einen, dem ich vertraue, dich, Charles. Du bist doch Schritt für Schritt bei dieser Angelegenheit an meiner Seite gewesen.“
    „Aber …“
    „Du wirst es schaffen, Charles.“ Roditis kam zu ihm, stand neben Charles’ Stuhl und legte ihm direkt am Schlüsselbein die Hände auf die Schultern. Seine großen, kräftigen Finger gruben sich tief in Noyes’ Fleisch ein. Roditis’ Augen nahmen einen zwingenden, fast hypnotischen Blick an, suchten Noyes’ Augen und wichen nicht mehr von ihnen. Charles wußte, daß er genötigt werden sollte. Trotzdem hatte er noch nie Roditis’ Zwängen widerstehen können, und er bezweifelte sehr, daß es ihm dieses Mal gelingen würde.
    „Hast du vielleicht moralische Bedenken?“ fragte Roditis mit vollem Ernst.
    „Nun, in gewisser Weise ja.“
    „Sieh es doch einmal so: eigentlich bringst du ja keinen Menschen um. Der wirkliche Martin St. John wurde schon vor langer Zeit getötet. Das einzige intelligente Wesen in diesem Körper ist das Fremdbewußtsein von Paul Kaufmann. Und das hat doch gar kein Recht, sich in diesem Körper aufzuhalten. Kaufmann hat sein Leben bereits gelebt – in seinem eigenen Körper. Das ist alles, was ein Mensch für sich beanspruchen kann. Was er jetzt noch darf, ist in einem anderen Menschen weiterleben, als Mitreisender, als Fremdbewußtsein. Du nimmst ihm jetzt den St.-John-Körper wieder ab, und Kaufmann erhält das, was ihm wirklich zusteht, also abzüglich diesem illegalen Unsinn, den Santoliquido in seiner Feigheit ausgetüftelt hat. Tatsächlich tust du damit etwas, was der Allgemeinheit nützt, Charles. Du machst Schluß mit einer Anomalie. Du verstehst mich doch, nicht wahr?“
    „Ich glaube schon. Aber ich …“
    „Etwas, das schon tot ist, kann man doch gar nicht mehr umbringen. Sowohl Martin St. John als auch Paul Kaufmann sind bereits tot: der eine wurde von seinem Fremdbewußtsein erledigt, der andere, weil sein wirkliches Leben sich dem Ende zugeneigt hat. Und damit vernichtest du lediglich überflüssiges Protoplasma, und sonst nichts. Das kannst du doch für mich tun, Charles, nicht wahr? Ich weiß es.“
    „Und wie soll ich es tun?“
    Der Grieche richtete sich wieder auf und ging zum Schreibtisch. Seine Finger fuhren rasch über die hervorstehenden grünen Knöpfe seines Geheimfaches. Das Fach sprang auf, Roditis griff hinein und zog ein zitronengelbes Kästchen von etwa zwei Kubikzentimetern Größe heraus. Er legte das Kästchen auf seine Handfläche und hielt es Noyes unter die Nase. Ein Finger berührte es leicht. Das Kästchen öffnete sich entlang seiner Vertikalachse und offenbarte eine winzige Kapsel, die ein paar Tropfen türkisfarbene Flüssigkeit enthielt.
    „Das ist Zyklophosphamid-8“, sagte der Grieche. „Es ist ein alkylierendes Agens, das folgendermaßen wirkt: es zerstört das körpereigene Schutzsystem gegenüber eigenen chemischen Komponenten, gegenüber körpereigenem Eiweiß. Eine geringe Menge davon im Körper eines Menschen führt dazu, daß die körpereigenen Abwehrkräfte die eigenen Organe angreifen; genauso wie körperfremdes Gewebe bei Organtransplantationen ohne chemikalische Absicherung von den Abwehrkräften angegriffen wird.“
    „Ist das so etwas wie das Carniphage-Gift?“ fragte Noyes verwirrt; schließlich trug er ein solches Gift selbst ständig bei sich.
    „Nicht direkt, aber so etwas Ähnliches. Das Carniphage-Gift bringt die Körperzellen dazu, sich durch Autolyse, durch die Freisetzung von Enzymen selbst zu zerstören. Das Zyklophosphamid-8 dagegen verwandelt den Körper in eine Ansammlung körperfremder Komponenten – er kann nicht mehr in der gewohnten homöostatischen Weise fungieren. Drüsensekrete verwandeln sich in Gift, die Koordination der Organe bricht zusammen; Antikörper werden massenhaft ausgestoßen, um die eigenen Organe anzugreifen, die sie sonst eigentlich verteidigen sollen. Das wirklich Hübsche an diesem Gift ist, daß Ärzte

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