Noch immer schwelt die Glut
bedrohlich die Pfeifen gellten, und mit hämmernden Stiefeln in Viererreihen unaufhaltsam durch die Rue de la Ferronnerie marschierten, zum Kirchhof Saints-Innocents vermutlich, das Kurzschwert zur Seite und die Arkebusen geschultert, mit gezündeten Lunten, wie ich voll Unbehagen sah, denn das hieß, sie waren geladen und zum Schießen fertig, was auch Alizon nicht entging.
»Ha, Schufte die!« rief sie und ballte die Fäuste, »sie wollen uns Blei in den Leib jagen, eine Bartholomäusnacht für die Katholiken veranstalten! Hätt ich nur Teer oder Pflastersteine hier, die sollten was erleben!«
In der eingetretenen Stille, nachdem Pfeifer und Trommler durchgezogen waren, und während die Leute noch blaß und stumm aus den Fenstern starrten, wurden Alizons Worte von einem Schweizer Offizier aufgeschnappt, der den Kopf hob und der Maulaffen spottete.
»He, Bürger, zieht frisches Bettzeug auf!« rief er. »Wir wollen heut abend mit euren Weibern schlafen!«
Das böse Wort verbreitete sich in Paris wie ein Lauffeuer und erregte überall ein Zornesmurren, das uns noch von jedermanns Lippen entgegenschlug, als die Truppe sich längst in das Gemäuer des Kirchhofs verzogen hatte, denn als die Straße wieder unser war, machten wir uns zu viert auf den Weg, Baragran schob Alizons Schatzkiste auf einer Schubkarre, Miroul und ich folgten ihm, bis an die Zähne bewaffnet, was niemanden erstaunte, weil es zu dieser Stunde keiner guten Mutter |431| Sohn auf der Straße gab, der nicht Pistole oder Arkebuse, Pike oder Spieß oder Fleischermesser bei sich führte, und das mit glühenden Augen, aufrührerischen Reden, drohendem Gebaren.
Der Nuntius wohnte im Viertel Saint-Antoine, und durch welche Straße wir auch kamen, überall sahen wir die gleiche bewaffnete Menge aus Schenken und Häusern treten, außer sich vor Empörung, daß der König es gewagt hatte, das Stadtprivileg zu brechen. Alle schimpften, wüteten und gaben sich fest entschlossen, dieser sein Gut, jener sein Weib vor dem Appetit der Soldaten zu schützen.
Um Alizons Gold in Sicherheit zu bringen, mußten wir vor dem Wohnsitz des Nuntius Schlange stehen und zwei geschlagene Stunden warten, so viele Händler und Bürger waren in derselben Absicht dahingeströmt. Der Nuntius aber, wenn auch Papist und Kardinal, gefiel mir wohl, das muß ich sagen, er hatte ein gutes und ehrenhaftes Gesicht und scherzte freundlich, daß es ein Jammer sei, soviel Gold nur zu verwahren und nicht als Spende zu erhalten, könnte man damit doch den Türken schlagen und die heiligen Orte der Christenheit retten.
Als wir gegen Mittag heimkehren wollten, fanden wir unseren Weg durch Barrikaden versperrt, die hier und da binnen zwei Stunden wie Pilze aus dem Mist gesprossen waren, mit Sand und Steinen gefüllte Fässer, dazwischen gehäufte Pflastersteine und eine Öffnung, gerade nur so groß, daß ein Pferd oder ein Fußgänger hindurch konnten, welche nach dem Durchlaß wieder durch eine Schubkarre wie unsere verschlossen wurde, die sich im Unterschied zu den Fässern bewegen ließ.
Zwei dieser Barrikaden konnten wir ohne weiteres passieren. An der dritten indes, die wie die vorigen von Arkebusen, Hellebarden und Piken starrte, aber in mehr militärischer Ordnung, sagte ein großer Fettsack, der sich mächtig aufspielte, sehr von oben herab, er sei der Sergeant Fessard und habe uns mitzuteilen, daß wir uns eine Marke beim Herrn La Chapelle-Marteau holen müßten, ohne eine solche kämen wir nicht durch, sondern würden wir als Verdächtige und »Politiker« festgenommen werden und unsere Schubkarre als Pforte für eine Barrikade von der Liga beschlagnahmt.
Auf dem Weg zurück – was half es? – erkundigten wir uns nach diesem La Chapelle-Marteau, der mir aus Moscas Berichten |432| als einer der entschiedensten und einflußreichsten Ligisten bekannt war, seinem Stande nach Rat am Rechnungshof. Jemand sagte uns, daß er in einer Taverne amtiere, die er kraft seiner Autorität hatte öffnen lassen, denn beim Einmarsch der Schweizer hatten alle Händler und Schankwirte aus Angst vor den Soldaten und vor dem Volksaufruhr geschlossen, und so fanden wir ihn denn. Was mich anging, so hatte ich Mühe, Alizon zu beruhigen, die wie eine wütende Katze fauchte, weil sie nicht zurückkonnte zu Haus und Werkstatt, welche sie in der Hast nicht abgesperrt hatte und die jetzt nur von den schwachen Armen Florines, einer Putzmacherin, einer Haubenmacherin und einem Laufjungen geschützt waren.
Es
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