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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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zittrigen Gliedern, daß ich bezweifelte, nach meinem Kniefall wieder hochzukommen. Die Königin betrachtete mich einen Moment neugierig, dann reichte sie mir ihre Hand zum Kuß, reichte sie mir aus jähem Impuls ein zweites Mal, und während ich einen zweiten Kuß darauf hauchte, gab sie mir mit der anderen Hand zwei kleine, freundschaftliche Klapse auf die Wange.
    »Monsieur, Eure Augen gefallen mir«, sagte sie. »Sie sind gut und warm.«
    Ich war auf dem Gipfel des Glücks und der Ergriffenheit, daß sie sich mir so gnädig zeigte, und es ist wenig, wenn ich sage: Ich war in dem Augenblick so verliebt in sie, daß ich ihr, wäre ich nicht Franzose und meinem König verpflichtet gewesen, glaube ich, fortan mein Leben geweiht hätte. Wenn ich mir diese Szene später ins Gedächtnis rief – und wie viele ähnliche waren mir von Lady T. erzählt worden, wo Elisabeth sich mit zwei zugewandten Worten Wohlwollen und Ergebenheit dieses oder jenes Untertanen auf alle Zeit erobert hatte –, erkannte ich freilich, wieviel Kunst und Politik hinter solchen Schmeicheleien |336| Ihrer Majestät steckten. Doch erkannte ich zugleich, daß sie im selben Moment, weit entfernt, falsch zu sein, wahrhaftig aus ehrlichem Herzen so gesprochen hatte, was wiederum ihrem Zweck diente, denn gerade die Aufrichtigkeit machte ihre Liebenswürdigkeit schier unwiderstehlich.
    Nun entging aber der Königin nicht, welchen Eindruck sie auf mich gemacht hatte, und zu sehr Weib, um davon nicht ihrerseits geschmeichelt zu sein, und andererseits durch die Depeschen Lady Staffords informiert, daß sie von mir hinsichtlich der Intentionen meines Herrn einen sehr anderen Glockenklang vernehmen würde als von Monsieur de Bellièvre, wollte sie vermutlich ihre Ungeduld hierauf kaschieren und überließ sich plötzlich einer spielerischen Laune.
    »Markby«, sagte sie lächelnd zu Lady Markby, »was machen wir mit diesem netten Franzosen? Verheiraten wir ihn mit einer unserer Schönheiten, damit wir ihn an unserem Hof behalten?«
    »Dann beliebe Eurer Majestät, ihn mir zu vermählen!« sagte Lady Markby lachend. »Es ist zu hübsch, mit wie hungrigen Augen er weibliche Personen verschlingt.«
    »Markby!« entgegnete Elisabeth, »vergeßt Ihr, daß Ihr Mann und Haus in Shropshire habt?«
    »Wollte Gott, ich könnte es vergessen!« sagte Lady Markby schmollend.
    »Verheiraten wir ihn doch lieber mit der guten Lady T.«, sagte die Königin, »sie ist immerhin Witwe.«
    »Majestät«, sagte ich, mich ins Spiel mischend, »nichts würde mich höher entzücken, soviel Zuneigung und Achtung hege ich für Lady T., doch bin ich bereits in Paris verheiratet.«
    »Ach, so ein Jammer!« rief die Königin, die es zweifellos wußte. »Nun, Markby, wenn wir ihn nicht verheiraten können, geben wir ihm wenigstens einen Spitznamen. Eignen wir ihn uns an, indem wir seine Essenz in ein Wort einschließen, mit dem wir ihn bezeichnen.«
    Ihre Majestät schien mit ihrem Satz sehr zufrieden, war sie doch nicht minder als mein Herr auf Wortdrechseleien versessen, die damals große Mode waren, an ihrem Hof wie am französischen, vor allem aber in Italien, wo diese Versessenheit auf Spitzfindigkeiten, Wortspiele, Metaphern und Alliterationen angeblich ihren Anfang genommen hatte.
    |337| »Markby! Mundane! Walsingham!« rief die Königin übermütig und klatschte in die Hände, »leiht mir Euren Geist! Findet mir rasch einen Namen für den Chevalier de Siorac!
My moor
, bitte«, fuhr sie, mit betörendem Lächeln an Walsingham gewandt, fort, der in seiner eifersüchtigen Stimmung allen diesen einem Franzosen erwiesenen Schmeicheleien wenig geneigt schien, »einen Spitznamen für Monsieur de Siorac!«
    »Fuchs«, sagte Walsingham ziemlich mürrisch.
    »Nein, nein!« rief Lady Markby lachend, »wenn er in einen Hühnerstall käme, würde er die Hennen hofieren, anstatt sie zu fressen.«
    »Frosch!« sagte Mundane.
    »Ach, Mundane!« sagte die Königin lachend, »Ihr habt keine Phantasie! Frosch, das war doch schon der Herzog von Alençon, der so klein und krumm und reizend war. Wir wollen ja wohl nicht alle Franzosen ›Frosch‹ nennen. Lassen wir diesen Namen dem armen Alençon, den ich geheiratet hätte, wären meine Minister nicht so dagegen gewesen.«
    »Ich wüßte nicht«, sagte Walsingham ernst, »daß Eure Majestät jemals anders als nach ihrem Willen gehandelt hätte.«
    »In der Tat«, sagte die Königin. »Markby, schnell, einen Namen für Monsieur de

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