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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Augen dunkel umflort. Er hielt den Rücken krumm, die Rechte, ins Wams gesteckt, lag auf seinem Magen, weil ihn offenbar sein altes Leiden plagte, zuviel und zu unbedacht zu essen. Dies bestätigte mir auch die goldene Dose, die an seinem Gürtel hing und der er, wie ich bald sah, im Wechsel Pillen oder Backpflaumen entnahm, die er lutschte oder kaute, um sich Erleichterung zu schaffen.
    Obwohl die Jahreszeit milde war, brannte ein starkes Feuer im Gemach, und weil ihn trotzdem noch fröstelte, hatte er sich eine gefütterte schwarze Samtkappe aufgesetzt, die er aus Warschau mitgebracht hatte und die seine Ohren bedeckte. Fast hätte er ausgesehen wie Ludwig XI., wäre sein Gesicht nicht so stark rot und weiß geschminkt gewesen, was schlecht zu seinem unrasierten Bart paßte – ein so ungewohnter Anblick, daß ich große Augen machte. Und erst recht verwunderten bei alledem seine Ohrgehänge, eines aus Perlen, eines aus Diamanten, die so schwer waren, daß sie die Ohrläppchen langzogen. Was sein Auftreten anging, hätte ich mir tausendmal vorgezogen, ihn, wie so oft, einer Statue gleich am Kamin lehnen zu sehen, als in diesem fiebrigen Auf und Ab durch den Raum, wobei er sich bald den Magen rieb, bald mit beiden Händen seine Schläfen preßte (demnach war auch sein Kopfreißen wiedergekehrt), die großen schwarzen Augen umrändert und voller Gram und Argwohn um sich spähend und mit bitterem Munde Worte murmelnd, so leise, daß man sie nicht verstand.
    Es dauerte eine Weile, bis er mich gewahrte, so war er in düsteres Brüten versunken, aber Du Halde lenkte seine Aufmerksamkeit auf mich, er hielt inne und bot mir seine Rechte, welche ich küßte und in den Händen behielt in dem Vorsatz, ihm den Puls zu fühlen, doch er entzog sie mir unwirsch.
    »Ich bin nicht krank.«
    »Außer, Sire, Euer Kopf und Euer Magen.«
    »Ach, und du willst mich heilen«, sagte er schroff und unzugänglich, »wo Marc Miron nicht weiter weiß mit seinem Latein?«
    »Sire«, sagte ich, »wenn ich dem Patienten raten dürfte, |264| sollte er zum Schlafen etwas Opium nehmen, die Fenster offenhalten, an die frische Luft gehen, weniger essen und von Pillen und Backpflaumen lassen, denen Eure Majestät übermäßig zuspricht.«
    »Das sind die Ärzte!« sagte der König achselzuckend. »Un sere kleinen Freuden verbieten, nur damit wir glücklich sind! Ein schlechter Arzt bist du, Siorac! Die Liga nimmt mir alles, da willst du mir noch meine Pillendose nehmen?«
    »Sire«, sagte ich, »beliebt mir Eure Pillendose zu geben, und ich gebe Euch Boulogne!«
    »Was!« rief er, »Boulogne? Meine Pillendose ist dein.«
    »Ja, Sire! Das Attentat der Liga ist schmählich gescheitert, Stadt und Hafen bleiben in Eurer Hand!«
    »Ah, guter Arzt!« rief der König leuchtenden Auges und hob den Kopf, »du hast mir die Picardie kuriert!«
    »Sire«, sagte ich, »soviel Lob verdiene ich nicht. Ich habe vor dem Bösen nur rechtzeitig gewarnt. Verjagt hat es der Hauptmann Le Pierre.«
    »Siorac, mein Kind!« sagte der König, indem er mir abermals seine Hand darbot, »du hast Guise einen schönen Strich durch die Rechnung gemacht! Chicot, Du Halde, habt Ihr das gehört?« rief er und wirbelte überraschend um sich selbst, worauf er Chicot und Du Halde in seiner Freude beide Hände entgegenstreckte, die sie eifrigst küßten. »Siorac, mein Sohn«, fuhr er fort, »du lachst, und, wahrlich, du hast Grund zu lachen! Mein fröhlicher Arzt, welch frohe Kunde bringst du mir!« rief er. Und plötzlich warf er seine gefütterte Mütze ab, als sei ihm heiß geworden, und schwang sich in einen Lehnstuhl.
    »Siorac, setz dich her! Hier, auf den Schemel! Erzähle, wie es war, mit allen Einzelheiten! Sättige meine Ohren. Sie sind nicht mehr an Siege gewöhnt.«
    Ich gehorchte so gut ich konnte, was allerdings nicht von Übel war (der Leser vergebe mir diese Eitelkeit), denn seit dem Vortag hatte ich im Kopf an diesem Bericht gearbeitet (so daß Alizon sich sehr über mein Stummsein beschwerte), wußte ich doch, daß der König eine lebendige Darstellung besonders in diesen Zeiten hören wollte, da sein Thron dermaßen wankte, daß auch der wagemutigste Finanzier keinen einzigen Sou auf dessen Bestand gesetzt hätte.
    Ich erhielt großes Lob. Auch wenn Pibrac tot und Ronsard |265| dem Tod nahe sei, sagte der König, dürfe die wohlgesetzte Rede nicht aussterben und dem Gegeifer ligistischer Pfaffen und Kanzelritter das Feld überlassen werden.
    »Dennoch, Sire«, sagte Du

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