Noch immer schwelt die Glut
französischem Boden viel zuviel mit Guise und Navarra zu tun hatte, um jenseits des Kanals irgend etwas zu unternehmen. Ich besann mich aber, daß es in meinem Interesse wäre, diese Informationen nicht sogleich auszuliefern, berührten sie doch |307| just den Kern des Handels, den diese schönen und gewandten Politikerinnen mit mir schließen wollten.
»Mylady«, sagte ich, »dies ist eine Frage, die ich zuerst dem König vorlegen müßte, um seiner Antwort gewiß zu sein.«
»Schön, Monsieur le Chevalier«, sagte Lady Stafford mit etwas wie übersprudelnder Fröhlichkeit in Stimme und Blick, »laßt uns gemeinsam einige Mutmaßungen anstellen. Nehmen wir an, daß der König Euch in dem von uns erwünschten Sinne antwortet; daß er unsere Königin dies von Mund zu Ohr wissen lassen möchte; daß er Euch zu diesem Zweck im Gefolge des Herrn von Bellièvre nach London schickt; daß die Königin Euch nach der Predigt des Herrn Gesandten insgeheim empfängt und aus Eurem Mund besagte Zusicherungen erhält. Glaubt Ihr nicht, daß Ihr dann in der günstigsten Lage wäret, sowohl Eurem König als auch meiner Königin wie Euren privaten Interessen zu dienen?«
»Mylady«, sagte ich, »das sind viele ›wenn‹.«
»Die indessen alle auf dem ersten beruhen. Wenn also der König Euch nach London schickt, wird das erste ›wenn‹ zur Tatsache und zieht die übrigen nach sich. Monsieur, bevor Ihr nach London geht, vermeldet es mir bitte bei der Marschallin von Joyeuse, ich werde mich ab sofort alle Nachmittage dort langweilen.«
Als der König am nächsten Morgen den Kern dieses Gesprächs erfuhr, fiel er mir beinahe um den Hals.
»Ah, mein guter Siorac!« rief er, »die Vorsehung stellt dich doch immer an den rechten Ort. Mich plagte schon die Sorge, was Pomponne Pompös meiner Cousine, der Königin Elisabeth, wohl vortragen werde, empfängt er seine Instruktionen doch eher von meiner Mutter als von mir und ist der Liga zugeneigt wie eine Trauerweide dem sumpfigen Weiher.
… Ah, mein Siorac! Jetzt schon höre ich, wie er sich zu London in frommer Weitschweifigkeit zugunsten von Maria Stuart ergeht, die ich recht gut leiden mochte, als sie die Gemahlin meines armen François 1 war, die ich aber verabscheue, seit sie den Mord an ihrem zweiten Gemahl billigte und den Mörder |308| heiratete. Eine ausgemachte Törin, die an Mendoza schrieb, sie vererbe ihr Königreich Schottland und ihre Rechte auf das englische Reich Philipp II.! Hafen der Gnade! Gibt es einen niederträchtigeren Verrat? Wie muß der Glaubenseifer sie blenden, wenn sie das tapfere englische Volk dem spanischen Inquisitor auszuliefern gedenkt?«
Hier öffnete Chicot den Mund, um eine seiner Witzeleien anzubringen, doch Heinrich hob seine schöne Hand und schloß ihm den Mund. Ihm war nach einem Monolog zumute.
»Recht besehen«, fuhr er fort, »ist Maria Stuart eine Guise, die ihre Königin ebenso verrät wie Guise seinen König. Siorac, wenn du einverstanden bist, schicke ich dich im Gefolge von Pomponne Pompös nach London. Als sein Dolmetsch im Englischen.«
»Sire«, sagte Du Halde, »dies habt Ihr bereits Hébrard befohlen, er packt derzeit seine Sachen.«
»Dann packt er sie eben wieder aus!« sagte der König lachend. »Weil er plötzlich krank wird. Ich spüre es! Ich will es! Du Halde, hast du verstanden? Und gib dem guten Hébrard zweihundert Ecus aus meiner Schatulle für seine Genesung. Er soll das Haus hüten und die Nase nicht vor die Tür stecken. Chicot, wisch dir den Tropfen ab von deiner! Siorac, du darfst in London meinem dortigen Gesandten nicht trauen. Weißt du seinen Namen?«
»Sire, ist es nicht Monsieur L’Aubépine de Châteauneuf?«
»Derselbe. Er ist ein Unruhstifter. Ein Ligist. Er strampelt sich wie der Teufel im Weihwasserbecken für die Stuart ab. Elisabeth hat es mir durch Lord Stafford geklagt. Ist es nicht fabelhaft«, fuhr er in jäh verändertem Ton fort, »daß ich diesen stacheligen Aubépine nicht auf seine Güter verbannen könnte, ohne daß die Liga aus allen Mäulern gegen mich kläffen und Guise mir drohen würde? Hafen der Gnade! Wie der Schuft mir an der Kehle sitzt und mich abwürgt!«
Hiermit wechselte der König von der vorigen Vergnügtheit zum höchsten Zorn, seine schönen Augen schleuderten Blitze, er schickte Du Halde und Chicot hinaus, den einen, Hébrard sein Geld zu überbringen, den anderen, sich die Nase im Vorzimmer gehörig zu schneuzen.
»Mein Sohn«, sagte Heinrich, nachdem er
Weitere Kostenlose Bücher