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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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herrschten im Saal Schweigen und Reglosigkeit, während die Königin leise zu Guise sprach und der König, zornbebend am ganzen Leib, mit dem Zeigefinger an die Fensterscheibe trommelte.
    Die Königinmutter starrte aus ihren großen, vorquellenden Augen wortlos auf ihren Sohn, den Mund von der Gicht schmerzlich verzerrt (sie hatte ihr Bett nur verlassen, um Guise in den Louvre zu begleiten, aus Furcht, daß er ohne ihren erlauchten Beistand sofort erschlagen würde). Und nun wußte sie nicht weiter, da Seine Majestät die Maske fallen und seinem Zorn freie Bahn ließ gegen den Herzog und gegen Bellièvre, und augenscheinlich auch gegen sie selbst, da er sie weder angesehen noch gegrüßt hatte, als sie seine Gemächer betrat.
    Es war, als zaudere sie, ob sie nicht zu ihm in die Fensterleibung treten sollte, brachte aber allein wohl nicht die Kraft dazu auf, denn das Gehen fiel ihr schwer, bei ihrem Eintritt hatte sie |421| den linken Arm bei der Herzogin von Uzès eingehakt und den rechten bei Guise, dem »Stecken und Stab ihres Alters«, wie sie ihn nannte. Doch schien sie insgesamt in keiner guten Verfassung zu sein, ihr von jeher sehr rundes Gesicht war geradezu aufgequollen und leichenfahl, und die Unterlippe hing ihr derart herab, daß sie Mühe hatte, sie dann und wann an die Oberlippe zu schließen, so daß es aussah, als schnappe sie fortwährend nach Luft wie ein Karpfen.
    »Bellièvre«, sagte die Königinmutter und winkelte ihren Arm, um den seinen einzufordern.
    Doch als Bellièvre katzbuckelnd herzueilte, fiel ihr ein, daß sie sich in seiner Gesellschaft besser nicht dem König näherte.
    »Nein, nicht Bellièvre!« sagte sie. »Du Halde!«
    Worauf Du Halde gehorchte, aber weniger pflichteifrig als Bellièvre, denn er liebte Katharina nicht eben, zu oft hatte sie, eifersüchtig auf seinen Einfluß, ihn beim König schlechtzumachen versucht, um ihn zu verjagen.
    »Mein Sohn«, sagte sie unter Tränen, die sie auf Befehl stets parat hatte, »wollt Ihr mich nicht anhören?«
    »Madame«, sagte der König, ohne sich umzuwenden, »meine Ohren sind es leid.«
    »Ach, mein Sohn!« sagte die Königinmutter und weinte vernehmlicher, »was wird man über mich reden, wenn man sieht, daß ich, die Gott zu Eurer Mutter erkor, am Ende von Euch verschmäht werde?«
    »Madame«, sagte der König, ohne sie auch jetzt anzusehen, »ich verschmähe Euch durchaus nicht. Mir scheint sogar, daß ich Euch anhöre, ob ich will oder nicht.«
    »Nun denn, mein Sohn«, sagte die Königinmutter, »daß ich es Euch nur offenbare: Der Herzog von Guise ist nicht hier, um Euch zu trotzen, er ist es auf meine Bitte, um sich gegen die Verleumdungen zu rechtfertigen, die Eure Hugenotten über seine Unternehmungen in Umlauf bringen.«
    »Auf Eure Bitte, Madame?« sagte der König. »Er ist auf Eure Bitte hier? Das ist doch wieder einer Eurer üblen Streiche!«
    »Aber«, sagte die Königinmutter, »er ist hier, um Reue zu üben und einen Weg zu suchen, sich mit Euch zu einigen und Euch die picardischen Städte wiederzugeben.«
    »Madame!« sagte der König mit gedämpfter, wütender |422| Stimme, »Ihr seid doch eine Ränkeschmiedin! Ihr bringt alles durcheinander, mischt Euch in alles ein! Mir meine picardischen Städte wiedergeben! Darum handelt es sich wohl gerade!«
    »Aber ich werde mich Tag und Nacht darum bemühen«, sagte Katharina, »und sollte ich dabei das wenige Leben lassen, das mir bleibt.«
    Bei diesen ihren Worten wandte der König den Kopf, sah sie an, und angesichts der Veränderung, die er an ihr entdeckte, wurde er von Mitleid ergriffen.
    »Madame, es geht Euch nicht gut«, sagte er in sanfterem Ton. »Kehrt zurück in Euer Bett. Ihr hättet nicht aufstehen sollen.«
    »Mein Sohn«, sagte sie leise und warf, da er sich besänftigte, das Gros ihrer Bataillone in die Bresche, »ich gehe nur, wenn Ihr mir bei meinem Leben versprecht, daß Ihr nichts gegen den Herzog unternehmt.«
    »Madame«, sagte der König mit offenbarem Überdruß, »ich tue, was Ihr wollt, aber ich bitte Euch, legt Euch wieder zu Bett.«
    Unter dem durchdringenden Blick ihres Sohnes setzte die Königinmutter jedoch ihre törichten Versöhnungsreden fort, die in etwa soviel Sinn hatten, wie wenn sie behauptet hätte, der Fuchs breche in den Hühnerstall ein, um mit den Hühnern zu verhandeln. An der Miene, mit welcher der König sie anhörte, sah man deutlich, daß Heinrich, der seine Mutter früher sehr geliebt hatte, der ihr aber entschieden grollte,

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