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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Hôtel wohl in einem Sack stromab verlassen anstatt auf den eigenen Füßen.«
    Und wieder lachte sie, mit jener leichtherzigen, blinden und quasi unschuldigen Grausamkeit derjenigen, für die der Tod immer der Tod der anderen ist, nie der eigene.
    »Monsieur«, sagte sie, »kommen wir zur Sache: Wollt Ihr mir dienen?«
    |286| »Wie meint Ihr das, Hoheit?« fragte ich verdattert.
    »In meinem Sold.«
    »Madame«, sagte ich nach kurzer Überlegung, »ich kann nicht gleichzeitig im Dienst des Königs und seiner Todfeindin stehen. Ich begebe mich nicht auf die schiefe Bahn. Und Geld lockt mich nicht.«
    »Das heißt, Monsieur«, sagte sie, ein stählernes Blitzen in den Augen, »Ihr weist mich ab!«
    »Das heißt, Madame«, sagte ich, indem ich mich verneigte, »daß ich, ganz als wäre ich Euer, auch Euren schlimmsten Feind abweisen würde, wenn er mich kaufen wollte. Ist das nichts? Hat der Herr Herzog so viele treue Diener?«
    »Allerdings nicht«, sagte sie bitter. »Man dient ihm nur insoweit, wie man ihm den Sieg über den König zutraut. Aber auf keinen seiner großen Verbündeten ist Verlaß. Nicht einmal auf Philipp. Wie wir erfuhren, sollen wir für ihn nur die Kastanien aus dem Feuer holen, aber nicht für unser Haus, sondern für seins. Er will seine Tochter, Elisabeth von Valois, auf den französischen Thron setzen.«
    »Damit übergeht Seine sehr katholische Majestät das Salische Gesetz.«
    »Gemach!« sagte sie, während ihre blauen Augen mit einem sinnenden Ausdruck ins Leere blickten, als sähe sie ihren Bruder schon auf dem Thron und sich selbst auf dessen Stufen. »Also«, fuhr sie verlorenen Blickes fort, als löse sie sich nur mühsam von dem süßen Traum, »Ihr wollt nicht auf meine Seite wechseln? Schade, daß ein so galanter Edelmann unbedingt an diesem schwulen König hängt, falls er nicht auch schwul ist!«
    »Madame«, sagte ich lächelnd, »wenn Ihr dies als Meldung an Eure kleinen Prediger ausgäbt, fände sich am Hof kein einziger, der sie glaubte.«
    »Bah, ich denke nicht daran!« sagte sie achselzuckend. »Aber was mache ich mit Euch? Um Euch beseitigen zu lassen, seid Ihr ein zu kleines Korn in unseren königlichen Mühlen.«
    »Frau Herzogin«, sagte ich ein wenig pikiert, »so unwichtig bin ich nun nicht! Der Herzog von Epernon verdankt mir sein Leben.«
    »Leider!« sagte sie.
    |287| »Und wer weiß«, fuhr ich fort, »wenn ich derzeit schon soweit gewesen wäre, hätte ich vielleicht auch Euren erhabenen Vater von seiner Schußwunde geheilt, die ja nur die Schulter verletzt hatte.«
    »Monsieur«, sagte sie, »ich finde, Ihr prahlt reichlich mit Eurem Wissen. Wollte Gott, Ihr könntet mir wenigstens zu besserer Verdauung verhelfen. Mein Gedärm«, fuhr sie fort, indem sie sich ganz aufdeckte, »ist völlig verknotet und gräßlich gebläht.«
    Damit nahm sie meine Rechte und legte sie auf ihren Bauch, den ich mit beiden Händen, vom Magen bis zum Venushügel, abtastete.
    »Madame, wenn Ihr nicht den ganzen Tag so viele Süßigkeiten naschen würdet, blieben Euch solche Unannehmlichkeiten erspart. Ein Tag Diät, etwas Kräutertee, und Ihr seid Eure Verstopfung los.«
    »Ha, Monsieur!« sagte sie, »wie warm und sanft Eure Hände sind! Und Euer Kneten tut mir wunderbar wohl! Bitte, fahrt fort. Mir ist, als lösten sich die Knoten.«
    »Frau Herzogin«, sagte ich, »es beglückt mich, Euch ein wenig zu erleichtern.«
    »Ein wenig, Monsieur! Ihr macht das so geschickt, daß ich mich öffne wie eine Blume an der Sonne. Laßt mich Eure Hand führen, desto besser hilft es.«
    »Madame«, sagte ich, »wenn meine Hand den Weg nimmt, den Ihr wollt, ist es keine Behandlung mehr, sondern das Vorspiel eines Stückes, das mit Medizin nichts mehr zu tun hat.«
    »Worauf warten wir, Monsieur? Spielen wir das Stück, wenn Ihr genausoviel Lust drauf habt wie ich.«
    »Gewiß, aber bin ich für Euch nicht ein zu kleines Korn?«
    »Monsieur, laßt es meine Sorge sein, was ich meinem Rang schulde. Ihr jedenfalls könnt Euch hinter Eurer ehelichen Treue schwerlich verschanzen, da ich aus Eurem Munde weiß, daß Ihr auswärts vögelt.«
    Ich war gefangen, Leser. Nicht allein, daß es höchst ungalant gewesen wäre, einer hohen Dame einen Korb zu geben, die, ihre Hoheit vergessend, so sehr darauf brannte, befriedigt zu werden. Ich hätte mich dieser Furie auch nicht verweigern können, ohne sie tödlich zu beleidigen, vor allem aber ohne Zweifel an der vorgeblichen Eskapade zu erregen, mit der ich meine

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