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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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mit biegsamem Hals, warmem Teint, die Augen blank, groß und von seltenem Grün mit goldenen Sprenkeln darin.
    Nachdem sie sich an sich sattgesehen hatte, mußte man sie gewissermaßen zwingen, eine warme Suppe zu schlürfen, einen halben Becher Wein, und eine Scheibe Mandelbrot zu essen. Was sie schließlich tat, ohne eine Krume übrigzulassen, doch indem sie verkündete, von nun an weigere sie sich, zu essen, zu trinken, zu schlafen und zu leben, so randvoll sei sie des unendlichen und unverzeihlichen Unrechts, das man ihr angetan hätte.
    »Aber, welches Unrecht, Zara?« fragte Angelina, indem sie ihre großen schwarzen Augen, so schön und gütig, auf diese richtete.
    »Ha, Frau Angelina, wißt Ihr es denn nicht?« rief Zara, und ihre grünen Augen wurden schwarz vor Zorn, »Dame Gertrude hat eine persönliche Zofe eingestellt, ein dreckiges Luder, eine elendige Stromerin, die mich, nur weil sie jung ist, von meinem Platz verdrängen will.«
    »Aber, Zara«, sagte Angelina in aller Unschuld, »Gertrude hat dich doch nicht entlassen, weit entfernt, sie wollte dir mit Eloïse nur eine Hilfe geben, und das Mädchen ist auch nicht schmutzig oder häßlich, soweit ich sah.«
    |371| »Madame«, rief Zara, indem sie mit flammenden Augen, die Hände ringend, durchs Zimmer lief, »dann habt Ihr sie nicht richtig angesehen! Ich versichere Euch, es ist eine ekelhafte Strunzel. Die Brüste baumeln ihr aus dem Schnürleib wie überlaufende Milch, der Bauch hängt ihr bis zu den Knien, aber ihr Hintern erst, ein widerlicher Anblick, kann ich Euch sagen! Sie hat Haare auf den Hinterbacken.«
    »Nein!« sagte meine gläubige Angelina, »auf den Hinterbacken, sagst du? Wie sonderbar, Zara! Könnte die Ärmste sie sich nicht abschaben lassen?«
    »Welcher Badefrau sollte sie solche Greuel wohl zeigen?« rief Zara, gleichsam zähneknirschend, »obendrein guckt sie so tranig und blöde, hat Rotz an der Nase, und ihre Füße stinken! Ha, eine schöne Zofe hat sich meine Herrin da ausgesucht, und – stellt Euch das vor, Madame – die nimmt sie sogar in ihr Bett, zieht sie mir vor – mir!« wiederholte sie und schlug sich an die Brust (die in der Tat apfelrund war und keine Hängebrust) – »mir! die sie so sehr liebt und die ihr solange dient! Ha, Madame! Was mir Dame Gertrude damit angetan hat! Was für eine Schmach! Mir dieses Aas vorzuziehen, mir!« fuhr sie fort, indem sie ihrem Bild in dem venezianischen Spiegel einen empörten Blick zuwarf, »sich diesen Haufen Unflat ins Bett zu holen! Monsieur le Chevalier, wer vom Azur gekostet hat, wirft sich der auf einen Misthaufen?«
    Und bei diesem Gedanken schossen ihr die Tränen nur so aus den Augen.
    »Madame!« rief Florine, »weint doch nicht, Ihr verderbt meine ganze schöne Arbeit!«
    Ich weiß nicht, wie Zara es über sich brachte, daß ihre Tränen plötzlich versiegten, jedenfalls wurden ihre Augen wieder trocken, ohne darum weniger vor italischem Zorn zu funkeln, und mit wallendem Busen stapfte sie hocherhobenen Hauptes einher, aufgebäumt wie ein durchgehendes Roß.
    »Aber, Zara«, sagte Angelina und machte große Augen, »ich höre ja öfter, daß eine Herrin sich ihre Zofe zur Gesellschaft ins Bett nimmt, das ist wohl ein verbreiteter Brauch. Aber, ob man nun hier schläft oder dort, hat doch nichts zu sagen: Was ist denn der Unterschied?«
    »Hat nichts zu sagen, Madame!« schrie Zara, und ihr Augen loderten, »hat nichts zu sagen, mein Platz im Bett! Ich habe |372| Dame Gertrude all die Jahre mit glühendster Hingabe gedient, und dann raubt mir das erstbeste Dreckstück meinen Platz in ihrem Bett! Nein, Madame, das ertrage ich nicht! Und ich setze keinen Fuß mehr zu Dame Gertrude, wenn sie das lausige Luder nicht auf den Misthaufen schickt, von dem das stammt.«
    »Ach, Zara!« sagte Angelina ganz verzagt, »sprich nicht so! Die Ärmste hat Vater und Mutter, so wie du.«
    »Nein, Madame!« sagte Zara wutentbrannt, als wären es Worte des Evangeliums: »Ich sage, die ist wie Pilz aus dem Mist gesprossen.«
    »Zara«, sagte ich, da ich den Moment für gekommen hielt, diesem Irrwitz Einhalt zu gebieten, »es sieht nicht so aus, als würde deine Herrin dir gehorchen und das Mädchen wegschicken, denn sie kommt gut mit ihr aus. Was willst du dann tun?«
    »Wieder dahin gehen, wo Ihr mich herausgezogen habt!« schrie Zara und kreuzte die Arme vor der Brust. »Was bleibt mir anderes übrig?«
    »Nein, Zara, nein!« rief Angelina, indem sie aufsprang und zu ihr lief,

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