Noch immer schwelt die Glut
knickerig und geldgierig, aber ein sehr gewandter Hofgeistlicher, der mit sanfter Stimme stets die Heilige Schrift im Munde führte, und Alphonso dem Korsen innig zugetan, welcher ihn um mindestens zwei Köpfe überragte, ein Riesenkerl von rauher Art und Stimme, ein Haudegen und großer Eisenfresser.
Gegen elf Uhr verlangte der Kardinal von Bourbon, vom König empfangen zu werden, und dieser gewährte die Audienz in der Hoffnung, durch ihn zu erfahren, ob der Herzog von Guise nun nach Paris kommen werde oder nicht. Es stellte sich aber schnell heraus, daß der große Esel gar nichts wußte und sich nur in seiner Eigenschaft als Prälat wichtig machen und über den Tod des Prinzen Condé triumphieren wollte, welchen der Papst gleichzeitig mit dem König von Navarra exkommuniziert hatte, weil auch er ein Ketzer war.
»Das hat er nun von seiner Exkommunikation, Sire!« sagte der Kardinal, indem er salbungsvoll die Hände breitete, als stünde er auf der Kanzel.
»Aber, mein Cousin«, sagte der König, den Ahnungslosen spielend, »Condé soll doch von einem Pagen vergiftet worden sein!«
|415| »Schon wahr, Sire«, sagte der große Esel, »aber wer hat dem Pagen die Tat eingegeben?«
»Es heißt, Condés Gemahlin«, sagte der König.
»So ist es, Sire, doch wer hat Condés Gemahlin zu dem Mord inspiriert?«
»Ihre Wollust, behauptet man«, sagte der König mit Unschuldsmiene.
»Mag sein«, sagte der Kardinal. »Doch gilt es, Sire, hinter den offenbaren Gründen den eigentlichen Grund zu erkennen.«
»Und der wäre?« fragte der König.
»Der Wille Gottes.«
»Wie, mein Cousin!« sagte der König, »Ihr meint, Gott hätte Madame de La Trémoille ihre Hurerei mit dem Pagen befohlen und dem Pagen den Mord an Condé?«
»Sire«, sagte der große Esel, »man muß die Dinge von höherer Warte sehen. Ich jedenfalls kann Condés Tod nur darauf zurückführen, daß die Exkommunikation ihn wie ein Blitzschlag gefällt hat.«
»Dieser Blitzschlag, mein Cousin«, sagte der König, indem er den Kardinal unterhakte und sacht zur Tür geleitete, »ist gewiß furchtbar, doch müssen nicht alle, die davon getroffen werden, notwendig sterben: Dann stürben viele!«
»Trotzdem«, sagte der Kardinal, den der König nun mit allem Anschein von Höflichkeit hinauskomplimentierte, »ist Condé daran gestorben.«
»Vermittels eines guten, frommen Giftes«, sagte der König und bot ihm lächelnd die Hand.
Der Kardinal kam nicht umhin, sie zu küssen und den gnädig gewährten Urlaub zu nehmen, da er doch mit aller Rücksicht zur Tür geführt und mit liebevollem Schulterklopfen verabschiedet wurde.
Der König, den diese Audienz vermutlich seinen düsteren Gedanken entrissen hatte, wollte sich soeben zu besagten Herren gesellen, welche über die kleine Komödie lächelten, die der König seinem »Dauphin« gespielt hatte, als er mich bemerkte und auf mich zutrat, während ich von der Truhe aufsprang, um kniefällig seine Hand zu küssen. In dem Augenblick ließ Chicot, der am Fenster stand und in den Hof des Louvre schaute, sich in seinem üblichen scherzenden Ton vernehmen.
»Wen sehe ich denn da, zu Fuß und von der Königinmutter |416| in ihrer Sänfte eskortiert? Wen denn wohl, in Natura und alles andere als natürlicher Kommensweise, wenn nicht den Herzog von Guise?«
Dem König fiel die Hand herab, die er mir bieten wollte, und er erblaßte.
»Chicot«, rief er zornig, »wenn du lügst, erschlage ich dich!«
»Henricus«, sagte Chicot ungerührt, »lieber ließe ich mich von dir erschlagen, als zu sehen, was ich sehe! Es ist wahr und wahrhaftig der Herrliche!«
Alle Anwesenden gerieten in Erregung und stürzten zum Fenster, sich zu vergewissern, ob der Schalksnarr die Wahrheit sagte.
»Sire, er ist es!« sagte Alphonso d’Ornano mit heiserer Stimme und griff nach seinem Dolch, »und nur von fünf oder sechs Edelleuten begleitet.«
Der König wankte, stützte sich mit einer Hand auf einen kleinen Tisch, dann ließ er sich auf die Truhe nieder, auf der ich gesessen hatte, und grub sein Gesicht in beide Hände. Du Halde behauptete nachher, er habe ihn leise sagen hören: »Das ist sein Tod«, doch weiß ich nicht, ob er sich dies nur einbildete, denn ich stand in nächster Nähe Seiner Majestät und hörte nichts dergleichen und kann nur bezeugen, daß seine Züge große Wut ausdrückten, als er die Hände vom bleichen Antlitz nahm.
»Sire«, sagte Alphonso d’Ornano mit seiner lauten, rostigen Stimme, »man wagt es,
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