Noch immer schwelt die Glut
Walsingham hin und her, und hinter ihnen zwischen Lady Markby und Mundane.
»So wahnwitzig all dies auch erscheinen mag, liegt in dem Wahnwitz doch einige Logik«, sagte endlich die Königin, »denn derselbe Wurm, der am Thron Eures Herrn nagt, frißt auch an meinem.«
Damit winkte sie Lady Markby, sich zu ihr herabzubeugen, und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was mich aber keine unfreundliche Botschaft dünkte, denn Lady Markby lächelte und ging, das gleiche in Walsinghams Ohr zu raunen, der, ohne zu lächeln, bejahend nickte und mit der Hand Mundane ein Zeichen gab, der, Ihre Majestät grüßend, sogleich verschwand.
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» Sweet
Siorac«
,
1 sagte Elisabeth und erwies mir, meinen Spitznamen vergessend, zum Abschied die Ehre einer Alliteration, »bitte, überbringt Eurem Herrn, meinem geliebten Bruder, zehnmillionenmal Dank für die trostreiche Freundschaft, welche er mir in der gegenwärtigen Lage bezeigt. Sagt ihm, daß ich von Herzen wünsche und Gott den Herrn darum alle Tage anflehe, ihm Leben und Thron zu erhalten, wie ich es auch für mich erhoffe. Sagt ihm endlich, daß ich seine letzte Botschaft, eine in der Tat ja höchst folgenreiche, mit meinem Rat in Muße erwägen werde und daß er unsere Entscheidung an den Wirkungen ersehen möge.«
Hiermit reichte sie mir ihre Hand, ich hauchte kniefällig einen ergebenen Kuß auf ihre Fingerspitzen, doch drängte es mich, endlich nun die Worte anzubringen, die mir im Munde brannten.
»Majestät, erlaubt mir noch ein Wort zum Schicksal von Mademoiselle de Montcalm …«
»Monsieur«, sagte Lady Markby, mir ins Wort fallend, »die Etikette verbietet es, das Wort an die Königin zu richten, nachdem sie Euch die Hand gereicht hat.«
Verstummt, beschämt, enttäuscht, den Mund von so strenger Rüge verschlossen, verließ ich rückwärtsgehend den Saal, indem ich Elisabeth drei untertänigste Verbeugungen machte, gefolgt von Lady Markby, die mich draußen am Arm faßte.
»Geduld, Siorac. Laßt der Königin und Walsingham Bedenkzeit, und Eure Frage löst sich von selbst.«
»Wozu hier die Maske?« fragte ich, als sie mir diese hinstreckte.
»Weiß man«, sagte sie, »ob sich hier nicht ein spanischer Agent eingeschlichen hat?«
»Was?« sagte ich, »im Palast der Königin?«
»Warum nicht?« sagte sie. »Geld vermag alles. Würden wir sonst die Gerichte Ihrer Majestät sämtlich vorkosten?«
Vor dem Hause meiner liebreichen Gastgeberin angelangt, legte mir Lady Markby ihre Hand auf den Arm.
»Euch erwartet ein persönliches Geschenk«, sagte sie. »Die Königin ließ es hierherbringen. Deshalb beurlaubte sich Mister Mundane zum Ende Eurer Audienz auf französische Art.«
|343| »Ah! Mylady Markby!« sagte ich, »ich weiß Ihrer Majestät für ihre gnädigste Freigebigkeit unendlichen Dank, doch stehe ich im Dienst meines Herrn des Königs von Frankreich und kann aus den Händen eines ausländischen Herrschers, bei aller Liebe und Ergebenheit, leider nichts annehmen.«
Worauf Lady Markby sich begnügte, vielsagend und übermütig zu lächeln, wie es ihrem launigen Wesen entsprach.
»Wartet nur«, flüsterte sie mir zu, »und seht erst, was es ist, bevor Ihr ablehnt. Ihr findet es im Salon.«
Ich wollte ihr zum Abschied die Hände küssen, sie aber lenkte meine Küsse zu lieblicheren Zielen, und ich dachte, wie klug die Königin für meine Gewissensruhe entschieden hatte, mich bei der besonnenen Lady T. einzuquartieren und nicht bei einer, die so leicht vergaß, daß sie Mann und Haus in Shropshire hatte.
Nicht ohne eine gewisse Neugier, welcher Natur und Form das königliche Geschenk wohl sei, lenkte ich meine Schritte zum Salon, doch entdeckten meine schweifenden Augen nichts, was ich nicht schon gesehen hatte. Und, seltsam, obwohl aus besagtem Grund fest entschlossen, nichts aus den Händen Ihrer Gnädigsten Majestät anzunehmen, war ich enttäuscht. Im Kamin brannte ein helles Feuer, und da ich im Spiegel darüber eine Dame erblickte, deren Züge ich nicht sah, weil sie sich einen Fächer vors Gesicht hielt, wie Damen es tun, damit das Feuer ihrem Teint nicht schade und ihre Schminke auflöse, meinte ich, die schöne Lady T. an ihren blonden Haaren wie an ihrem hellblauen, goldbestickten Seidengewand zu erkennen. Schwankend, ob ich mich lautlos zurückziehen sollte, um meine Gastgeberin nicht beim Träumen zu stören, oder ob ich vielmehr näher treten und ihr meine Schuldigkeit erweisen sollte, hielt ich kurz inne, als die Dame ihren Fächer
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