Noch immer schwelt die Glut
die Bekümmerten des Allerheiligsten verwiesen hatte und mich mit sich durch |309| den Raum zog wie vormals den Kardinal von Bourbon, nun aber nicht zum Spott, »was ich dir jetzt anvertraue, ist einzig für deine Ohren und für meine Cousine, die Königin Elisabeth, bestimmt.«
Hierauf gab der König mir mit leiser Stimme seine Instruktionen, als fürchte er Lauscher hinter den Tapisserien seines Gemachs, obwohl die Wände täglich Daumen um Daumen abgesucht wurden. Auch wenn einige Dinge, die er sagte, mir nicht neu waren, weil sein Monolog sie bereits angedeutet hatte, überraschte mich doch seine letzte Empfehlung – die ich, was du entschuldigen wirst, Leser, hier allerdings noch nicht wiedergebe, um sie den erhabenen Ohren der Königin vorzubehalten –, überraschte mich, sage ich, und machte mich stumm vor Glück, derart unerwartet und furchtbar erschien mir dieses Geheimnis, und derart nachdenklich machte es mich, eine solche Last auf meinen zerbrechlichen Schultern zu tragen (wie leicht rollte ein Kopf!) und in dem untergeordneten Rang, welchen das Schicksal mir zugewiesen hatte, den Mächtigen dieser Welt doch sehr nahe zu kommen, zu nahe gleichsam, wie ich sah.
Gewiß wußte ich, daß Könige oft mehr einem bescheidenen Barbier vertrauten als ihrem hochedlen Gesandten. Hatte Heinrich, um bei ihm zu bleiben, nicht mehr als einmal den ehrwürdigen Doktor der Medizin, Marc Miron, mit Botschaften betraut, die er weder der Königinmutter noch Pomponne Pompös, noch irgendeinem anderen seiner Minister anvertraut hätte? Trotzdem war ich verblüfft und zitterte sozusagen, daß er ausgerechnet mich unter all seinen Untertanen zum Werkzeug seines heimlichsten Plans erwählt hatte, welchen Guise, hätte er ihn gekannt, als ungeheuerlich bezeichnet hätte.
Nun, als ich meinen geliebten König verließ und der Louvre hinter mir lag, faßte ich mir wieder ein Herz, indem ich mir sagte, daß wenn die guisardische Politik sich die unerbittliche Austreibung aller Hugenotten zum Ziel setzte – einige der eifrigsten Ligisten scheuten sich bereits nicht zu schreiben, daß man in der Bartholomäusnacht nicht genug von ihnen umgebracht hätte –, ich zugleich meinem Fürsten und mir diente, wenn ich jene blutrünstigen Pläne durchkreuzen half, zumal ich jede Verfolgung von jeher verabscheute und mich, ebenso wie der König, der allein mehr Geist und Menschlichkeit hatte |310| als alle Guises zusammen, zu dem Grundsatz bekannte:
fides suadenda, non imperanda.
1
Am Nachmittag eilte ich zur Marschallin von Joyeuse, wo ich mir stoischen Ohrs ihr Gegreine über das Unmaß an Macht, Reichtum und Glanz anhörte, mit welchem der König ihre Söhne überhäufte (wobei alle an die Reihe kamen: der Herzog, der Graf, der Kardinal), bis ich endlich den venezianisch roten Schopf Lady Staffords auftauchen sah, der ich mich allgemach näherte, nicht ohne unter den Anwesenden nach Ligisten auszuspähen. Zum Glück war das Gedränge groß, und ich konnte unbemerkt, wie ich hoffte, die hohe Dame in einer Fensternische sprechen.
»Ihr werdet also reisen, Monsieur«, sagte sie auf englisch und so leise, daß ich es kaum verstand. »Ist Eure Botschaft der Art, daß sie uns befriedigt?«
»So ist es, und mehr, als Ihr hofftet.«
Worauf sie rosig anlief und erbebte, als beträte ein von ihr angehimmelter Edelmann den Salon.
»Monsieur«, sagte sie, »da Ihr ja ein Auge für Schmuckstücke habt, seht Ihr den Ring an meiner Rechten? Könnt Ihr ihn beschreiben?«
»Gewiß. Es ist ein ovaler Onyx, der in der Mitte einen herzförmigen Rubin zwischen zwei Perlen trägt.«
»Ihr werdet in London derjenigen Person, ob Mann oder Frau, gehorchen, die einen solchen Ring trägt.«
»Ich werde es nicht versäumen, Mylady«, sagte ich. »Und darf ich mir erwarten, ebenso befriedigt zu werden, wie Ihr es seid?«
»Ich hoffe es«, sagte sie, einen Schatten in den schönen Immergrünaugen. »Sicher bin ich mir nicht. Walsingham ist sehr hart.«
Worauf sie mir ihre Hand reichte, die ich, insgeheim enttäuscht, doch mit heiterster Miene küßte, wie ich es noch mit weiteren fünf oder sechs Damen hielt, um sozusagen zu verwischen, daß Lady Stafford mein einziger Anziehungspunkt gewesen war.
Ihr letzter Satz war mir auf die Seele gefallen wie ein Stein, und ich begriff, daß ich von meiner Hoffnung, Larissa aus |311| ihrem Kerker zu befreien, wohl ein wenig abstehen müsse. Und hatte ich bislang erwogen, Giacomi einzuweihen und mitzunehmen nach
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