Noch Einmal Sollst Du Buessen
Kluft, die sie trennte. Sekundenlang starrten sie sich wortlos an, und als Victors Schock sich in bebenden Zorn verwandelte, lächelte Adam spöttisch. „Guten Abend, Victor. Lange nicht gesehen, nicht wahr? Ich würde Sie gern hineinbitten, aber ich bin gerade im Gehen.“
„Wo ist Marnie?“, polterte Victor los.
„Wir treffen uns gleich.“
„Ich bin mit ihr zum Dinner verabredet!“
„Davon weiß ich nichts“, antwortete Adam ruhig. „Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit.“ Er sah auf seine Uhr. „Ich denke, ein paar Minuten habe ich noch Zeit. Möchten Sie auf einen Drink hereinkommen?“
„Sie scheinen sich hier wie zu Hause zu fühlen“, schnaubte Victor. „Was fällt Ihnen ein, mit meiner Tochter zu verkehren! Ich dachte, ich hätte Sie gewarnt.“
„Marnie ist alt genug, um für sich selbst zu entscheiden.“
„Offenbar nicht alt genug, um zu wissen, was sie tut.“ Victor blickte an Adam vorbei in die Wohnung, als ob er darauf wartete, dass Marnie weinend aus der Küche angelaufen käme, um sich ihm in die Arme zu werfen und ihm zu danken, dass er die brutale Geiselnahme beendet hätte.
Victors Misstrauen belustigte Adam. „Nun, wenn Sie nicht hereinkommen wollen, dann gehe ich jetzt. Ich möchte Marnie nicht warten lassen.“
Aber Victor stand plötzlich wie angewurzelt da und fixierte einen Punkt hinter Adams Rücken. Er wurde kreidebleich, als hätte er einen Geist gesehen. „O mein Gott“, stieß er hervor, „was zum Teufel haben Sie getan?“
„Wovon reden Sie? Ich sagte Ihnen doch, dass sie nicht da ist.“
Victor schob sich an ihm vorbei, stürmte den Korridor entlang ins Wohnzimmer und blieb vor dem Tisch stehen, an dem Adam gearbeitet hatte. Er hob einen der Computerbögen auf, überflog die Daten und sank taumelnd auf einen Stuhl. „Ich kann es nicht glauben.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen, und die Seite flatterte zu Boden. Als er Adam näher kommen hörte, blickte er auf. Seine Augen waren jetzt alt und müde. „Sie haben es fertiggebracht. Sie haben meine Tochter gegen mich auf Ihre Seite gezogen.“
„Nein, ich …“
„Verdammt, Drake, ich habe genug von Ihren Lügen! Restlos genug!“ Mit einem neuen Energieschub stieß Victor nach einem Papierstoß. Der Endlosbogen glitt wie eine auseinandergezogene Ziehharmonika auf den Boden. „Das hier hat sie Ihnen mitgebracht, nicht wahr? Sie hat ja noch immer Zugang zu den Computerdateien. Und wie ein Hund, der seinem Herrchen für ein freundliches Tätscheln ergeben die Pantoffeln bringt, hat sie Ihnen sämtliche Daten zu Füßen gelegt. Unglaublich! Meine eigene Tochter!“
„Marnie wollte mir nur helfen.“
„Wobei, frage ich Sie! Sie hilft, mein Unternehmen zu vernichten. Ich weiß, dass Sie versuchen, Geldgeber für ein großes Hotel zu finden, und Marnie haben Sie als Spionin gegen ihren eigenen Vater angesetzt. Sie können ihr sagen, dass sie gefeuert ist!“, schrie er, schlug mit der Faust auf den Tisch und sprang auf. „Und Sie werde ich wegen Diebstahls von Firmendaten vor Gericht bringen. Außerdem werde ich mein Testament ändern. Marnie wird enterbt. Sie ist nicht mehr meine Tochter.“
Adam fasste Victor bei den Revers, als er an ihm vorbeistürmen wollte. „Wenn Sie mich nur einmal angehört hätten, wäre dies alles nicht passiert.“
„Was heißt ‚angehört‘? Sie wissen doch wohl, wie man einen Gesprächstermin vereinbart“, tobte Victor.
„Das habe ich ja versucht. Aber Sie ließen durch Kate Delany ausrichten, dass Sie mich nicht sehen wollten.“
„Wieder eine Lüge! Nein, es reicht! Bestellen Sie Marnie, dass sie morgen früh ihr Büro zu räumen hat!“ Damit stürmte Victor völlig außer sich aus der Wohnung.
Adam litt für Marnie, denn er wusste, dass sie außer ihrem Vater keine Familie hatte. Ganz gleich, wie wütend sie manchmal auf Victor war, sie liebte ihn. Adam wusste, dass Victors Drohungen sie niederschmettern würden.
Er lehnte sich gegen die Wand. Was hatte er angerichtet! Ihm graute vor dem Moment, da er es Marnie sagen musste, aber es half nichts, er musste zu ihr.
Er war schon in der Tür, als das Telefon läutete. Da er annahm, es sei Marnie, blieb er stehen und wartete, bis das Tonband ablief. „Marnie?“, meldete sich eine weibliche Stimme. Sie klang ängstlich und gehetzt. „Sind Sie zu Hause? Bitte antworten Sie. Hier spricht Dolores.“
Dolores Täte? Adam erstarrte und hörte gebannt zu, als Dolores nach einer kurzen Wartepause ihre
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