Noch Einmal Sollst Du Buessen
Nachricht aufs Band sprach.
„Marnie, Kent weiß, dass Sie die Sache mit den Büchern herausbekommen haben. Er … er kam bei mir vorbei, und da hab’ ich ihm alles gesagt. Aber irgendwie schien er schon zu ahnen, dass Sie ihm auf der Spur sind. Ich habe es in seinen Augen gesehen.“ Jetzt fing Dolores an zu weinen. „Er ist völlig ausgerastet und … hat mich geschlagen“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. „Er hat mich geschlagen, Marnie. Und jetzt ist er, glaube ich, unterwegs zum Schiff. Passen Sie bloß auf, Marnie. Womöglich hat er eine Pistole …“
Adam lief zum Telefon und riss den Hörer hoch. „Dolores, hier spricht Adam Drake“, meldete er sich. Eine Sekunde lang blieb es still. Dann ein Klicken und kurz danach ertönte das Freizeichen.
Dolores Täte. Was hatte Simms’ Geliebte mit Marnie zu tun? Welche Bücher? Eine Pistole? Hatte sie gesagt ‚eine Pistole‘?
Adam vergeudete keine Zeit mit einem Rückruf bei Dolores. Er schloss nicht einmal die Wohnung ab. Er rannte die Treppe hinunter zum Parkplatz und hoffte nur, dass er nicht zu spät kommen würde.
Marnie drehte zum fünften Mal am Kombinationsschloss, aber nichts passierte. Sie wählte keine willkürlichen Zahlen, sondern ganz bestimmte Ziffern, die für Kent eine Bedeutung hatten.
Sie versuchte es von Neuem, diesmal mit ihren und Kents Geburtstagen und dem Datum seines Examens. Nichts, nichts, nichts.
Sie marterte ihr Gehirn, und endlich landete sie den Treffer. Das Datum ihrer Verlobung war das Sesam-öffne-dich. Die Zahlenschlösser klickten, und die schwere Tür des Safes schwang auf. Marnie nahm ein schmales Samtetui aus dem Stahlfach. Es enthielt den diamantbesetzten Verlobungsring, den sie Kent zurückgegeben hatte. Unter dem Schmucketui lagen mehrere Aktienpapiere, und ganz unten am Boden ein Rechnungsbuch. Als Marnie das öffnete, fiel eine Computerdiskette heraus.
Im selben Moment hörte sie an Deck Schritte. „Ich bin hier unten“, rief sie, während sie die Eintragungen in dem Buch studierte. Die Daten waren verschlüsselt, aber sie erkannte trotzdem, dass große Summen zwischen den verschiedenen Konten des Hotelkonzerns hin- und hergeschoben waren.
Schritte klangen auf der Treppe. „Ich hab’s!“, rief sie ausgelassen. „Sieh mal, es ist alles hier …“ Erst jetzt drehte sie sich um, und die Worte erstarben ihr in der Kehle.
„Oh, oh, Marnie.“ Kent schnalzte mit der Zunge und seufzte.
Sie starrte ihn entsetzt an. „Du … du?“
„Du hast Adam erwartet, nicht wahr? Nun, er ist nicht hier, wie du siehst.“ Seine Miene war eiskalt. „Und was soll ich jetzt mit dir tun?“
„Die Frage sollte besser heißen: Was wird die Polizei mit dir tun?“, erwiderte sie mutig, obwohl sie innerlich vor Angst zitterte. Sie sah in seinen Augen ein tödliches Glitzern. Seine angespannte Miene zeigte harte Entschlossenheit, und um seine schmalen Lippen spielte ein grausames Lächeln.
„Das Problem wird sich nicht stellen“, antwortete er. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich für die nächsten zwanzig Jahre ins Gefängnis will. Denkst du, ich bin hierhergekommen, damit du mir die Polizei auf den Hals schickst?“ Er griff in seine Hosentasche. Marnie blieb das Herz stehen, als sie in die Mündung einer Pistole blickte.
„Das kannst du nicht …“
„Ich hatte nie vor, dich zu verletzen, Marnie.“ Für einen flüchtigen Moment schwand die eisige Kälte aus seinem Gesicht, und er sah wieder aus wie der Mann, den sie einmal hatte heiraten wollen. „Aber welche Wahl bleibt mir noch?“ Er zeigte mit der Pistole zur Tür. „Gib mir das Buch, und geh an Deck!“, befahl er. „Ich denke, wir sollten eine kleine Kreuzfahrt machen, bevor ich entscheide, was ich tun werde.“
„Du willst mich entführen?“, schrie sie, außer sich vor Angst. Allein mit Kent auf dem Meer. Aber es war weniger schlimm, als wenn Adam jetzt käme und von Kent niedergeschossen würde.
„Nein, Marnie, ich entführe dich nicht“, sagte Kent eisig lächelnd. „Du kommst freiwillig mit mir. Sonst müsste ich unter Umständen deinen Freund erledigen und vorher für triftige Beweise sorgen, dass er das Geld beiseite geschafft hat. Er brauchte nur dieses Buch bei sich zu tragen …“
„Glaubst du etwa, dass ich schweigen würde, wenn du das tätest?“
„Wahrscheinlich nicht. Nun, dann werde ich mit Drake verhandeln. Wenn ihm etwas an dir liegt, wird er vielleicht die Unterschlagung zugeben. Immerhin würde er
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