Noch immer schwelt die Glut
gelang mir wenigstens soweit, daß sie sich in gesitteten Formen an La Chapelle-Marteau wandte, einen großen quittegelben Gierhals mit Hakennase, der sich unendlich wichtig und entschlossen gab, fast schon wie ein Minister des künftigen Königs, und der, nachdem er Alizon und mich von erhabener Warte scharf in Augenschein genommen hatte, angesichts der Marienmedaille auf meinem Wams und dem Rosenkranz an meiner Hand einlenkte und, seine Lippen zu einem Schlitz wie ein Opferstock für Arme öffnend, kundtat, daß er uns die Marke zubillige, doch müßten wir zwei Ecus für den Kriegsschatz der Liga entrichten. Meine Alizon wollte schon ihre Krallen ausfahren, ich aber drückte verstohlen ihr Handgelenk und sagte ganz ergeben, dieser Spende stimmte ich gerne zu, glücklich, damit dem Ruhm und der Verteidigung der katholischen Kirche zu dienen, welche durch die Schuld der Hugenotten, der Politiker und des Königs nahezu am Boden liege. Diese Sprache gefiel La Chapelle-Marteau, führte er doch tagtäglich dieselbe im Mund. Da er aber ein noch größerer Geizkragen als Eiferer war, bemerkte er, während ich die Hand in meinen Beutel tauchte, wenn die beiden Männer (Miroul und Baragran), die uns folgten, unsere Diener seien, koste es einen Ecu mehr. Worauf die Augen meiner kleinen Feuerfliege Funken sprühten und ich ihr rasch auf den Fuß trat, damit sie den Mund wenigstens solange hielt, bis La Chapelle-Marteau mir die Marke ausgestellt hatte, auf den Namen Baragran Etienne, wie ich bat, Putzmachermeister aus Boulogne.
Meine kleine Feuerfliege war zu aufgebracht, sie klagte um meine Taler, als wären es ihre eigenen gewesen. Baragran |433| schwieg, weil er nichts zu sagen wußte. Und ich beobachtete besorgt, daß an allen Fenstern sich Leute drängten, Arkebusen neben sich und vor sich auf den Fensterborden Haufen von Steinen, so daß zu erwarten stand, man werde die Soldaten, denen die waffenstarrenden Barrikaden den Durchgang verwehrten, auch noch von den Häusern aus unter Feuer nehmen. Mein Miroul war der einzige von uns, der auf dem ganzen Weg, von einer Barrikade zur nächsten, den Mund auftat und höhnte, es sei kein Wunder, daß einer wie La Chapelle-Marteau Rat am Rechnungshof war, da er sich so gut auf seine eigene Rechnung verstand.
Kaum im Hause, wollte ich wieder fort, mich umzuhorchen, doch Alizon ließ nicht mit sich reden, zuerst mußte mein Hunger gestillt werden und ihrer, denn war sie auch gertenschlank, hielt sie doch ebenso wacker Tafel, wie sie munter im Bette war, weshalb sie vielleicht, da eins das andere aufzehrte, nie Speck ansetzte.
Nach dem Mahl, als Putzmacherin, Haubenmacherin und Laufjunge heimgeschickt, die Haustür verriegelt und mit den Läden zugesperrt waren, schickte sie Miroul und Baragran in Hof und Garten, Steine zu sammeln, um sie wie jedermann auf den Fensterbänken zu häufen, damit man die Schweizer steinigen könne, sollten sie versuchen, unsere Haustür aufzubrechen. Als Haus und Werkstatt zur Festung verwandelt waren, so wie alle in der Straße, und sie keine andere Beschäftigung hatte, weil die Arbeiterinnen fort waren, wollte sie noch mehr in ihren Ängsten getröstet werden, wofür sie ein unfehlbares Mittel kannte. Nun aber ließ ich nicht mit mir reden, wohl wissend, daß ich, einmal in ihren Armen erschöpft, nicht mehr ausgehen, sondern nur noch schlummern und wieder essen würde. Und mochte sie auch schluchzen im Gedanken an die Gefahren, denen ich mich aussetzte, eilte ich mich doch fortzukommen, zumal bei Alizon Tränen und Wut leicht in eins gehen konnten.
Zuerst zog ich mit Miroul zum Kirchhof Saints-Innocents, wobei wir glatt durch die Barrikaden gelangten, denn dank der Marke von La Chapelle-Marteau und da ich gut bewaffnet war, hielten mich die Bewacher für einen Vertreter der Liga. Und ich fand, daß der ummauerte Kirchhofsplatz in einem Maße von bewehrten Gassen umschlossen war, daß die Schweizer |434| nicht herausgekommen wären, ohne eine Art von Schlacht zu liefern, an die sie nicht gewöhnt waren, denn eingeklemmt zwischen den Barrikaden, wären sie Angriffen von allen Seiten, von Fenstern und Hausdächern, ausgeliefert gewesen. Außerdem waren sie völlig verunsichert durch den Befehl, nicht auf das Volk zu schießen, welches sich nach den ersten Schrecken durch die Untätigkeit der Garden, die ihnen so wenig Schimpf antaten wie Standbilder, ermutigt fühlte, sie zu verachten. Ja, sogar den Lebensmittelzug hielten die Leute an, den der Louvre
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