Noch immer schwelt die Glut
für diese Sache wieder in deiner Schuld, genauso wie in der Bartholomäusnacht, als du mir die weiße Binde annähtest, damit ich leichter fliehen konnte.«
»Ach, Monsieur, was hieß das schon«, sagte sie errötend, »wo wir uns damals so nahestanden!«
»Was das hieß?« sagte ich, »nur das Leben! Bitte, Alizon, nimm zum Dank diesen Ring«, womit ich mir einen Topas vom kleinen Finger zog und über den Handschuh an ihren Ringfinger steckte.
»Mein Pierre«, sagte sie, »mein Stand ist zu gering, um solche Kostbarkeit zu tragen, aber ich werde den Ring in Liebe zu dir unter meinen Schätzen bewahren.«
Der Vorhang ging auf, sie konnte sich gerade noch abwenden und ihre Maske anlegen.
»Edler Herr«, flüsterte der Küster, »das
Ite missa
ist gesprochen. Wäre es nicht besser, die Dame ginge, bevor die Gläubigen aus der Kapelle strömen?«
Ich dankte ihm für den Rat, Alizon enteilte, während ich hinter dem Pfeiler zwischen Quéribus und Fogacer niederkniete. Und mit gesenkten Lidern und gefalteten Händen verharrten wir, bis all die Höflinge an uns vorübergeschritten waren, deren Blicke mich suchten oder mieden, je nachdem, wie sie mir in meiner Ungnade gesinnt waren. Welch erbauliches Bild müssen wir, Fogacer, Quéribus und ich, diesen Edelleuten geboten haben in unserer verlängerten Andacht, dabei war der eine Atheist, der zweite Hugenotte und der dritte ein so lauer Katholik, daß man ihn schon kalt nennen konnte. Doch so geht es in diesem seltsamen Jahrhundert, wo der Glaubenseifer oft nur Grimasse ist.
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»Mi fili«
, sagte Fogacer leise, »wischt Euch das Rouge von der Wange. Schämt Ihr Euch nicht, Euch im Tempel des Herrn von einer Weibsperson küssen zu lassen?«
»Dieser Tempel«, sagte Quéribus ebenso leise, »hat schon Schlimmeres erlebt. Hier gab sich Prinzessin Margot dem Baron von Vitteaux hin, damit er Du Guast umbringe.«
»Irrtum, Baron«, sagte Fogacer, »nicht auf diesen Fliesen, es war in der Kapelle der Augustiner.«
»Stimmt«, sagte ich, »aber hier nahm Katharina fromm das Abendmahl, bevor sie Coligny ermorden ließ.«
Ich unterrichtete Quéribus und Fogacer lieber nicht über den gegen mich geplanten Hinterhalt, weil ich sie nicht ins Geheimnis der ganzen Geschichte seit Mâcon einweihen wollte. Nachdem sie gegangen waren, der erste mit dem Versprechen, um Punkt Mittag mit Kutsche und Eskorte bereitzustehen, der zweite, indem er versicherte, sich in Kürze mit seinem Silvio einzustellen, blieb ich mit dem Maestro und Miroul zurück und erzählte ihnen so leise ich konnte, damit der Küster es nicht höre, was anlag.
»Moussu«, sagte Miroul, »erinnert Ihr Euch der Nadlerei der guten Thomassine zu Montpellier? Die hatte Eingangstüren nach zwei Seiten, wie solche kleinen Häuser oft, wo meistens mehrere Gewerbe betrieben werden. Warum soll es mit diesem nicht genauso sein? Glaubt Ihr, der Mörder will, nachdem er geschossen hat, seelenruhig auf die Gasse hinuntergehen, wo Ihr in Eurem Blute liegt? Doch nicht! Ich für mein Teil wette, daß sein Pferd in der anderen Gasse auf ihn wartet, damit er nach vollbrachter Tat aufspringen kann wie Maurevert nach dem Mord an Coligny.«
»Das ist klug gesprochen«, sagte Giacomi. »Suchen wir das Pferd in der Gasse, die parallel zur Rue du Champ Fleuri verläuft, es führt uns zu dem Mann.«
Ich schwieg, freudig erstaunt, daß Giacomi gar nicht auf die Idee kam, sich einem Abenteuer fernzuhalten, das für ihn nicht nur gegenwärtig, sondern auch in der Folge allerhand Gefahren bergen konnte. Mich entsinnend, wie ich ihn angefahren hatte, als er sagte, meine Verbannung käme ihm zupaß, drückte ich seinen Arm.
»Mein Herr Bruder«, flüsterte ich, »bitte vergebt mir, daß ich Euch vorhin schalt.«
|213| »Keine Ursache«, sagte er, indem er sich verlegen abwandte, »ich war zu rasch vorgeprescht. Laßt uns den Wicht ausheben, mein Bruder! Entdeckte Falle, gewonnene Schlacht! Ich bin gespannt, was der Kerl für ein Gesicht machen wird.«
Dieser Kerl indes, als wir von dem Pferd aus den Mann aufspürten und alle Türen der Nadlerei offen fanden, so eilig hatte es der Lump, nach seinem Schuß zu entwischen, dieser Kerl, sage ich, wies uns zuerst nur seine Hinterfront, denn er hockte auf einem Schemel hinter dem Fenster, durch das er mich abzuknallen gedachte, während ich mein Haustor aufschloß.
»Leg die Waffe nieder!« befahl ich, den Fuß in seinen Weichteilen, »und zeig dein Gesicht, Gevatter!«
Was er tat,
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