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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Louvre abzupassen und Euch eine Warnung zu geben. Im selben Moment trete ich aus der Kapelle. Woraus der Umschweif folgt: Hätte ich meine Augen nicht schweifen lassen, hätte ich die Dame nicht getroffen.«
    »Du siehst mich von der Macht des Zufalls überwältigt.«
    »So gelassen? Moussu, was ist mit Euch? Was hat Euch derart verwandelt? Wohin ist Eure Ungeduld?«
    »Das macht die Verbannung.«
    »Wollt Ihr nicht wissen, wer die Dame ist, Moussu?«
    »Kenne ich sie?«
    »Sehr gut, von früher her.«
    »Der Name?«
    »Von Beruf ist sie Putzmacherin.«
    »Alizon etwa? Meine kleine Feuerfliege?«
    »Ah, Moussu, Ihr werdet wach!«
    »Miroul, lauf, hole sie!«
    »Ich eile, Moussu«, sagte Miroul, »und ohne Euch länger zu zwiebeln, seht Ihr? Euer Kummer geht mir zu nahe.«
    Und erleichtert, daß er davonschoß wie ein Pfeil, winkte ich dem Küster und murmelte, indem ich ihm etwas in die Hand drückte, ich bräuchte einen stillen Ort zur gemeinsamen Andacht mit einer Dame.
    »Hinter diesem Vorhang hier könnt Ihr Eure Seelen ungestört erheben, edler Herr«, sagte er. »Ich werde inzwischen für Euch beten.«
    Sogar als sie hinter dem schützenden Vorhang ihre Maske abnahm, hätte ich meine Alizon kaum wiedererkannt, so elegant wirkte sie in einem hellgrünen und goldbestickten Brokatgewand.
    »Alizon«, sagte ich, während sie mir um den Hals fiel und mich abküßte, »Alizon! Meine hübsche kleine Fliege! Wie reich du gekleidet gehst! Man nähme dich glatt für ein Edelfräulein!«
    »Wollt Ihr mich hochnehmen, Monsieur? Ich bin immer noch Putzmacherin, wenn jetzt auch Meisterin, wie Ihr wißt. Aber weil es mir nicht ungefährlich schien, Euch in der Stadt zu suchen, seit Ihr in so üblem Leumund steht wegen der zweihunderttauend Ecus …«
    »Alles Lüge, Alizon! Böswilliger Schwindel!«
    |210| »Ach, bin ich froh, Monsieur, dies aus Eurem Munde zu hören! Küßt mich, Pierre! Wie lange hab ich Euch nicht gesehen!«
    »Aber woher das Gewand, Alizon?«
    »Ich hatte es gerade fertig für eine Kundin, und weil ich die gleiche Figur habe, zog ich es als Verkleidung an, damit mich niemand erkennt, wenn ich Euch treffe.«
    »Und wenn du unterwegs jener Dame begegnet wärst, mit deren Federn du dich schmückst?«
    »Sie wäre gewiß nicht böse, Monsieur, trag ich doch ihren Putz nur, um das Leben ihres Bruders zu retten.«
    »Was, es gehört Catherine?« sagte ich, »meinem Schwesterchen Catherine? Hafen der Gnade! Ihr Gesicht möchte ich sehen! Ach, kleine Feuerfliege«, rief ich und lachte, indem ich sie meinerseits in die Arme schloß, »was für ein hübscher Streich!«
    »Nicht so laut, Moussu«, raunte Miroul, indem er den Kopf durch den Vorhang steckte. »Ihr stört die Messe. Sogar der Küster runzelt schon die Stirn.«
    »Schmier ihn, Miroul! Alizon hat mich von meiner Schwermut geheilt.«
    »Gottlob, Moussu. Eure Geduld mit mir war auch nicht auszuhalten.«
    »Was seid Ihr für ein Mensch, Pierre!« sagte Alizon, als der Vorhang wieder fiel. »Da laufe ich, um Euch vor einem Anschlag auf Euer Leben zu warnen, und Ihr lacht!«
    »Wenn du meine Schwester kenntest wie ich, hättest du auch gelacht, Alizon! Wenn sie dich in ihren Kleidern sähe, würde sie sich vor Wut am Boden wälzen! Alizon, sollte sie dieses Gewand zurückweisen, bezahle ich es, dann gehört es dir.«
    »Danke, Monsieur. Aber die Zeit drängt! In der Nadelmacherei gegenüber Eurem Haus, im ersten Stock, lauert man Euch auf, um Euch zu erschießen!«
    »Die Nadlerei hat doch vorigen Monat geschlossen!«
    »Deshalb konnte man die Räume ja mieten.«
    »Kleine Fliege, was du mir summst, ist Gold wert! Woher weißt du von dem Anschlag?«
    »Heute morgen hörte ich, wie zwei Damen hinter einer Tapisserie mit gedämpfter Stimme redeten. Als Euer Name fiel, spitzte ich die Ohren.«
    »Und wieso warst du auf der anderen Seite der Tapisserie?«
    »Ich lieferte Hauben.«
    |211| »Wer sind die Damen?«
    »Monsieur«, sagte Alizon, indem sie sich entrüstet emporreckte, »es sind meine Kundinnen!«
    »Alizon«, sagte ich, und fast hätte ich wieder gelacht, »ich schwöre dir, daß ich die Damen kenne. Die eine tut sehr groß, ist aber klein, die andere steht niedriger, ist aber größer, ist wie du lebhaft, dunkel und hübsch, nur blickt sie nicht so gut. Sie heißt …«
    »Mademoiselle de La Vasselière«, entfuhr es der überrumpelten Alizon.
    »Psst, keine Namen, Alizon!« sagte ich, ihr den Mund zuhaltend, »es ist deine Kundin! Soso, nun stehe ich

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