Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
verwundern, daß Elisabeth eine Person Eures liebenswerten Geschlechts in solchen Missionen aussendet.«
    »Ist sie nicht auch eine Frau?« sagte Mylady Markby. »Sind wir etwa dümmer als ihr, nur weil wir keine Hoden im Hosensack tragen?«
    »Pfui!« rief ich lachend, »niemals sage noch denke ich so |410| etwas, vielmehr bin ich überzeugt, daß in eurem kleinen Finger mehr Diplomatie steckt als in besagtem Glied.«
    »Schöne Lügen haben schöne Zungen!«
    »Die meine ist ganz Euer.«
    »Ich werde Euch dran erinnern«, sagte Lady Markby lächelnd, »sollten wir, Ihr und ich, diesem Sturm heil entkommen. Lerche, jetzt seid Ihr in meinen Netzen. Ich werde Euch rupfen.«
    »Mylady«, sagte ich, »es wird mir ein Vergnügen sein, an Eurem Feuer zu schmurgeln.«
    »Ach, Monsieur!« sagte die Lady auf französisch, »bringt mich nicht zum Lachen, sonst kriege ich meine Maske nicht aufgesetzt. Wie könnt Ihr so ìeichtsinnig sein, zu scherzen, wenn uns die Apokalypse naht? Wißt Ihr, daß die Schiffe der Armada in ihren Flanken Mönche, Henker und Foltergeräte tragen, um das englische Volk wieder der päpstlichen Religion zu unterwerfen?«
    »Madame«, sagte ich, »Lachen ist auch eine Waffe gegen den Fanatismus. Darf ich Euch küssen?«
    »Eure Kühnheit kommt zu spät. Meine Maske ist angelegt.«
    »Aber hinter Eurem zierlichen Ohr ist Raum für meine Lippen.«
    »Ha, Monsieur, den raubt Ihr mir aber!«
    »Madame, auch jeder geraubte Kuß ist ein Raub an unseren gemeinsamen Feinden, den Priestern!«
     
    Sosehr diese höfische Tändelei mich auch erheiterte, der ich seit Monaten fern der Zerstreuungen und Lichter des Hofes in einem sehr düsteren Logis und in sehr traurigen Kleidern vegetierte, sobald die hohe Dame gegangen war, fühlte ich mich doch sehr allein und bekümmert. Und dieser Kummer verstärkte sich, als zu später Stunde noch Mosca kam und mir sagte, die Pariser Liga habe einen Abgesandten zu Guise nach Soissons geschickt, der ihn inständig aufgefordert habe, schnellstens nach Paris zu kommen, den Ligisten sinke der Mut, da der König den Louvre, die Bastille und das Arsenal befestigt habe, dergestalt, daß sie sich schon arretiert und am Galgen sähen und von der Liga abfallen würden, wenn der Herzog nicht bald erschiene, wie er tausendmal versprochen hätte. Er möge unbedingt kommen! Auf daß seine Gegenwart alles zusammenhalte! |411| Er sei die Hefe, durch welche der Teig aufgehen werde!
    »Epernon, habt Ihr das gehört?« fragte der König seinen Vertrautesten, als ich ihm am nächsten Tag diese Worte wiederholte, nachdem ich ihm zuerst die von Lady Markby übermittelt hatte. »Es naht der furchtbare Sturm, der Elisabeths und meinen Thron auf einen Schlag hinwegfegen will. Was sagt Ihr dazu?«
    »Sire«, sagte Epernon mit einem kleinen Lächeln, »Guise will doch nicht viel: die Generalleutnantschaft des Reiches, die Inquisition in Frankreich, die Austreibung Eurer hugenottischen Untertanen und die Erhebung des Kardinals von Bourbon zum Thronfolger.«
    »Henricus«, sagte Chicot, »Epernon hat recht. Den Thron fordert der Herrliche nicht. Den sollten wir ihm draufgeben. Ihre Majestät die Königinmutter wäre beglückt, nennt sie ihn doch ›Stecken und Stab meines Alters‹.«
    »Stecken und Stab, um ihren Sohn zu schlagen«, sagte der König mit spöttischem Lächeln. »Epernon«, fuhr er ernst und blitzenden Auges fort, »je mehr wir Guise nachgeben, desto mehr verlangt er. Es wird Zeit, die Segel zu setzen. Elisabeth hat recht: Wir werfen starke Truppen nach Rouen, um Dieppe abzuriegeln und Guise von seinem Hinterland abzuschneiden, wenn er mit seiner Armee auf Paris anrücken will. Herr Generaloberst der französischen Infanterie, den ich mit diesem Tag auch zum Gouverneur der Normandie ernenne, Ihr werdet die Truppen für Rouen befehligen.«
    »Sire«, sagte Epernon, indem er ins Knie fiel und sein schönes, hartes Gesicht neigte, »ich gehorche.«
    »Und gleichzeitig«, fuhr der König fort, »wird Monsieur Pomponne de Bellièvre nach Soissons entsandt, um dem Herzog von Guise nachdrücklich zu sagen, daß er nicht nach Paris zu kommen hat, wenn ich ihn nicht dazu einlade, daß sein Kommen bei dem jetzigen Stand der Dinge einen Aufruhr auslösen könnte, an welchem ich ihn auf immer schuldig erklären würde.«
    »Ich kann mir nicht denken«, sagte Chicot, »daß Pomponne Pompös so energisch mit dem Herzog sprechen wird, er, der sich schon, wenn er nur den Namen hört, in die Hosen

Weitere Kostenlose Bücher