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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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von Uzès, die ihn zu flankieren schienen wie drei Fregatten ein Hauptschiff, der kann sich nicht vorstellen, welch eine Wirkung von Macht und Unbesieglichkeit von ihm ausging, so als wäre der Wind, der ihn Frankreichs Thron entgegentrug, auch derjenige, der zur selben Zeit – an diesem 9. Mai 1588 – zu Lissabon die Segel der Armada blähte, als sie gen England in See stach.
    Sowie er den König erblickte, machte der Herzog ihm eine tiefe Reverenz, die Heinrich durch ein Kopfneigen erwiderte, doch ohne ihm die Hand zu reichen, mit eisigem Gesicht und frostigem Blick.
    »Was soll das?« sprach er durch die Zähne, »hatte ich Euch nicht verboten herzukommen?«
    »Ha, Sire!« sagte Guise so scheinheilig er konnte, »wenn es sich um ein ausdrückliches Verbot handelte, muß ich mich verwünschen, es übertreten zu haben.«
    »Wie ist es, Bellièvre!« sagte der König, indem er sich Pomponne |419| Pompös zuwandte, »habt Ihr Herrn von Guise meine Worte übermittelt? Habt Ihr meinen Brief übergeben?«
    Worauf Bellièvre dem König eine Reverenz machte, die sich ebensowohl an Guise richten konnte, aber keinen Ton hervorbrachte, ja, er wagte nicht einmal näher zu treten, so durcheinander war seine Seele und so auf die Folter gespannt, wollte er doch weder den König vor den Kopf stoßen noch die Königinmutter, die ihm für den Herzog eine gegenteilige Botschaft aufgetragen hatte, noch auch den Herzog, in dem er seinen künftigen Herrscher erblickte, sofern er diese Gemächer lebend verlassen würde, woran er zu zweifeln begann und in welchem Fall er umsonst Verrat begangen hätte.
    »Nun, Bellièvre?« sagte der König, dessen eisige Blicke die wirren Gedanken seines Gesandten einen nach dem anderen zu durchdringen schienen, »habt Ihr Herrn von Guise meine Botschaft ausgerichtet oder nicht?«
    »Selbstverständlich, Sire«, sagte Bellièvre, und sein flackernder Blick, der sich respektvoll auf den König richtete, irrte gleichsam seinem ehrgeizigen Wort hinterher, das zwei gegensätzliche Fragen beantwortete und somit keine.
    »Sire«, sagte nun Guise, auf seine eigene Sicherheit bedacht und unbekümmert, Pomponne in seiner Lage beizustehen, »ich habe Monsieur de Bellièvre allerdings in Soissons empfangen. Aber hätte ich seinen Reden entnommen, daß Ihr mir ausdrücklich befehlt …«
    »Hat er Euch meinen Brief nicht übergeben?« fiel ihm der König schroff ins Wort. »Habt Ihr ihn nicht gelesen? Ließ ich Euch die Botschaft durch Monsieur de La Guiche nicht noch bestätigen? Wie viele Gesandte muß ich Euch schicken, damit Ihr gehorcht?«
    »Sire«, sagte Guise, indem er unsichere Blicke um sich warf, denn soeben war der Feldmeister Crillon eingetreten und hatte, anstatt seinen Hut vor ihm zu ziehen, ihn sich wütend in die Stirn gedrückt, sich zu d’Ornano gesellt, der vor der Tür stand, und redete nun leise auf diesen ein, wobei er, ebenso wie der Korse, zornige Blicke nach ihm warf und beide nach ihren Dolchen griffen.
    »Sire«, sagte Guise, »Monsieur de La Guiche hat nicht dieselbe Autorität wie Monsieur de Bellièvre, und so glaubte ich denn Monsieur de Bellièvre.«
    |420| »Welcher Bellièvre stumm bleibt wie ein Karpfen«, rief der König, und seine schwarzen Augen wurden noch schwärzer vor Zorn.
    »Sire«, sagte Bellièvre, mit zitterndem Bauch und Doppelkinn, »es kann sich nur um ein Mißverständnis handeln. Der Herr Herzog von Guise wird meine Worte anders verstanden haben, als er hätte müssen.«
    »Genug, Bellièvre!« schrie plötzlich der König voller Wut, kehrte Guise den Rücken und stellte sich in die Fensterleibung.
    Und sei es, daß die Beine des Herzogs von Guise dem großen Körper in diesem Augenblick den Dienst versagten, sei es, daß er sich vor einem Dolchstoß in den Rücken schützen wollte, jedenfalls ging er und setzte sich auf die große Truhe, von welcher der König aufgestanden war, und schaute aus seinen blauen Augen hilfeheischend auf die Königin seine Cousine, die dem stummen Anruf folgte, sich zu seiner Rechten niederließ und liebevoll seine Hand ergriff, während die Herzogin von Uzès auf einen Wink der Königinmutter den linken Platz neben ihm auf der Truhe einnahm, dergestalt daß die beiden Damen dem König Festnahme und Hinrichtung des Herzogs unmöglich machten.
    »Donnerschock!« murmelte d’Ornano – und man weiß, wie weit sein Murmeln trug –, »schöne Sache, sich hinter Weiberröcken zu verschanzen!«
    Nach dieser sehr vernehmlichen Bemerkung

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