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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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»eine solche Gottlosigkeit machst du nicht noch einmal!« sagte sie, nahm sie in die Arme und küßte sie, »wenn du nicht zurückwillst zu Gertrude, dann bleibst du bei uns.«
    Was die liebe Zara, unter vielen Dankesworten, erst einmal ablehnte, aber wie eine, die nur noch inständiger gebeten werden wollte, den Tod nicht mehr zu versuchen.
    So kam es, daß Zara einen Platz in unserem Haushalt erhielt, einen ehrenwerten, aber etwas unbestimmten, denn zu unserem Dienst mochte sie wenig beitragen, es sei denn als Ornament, weil sie sich die schönen Hände nicht mit Arbeiten verderben mochte, auch mit den leichtesten nicht. Und weil wir für sie keinen anderen Gebrauch im Hause wußten, wurde sie meiner armen Gemahlin eine Gesellschafterin, die jedoch mehr Kreuz als Erheiterung war, weil sie nicht aufhörte, ihren Groll gegen Gertrude samt endlosen Beschuldigungen hervorzustoßen. Am Ende schwirrte meiner armen Angelina dermaßen der Kopf, daß sie mich anflehte, ein Wort mit Gertrude zu sprechen, damit sie diesen Streit behebe, der auf einmal wichtiger geworden schien als der Krieg, der das Reich verheerte und die Franzosen entzweite.
    Ich gab mir alle Mühe, konnte aber die stolze Normannin |373| nicht überreden, Eloïse zu entlassen und Zara zurückzunehmen, obwohl sie ersterer längst überdrüssig schien und die andere herbeisehnte.
     
    Am selben Abend mit Fogacer und Silvio in meiner Bibliothek, bestürmte ich den Freund mit Fragen um Nachrichten aus Paris. In Heldenpose, auf Standbein und Spielbein gestellt, ragte seine hohe, schlanke Gestalt, die Linke graziös in die Hüfte gelegt, schwarz gekleidet wie üblich, vorm Feuer, während Silvio, rittlings auf einem Schemel sitzend, mich sehr verändert anmutete, kräftiger geworden, und die sonst so lieblich glatten Wangen schimmerten von dunklem Bartwuchs.
    »Ha,
mi fili
!« sagte Fogacer, »das Schlimme am Machiavellieren ist, daß, wenn das Doppelspiel scheitert, man doppelt verliert: den Einsatz sowohl wie die Achtung der Mitspieler. So erging es unserem armen Heinrich. Der große fremde Heerbann aus Schweizern und Deutschreitern, dem Guise bei Vimory einen Schubs versetzte, geriet ihm aufs neue bei Auneau vor die Klinge. Kleine Scharmützel, aber von der Liga mit Fanfarenstoß zu großen Siegen aufgeblasen, wie sie ja jeden kleinen guisardischen Kater zum gewaltigen Tiger aufzubauschen pflegt. Und dieser Lorbeer wird Guise so reichlich gespendet, nur um den König anzuprangern, der über eine große Armee verfügt, mit der er die Fremden verjagen könnte, wenn er wollte. Aber der König will nicht. Warum?
Mi fili
«, fuhr Fogacer fort, indem er mich aus seinen nußbraunen Augen unter den diabolischen Brauen anblickte, »habt Ihr wirklich gefragt, warum?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich lachend, »ob ich gefragt habe, aber ich frage es jetzt.«
    »Verstand ich Euch doch recht! Erstens: Weil der König menschlich ist und Blutvergießen verabscheut. Zweitens, weil er sich’s mit den Deutschreitern und Schweizern nicht verderben will, könnte er sie gegen Guise doch noch brauchen. Also einigt er sich mit ihnen und zahlt, damit sie das Reich verlassen.«
    »Er bezahlt sie?«
    »Er bezahlt mit Wolltuchen und mit Seide, mit guter, klingender Münze, mit Vorräten für die Heimkehr. Und Deutschreiter und Schweizer ziehen ab.«
    »Dann ist es doch gut!« sagte ich.
    |374| »Gut? Schlecht ist es!« sagte Fogacer, indem er seine Spinnenarme breitete. »Denn schon heißt es in Paris, der König behandele die Deutschreiter nur deshalb so gut, weil er selbst sie ausgehoben, gedingt und ins Land geholt habe! Geschrei! Gebelfer! Predigten! Fäusterütteln! Haß und Verachtung überall im dummen Volk gegen Heinrich! Und die Sorbonne – Ihr hört richtig! – die Sorbonne, das heißt vierzig versammelte Pedanten stellen fest, daß man einen Fürsten der Herrschaft entheben kann, wenn man ihn ungeeignet findet!«
    »Das ist Rebellion!« sagte ich.
    »Offene und unbändige! Ha,
mi fili
! Paris brodelt! Der Thron wankt!«
    Hiermit ließ sich Fogacer in einem Lehnstuhl nieder und wies, zu Silvio gewandt, auf ein Polster.
    »Komm, Silvio, setz dich zu mir.«
    Zu meinem Erstaunen lehnte Silvio ab – er, den ich so oft zu Füßen seines Herrn hatte kauern sehen.
    »Ehrwürdiger Doktor«, sagte er kühl und höflich, »mit Eurer Erlaubnis bleibe ich, wo ich bin.«
    Fogacer, von dieser Erwiderung getroffen, wurde blaß und still, seine Lider flackerten, seine Unterlippe bebte.

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